
Erdbeben in Syrien und der Türkei Zahl der Toten auf mehr als 40.000 gestiegen
Gut eine Woche nach der Erdbeben-Katastrophe im türkisch-syrischen Grenzgebiet muss die Zahl der Opfer weiter nach oben korrigiert werden. Die Überlebenden sind dringend auf Hilfe angewiesen. Für Syrien fordern die UN 400 Millionen US-Dollar an Hilfen.
Gut eine Woche nach der Erdbeben-Katastrophe im türkisch-syrischen Grenzgebiet ist die Zahl der Toten auf mehr als 40.000 gestiegen. Alleine in der Türkei liege die Zahl bei 35.418, sagte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge. Noch mehr als 13.000 Verletzte würden in Krankenhäusern behandelt, etwa 1,6 Millionen Menschen lebten in Notunterkünften, 600.000 Menschen seien evakuiert worden oder hätten selbstständig die Region verlassen. Aus Syrien wurden zuletzt 5900 Tote gemeldet.
Vor gut einer Woche, am frühen Montagmorgen, hatte das erste Beben der Stärke 7,7 die Region erschüttert, Stunden später folgte ein zweites schweres Beben der Stärke 7,6. Die Katastrophenschutzbehörde Afad registrierte bislang mehr als 2400 Nachbeben.
Es werden noch Tausende weitere Opfer befürchtet. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen könnte die Zahl noch auf 50.000 oder mehr steigen. WHO-Regionaldirektor Hans Kluge bezeichnete das Beben als schlimmste Naturkatastrophe in der Region seit einem Jahrhundert. Rund 26 Millionen Menschen in der Türkei und Syrien bräuchten humanitäre Unterstützung, sagte er auf einer Online-Pressekonferenz. Der Bedarf an Hilfe sei riesig und wachse mit jeder Stunde.
NGOs fordern Hilfe vor allem für Syrien
Vor allem im Bürgerkriegsland Syrien kommt internationale Hilfe nur langsam an, was nicht zuletzt an der politischen Situation liegt. Was bisher geleistet wurde, reiche angesichts der Zerstörung nicht mal ansatzweise aus, erklärten 35 internationale und syrische Organisationen, darunter Save the Children, die Welthungerhilfe und Oxfam.
Die Vereinten Nationen baten um mehr finanzielle Unterstützung: Knapp 400 Millionen Dollar (372 Millionen Euro) seien nötig, um dazu beizutragen, "die dringend benötigte lebensrettende Hilfe für fast fünf Millionen Syrer zu sichern - einschließlich Unterkunft, Gesundheitsversorgung, Nahrung und Schutz", sagte UN-Generalsekretär António Guterres.
Weitere UN-Hilfskonvois in Syrien eingetroffen
Gleichzeitig bestätigte Guterres, dass die von der syrischen Regierung am Montag autorisierten Grenzübergänge Bab Al-Salam und Al Ra'ee geöffnet worden seien. Ein UN-Konvoi bestehend aus elf Lastwagen sei auch bereits über Bab al-Salam aus der Türkei nach Syrien gefahren, bestätigte das UN-Nothilfebüro.
Am Montag hatte Präsident Baschar al-Assad zwei weitere Grenzübergänge in die Türkei für Lieferungen freigegeben. Bab Al-Salam und Al Ra'ee sollten für drei Monate geöffnet bleiben. Bislang war nur die Öffnung des Übergangs Bab Al-Hawa von Damaskus autorisiert worden. Die Grenzübergänge liegen in Gebieten unter Kontrolle von Rebellen.
In der von oppositionellen Milizen kontrollierten Region im Nordwesten Syriens traf am Morgen auch eine erste UN-Delegation ein. Es handele sich primär um eine Bewertungsmission, die die Bedürfnisse in der hart getroffenen Region evaluieren soll, sagte der Direktor des Welternährungsprogramms für Syrien, Kenn Crossley.
Hilfe aus Saudi-Arabien
Trotz langer diplomatischer Eiszeit zu Syriens Führung hat nun auch Saudi-Arabien Hilfsgüter für die Erdbebenopfer in die von der Regierung kontrollierten syrischen Gebiete geschickt. Ein Flugzeug beladen mit 35 Tonnen Lebensmitteln, Medikamenten und Zelten sei heute gelandet, meldete Syriens Staatsagentur Sana. Weitere sollen in den kommenden Tagen folgen.
Neben Saudi-Arabien will offenbar auch ein weiterer Golfstaat den Erdbebenopfern helfen: Katar spendet Unterkünfte der Fußballweltmeisterschaft vom vergangenen Jahr für Überlebende der Erdbeben - bislang allerdings nur der Türkei. Die Behörden des Golfstaates teilten mit, rund 10.000 mobile Unterkünfte würden zur Verfügung gestellt. 350 davon wurden nach Angaben des Katarischen Entwicklungsfonds bereits am Sonntag verschifft.
Deutschland stellte laut Innenministerium Syrien bisher insgesamt Hilfsleistungen im Wert von gut 1,5 Millionen Euro zur Verfügung. Für die Türkei belaufe sich der Gesamtwert auf 6,9 Millionen Euro.
Nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums wurden bislang 292 Tonnen Hilfsgüter in die Türkei geflogen. 17 Flüge seien von Deutschland aus aufgebrochen, weitere seien in Planung. "Die Bundeswehr wird die humanitäre Hilfe für das Erdbebengebiet solange unterstützen, wie Transportbedarf staatlicher Stellen besteht", hieß es aus dem Ministerium.
Schäden in Milliardenhöhe
Die gesamten Schäden des Erdbebens liegen laut Fachleuten im zweistelligen Milliardenbereich. Auf Naturkatastrophen spezialisierte Experten veranschlagen sie auf insgesamt mehr als 20 Milliarden Dollar. Nur ein Bruchteil davon - gut eine Milliarde Dollar - sei aber versichert, hieß es in einer ersten Schätzung der US-Firma Verisk Analytics. Verisk arbeitet mit Risikomodellen, die vor allem Versicherern bei der raschen Kalkulation der Schäden helfen.