
Erdbeben in Türkei und Syrien Retter suchen weiter nach Überlebenden
Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt mussten viele Menschen im türkisch-syrischen Grenzgebiet die Nacht im Freien verbringen. Rettungskräfte setzten die Suche nach Überlebenden fort. In der Türkei konnten 7840 Verschüttete gerettet werden.
Nach der Erdbebenkatastrophe im türkisch-syrischen Grenzgebiet haben Angehörige und Rettungskräfte bis spät in die Nacht nach Verschütteten gesucht. Im Katastrophengebiet herrschen Temperaturen um den Gefrierpunkt. Viele Menschen können nicht in ihre Häuser zurück, weil diese eingestürzt sind oder eine Rückkehr angesichts der zahlreichen Nachbeben zu gefährlich wäre.
Das Gesundheitsministerium habe 4200 Helfer in das Katastrophengebiet entsandt, teilte der türkische Gesundheitsminister Fahrettin Koca auf Twitter mit. Diese Zahl steige weiter. Zudem sind nach Kocas Angaben 813 Rettungswagen sowie 227 UMKE-Teams - eine dem Gesundheitsministerium angegliederte Katastrophenhilfe - im Einsatz. Auch diese Zahl steige an.
Verletzte und kranke Erdbebenopfer würden zunächst in Zelten medizinisch versorgt und anschließend in Krankenhäuser verlegt, so Koca in einem weiteren Tweet.
Fast 5000 Tote gemeldet
Die Zahl der Todesopfer stieg inzwischen auf mehr als 4900 an. Die türkische Katastrophenschutzbehörde Afad erklärte, dass es 3381 Tote gebe. 20.426 Menschen seien verletzt worden, 5.775 Gebäude seien zerstört und 285 Nachbeben registriert worden, sagt ein Sprecher. Vizepräsident Fuat Oktay teilte am späten Montagabend mit, dass bereits 7840 Verschüttete gerettet worden seien.
In Syrien kamen nach Angaben des Gesundheitsministeriums sowie der Rettungsorganisation Weißhelme mindestens 1561 Menschen ums Leben. Mehr als 3500 Menschen wurden in dem Bürgerkriegsland demnach verletzt. Laut der Weißhelme sind bislang mehr als 210 Gebäude vollständig eingestürzt und 441 teilweise zerstört worden.
Das Hauptbeben am Montagmorgen hatte nach Afad-Angaben eine Stärke von 7,7, das Epizentrum lag im südtürkischen Kahramanmaras. Mittags erschütterte ein Beben der Stärke 7,5 dieselbe Region, wie die Erdbebenwarte Kandilli meldete. Die türkische Katastrophenschutzbehörde verzeichnete bis heute morgen mehr als 240 Nachbeben und warnte vor weiteren.
Überfüllte Kliniken
Auf der syrischen Seite der Grenze erschütterte das Beben von der Opposition kontrollierte Regionen, in denen rund vier Millionen Menschen leben, die wegen des Bürgerkriegs aus anderen Teilen des Landes vertrieben wurden.
Die ohnehin überlasteten Gesundheitseinrichtungen und Krankenhäuser waren nach Angaben der Rettungskräfte schnell überfüllt. Andere mussten geräumt werden, darunter eine Entbindungsklinik, wie die medizinische Organisation SAMS mitteilte.
Ramin Sina, ARD Kairo, zu den schwierigen Bedingungen für die Helfer in der Erdbebenregion in Syrien
Seit 900 Jahren kein vergleichbares Beben in der Region
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sprach vom schwersten Beben seit 1939 und verkündete eine einwöchige Staatstrauer. In dem betroffenen Bereich habe es seit etwa 900 Jahren kein so großes Beben mehr gegeben, sagte die Geologin Charlotte Krawczyk vom Geoforschungszentrum Potsdam im ARD-Brennpunkt. Ob und wann weitere große Beben folgen, könne nicht vorhergesagt werden.
Griechenland schickte trotz der Spannungen mit der Türkei am Montag eine Rettungsmannschaft mit Spürhunden in das Erdbebengebiet. Das Technische Hilfswerk (THW) bereite die Lieferung von Notstromaggregaten, Zelten und Decken vor, kündigte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Montag an. Auch Notunterkünfte und Anlagen zur Wasseraufbereitung könnten bereitgestellt werden.
Mehrere Staaten wollen helfen
EU-Staaten wollen sich untereinander abstimmen. Hilfszusagen kamen unter anderem auch aus Großbritannien, Indien, Pakistan, Finnland, Schweden, Russland, der von Russland angegriffenen Ukraine sowie den USA.
US-Präsident Joe Biden sicherte Erdogan persönlich Unterstützung zu. Die beiden hätten am Montag telefoniert, teilte das Weiße Haus mit. In dem Gespräch habe Biden versichert, dass die USA dem NATO-Verbündeten Türkei "jede erforderliche Unterstützung" zur Bewältigung der Tragödie zukommen ließen. Rettungsteams aus den USA würden schnell in die Türkei entsandt, um die Rettungs- und Bergungsarbeiten in dem Erdbebengebiet zu unterstützen und den Menschen vor Ort zu helfen.