Katholische Pfarrkirche in Gaza-Stadt  | ARD-Studio Tel Aviv/ Jan-Christoph Kitzler

Weihnachten im Nahen Osten So feiern die Christen im Gazastreifen

Stand: 24.12.2022 11:53 Uhr

Auch die Christen im Gazastreifen feiern Weihnachten: Viele kommen zu der kleinen Pfarrkirche mitten in Gaza-Stadt - denn nur wenige bekommen die Erlaubnis, zum Fest nach Betlehem zu reisen.

Von Jan-Christoph Kitzler, ARD-Studio Tel Aviv, zzt. Gaza-Stadt

Draußen ist es schon dunkel. Der Höhepunkt steht bevor: Der etwa vier Meter hohe Christbaum wird erleuchtet, mitten in Gaza-Stadt, vor der einzigen katholischen Pfarrkirche.

Jan-Christoph Kitzler ARD-Studio Tel Aviv

2,1 Millionen Menschen wohnen im Gazastreifen. Doch nur etwas mehr als 1000 von ihnen sind Christen - Katholiken gibt es sogar nur 136. Und trotzdem - oder gerade deshalb - ist der lateinische Patriarch von Jerusalem, Pierbattista Pizzaballa, noch vor Weihnachten gekommen, um der kleinen Gemeinde im Gazastreifen Mut zu machen:

Die Botschaft ist immer die gleiche: niemals aufgeben. Nie glauben, dass es keine Hoffnung gibt. Das ist, wie wir unsere Art der Gemeinschaft ausdrücken. Wir brauchen das. Unser christlicher Glaube, unsere christliche Identität sind sehr stark. Und wir brauchen auch etwas Stolz. Wir sind wenige, nur etwa 1000 unter zwei Millionen Menschen. Aber wir sind da.
Gabriel Romanelli | ARD-Studio Tel Aviv/ Jan-Christoph Kitzler

Der lateinische Patriarch von Jerusalem, Pizzaballa, ist noch vor Weihnachten gekommen, um der kleinen Gemeinde Mut zu machen. Bild: ARD-Studio Tel Aviv/ Jan-Christoph Kitzler

Christen unter sich - keine gemischten Ehen

Die Menschen im Gazastreifen, nicht nur die Christen, leben im Ausnahmezustand - spätestens seit das Gebiet von Israel und Ägypten abgeriegelt ist. 15 Jahre ist das schon ein Dauerzustand. Und gerade für die kleine christliche Gemeinde hier ist das ein Problem. Zum Beispiel, wenn es darum geht, eine Familie zu gründen und außerhalb der eigenen Familie zu heiraten.

Die Auswahl innerhalb des Gazastreifens ist klein - viele suchen ihre Ehepartner drüben bei den Christen im Westjordanland, sagt Gabriel Romanelli, der katholische Gemeindepfarrer: "Jeder hier im Gazastreifen, ob Moslem oder Christ, führt dieses Leben unter den Bomben, ohne Freiheit, seit vielen Jahren eingesperrt." Das sei die Wirklichkeit. Es gebe keine gemischten Ehen. "Wenn Christen also heiraten wollen, dann bekommen sie entweder eine Reiseerlaubnis, um zu heiraten und zurückzukommen - oder sie fliehen von hier, gehen weg", sagt er. "Und dann endet unsere 2000-jährige Präsenz hier. Hoffen wir, dass das nie passiert."

Hoffen auf eine Ausreisegenehmigung

Gerade an Weihnachten hoffen viele Christen auf so eine Ausreisegenehmigung. Dann fahren Sie nach Bethlehem zum Ort der Geburt Jesu und besuchen Freunde und Verwandte. Ein paar hundert Genehmigungen hat Israel im vergangenen Jahr erteilt, aber niemand kann sich sicher sein. Deshalb haben viele Angst, über dieses Thema zu sprechen.

Und Pfarrer Romanelli meint: "Niemals sagt das ein Priester, niemals hätte ich gedacht, dass ich das sage. Aber mein Traum ist, Weihnachten in Gaza alleine zu feiern. Denn das würde heißen, dass alle die Möglichkeit bekommen haben, auszureisen und zurückzukommen, wie letztes Jahr."

Kirche als Ort der Begegnung

Auch Marlene Hayyet ist in Sorge. Ihre beiden Kinder sind nach Belgien und Zypern ausgewandert. Und doch schöpft sie aus der Weihnachtszeit Kraft - wie ihr geht es vielen der Christen im Gazastreifen: "Wir gehen in die Kirche, treffen uns und feiern zusammen. Wir sind zusammen und fühlen uns verbunden. Früher gab es das noch häufiger, jetzt ist das weniger geworden. Die Pfarrkirche ist für uns ein Ort der Begegnung."

Vor der kleinen Pfarrkirche mitten in Gaza-Stadt - am Christbaum - ist die Stimmung gut. Alle haben sich fein angezogen, Schokolade wird verteilt. Alle wollen ein Selfie mit dem lateinischen Patriarchen.

Pfarrer Romanelli sagt im Vorbeigehen noch so einen Satz, der die Situation beschreibt - gerade an Weihnachten: "Das Leben im Gazastreifen sei schwierig, sagt er, aber nicht unmöglich."

Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 24. Dezember 2022 um 20:00 Uhr.