Annalena Baerbock und Mohammed bin Abdulrahman al-Thani

Bundesaußenministerin in Doha "Katar hat seine Stimme deutlich erhoben"

Stand: 17.05.2023 15:00 Uhr

Außenministerin Baerbock hat ihren Besuch in der Golfregion in Katar fortgesetzt. Beim Treffen mit der Staatsspitze lobte sie deren Haltung im Krieg gegen die Ukraine. Trotz mancher Differenz streben Deutschland und Katar engere Bande an.

Katars Staatsoberhaupt Emir Tamim bin Hamad Al Thani hat Bundesaußenministerin Annalena Baerbock in Doha empfangen. Nach dem anschließenden Gespräch mit dem Premierminister und Außenminister Mohammed bin Abdulrahman Al Thani äußerte sie sich positiv zur Haltung des Emirats zu Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine. "Auch Katar hat seine Stimme deutlich erhoben", sagte Baerbock.

Sie kommentierte zudem die Einladung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zum Gipfel der Arabischen Liga am Freitag in Saudi-Arabien. Dort werde Selenskyj sicherlich noch einmal unterstreichen, dass dieser Krieg "morgen zu Ende sein kann, wenn der Angreifer seine Truppen zurückzieht". Arabischen Diplomaten zufolge soll die Teilnahme Selenskyjs am Gipfel der Organisation in Dschidda auch Gespräche über mögliche Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew ermöglichen.

Katarer wichtige Kunden für Flüssigerdgas

Baerbock erklärte, Russlands Angriffskrieg habe auch Auswirkungen am Golf und in der Region. Es sei auch ein Angriff auf die UN-Charta und damit "die Lebensgrundlage für alle Staaten, insbesondere für kleinere Staaten auf dieser Welt". Der katarische Premierminister sagte, er und Baerbock hätten über den Krieg gesprochen, blieb aber zurückhaltender. "Wir haben über den Respekt für die Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine gesprochen und ihre territoriale Unversehrtheit", so Al Thani.

Das Golf-Emirat pflegt wie seine Nachbarstaaten meist gute Beziehungen mit Russland und bemüht sich im Ukraine-Krieg um Neutralität. Moskau ist ein wichtiger Partner etwa im Energiebereich. Zugleich sind die EU und speziell Deutschland für die Katarer wichtige Kunden für Flüssigerdgas (LNG). Im vergangenen Jahr vereinbarten beide Länder einen auf 15 Jahre befristeten Vertrag zur Lieferung von LNG.

Absichtserklärung über einen neuen "strategischen Dialog"

Die politischen Beziehungen zwischen Berlin und Doha hatten sich zuletzt allerdings abgekühlt. Als Gastland der Fußball-WM 2022 war Katar in den Fokus internationaler Kritik geraten. In dem Emirat hatte es für Verstimmung gesorgt, dass solche Kritik auch von deutschen Regierungsvertretern geäußert wurde. Trotz dieser Differenzen wollen aber beide Staaten ihre politische Zusammenarbeit vertiefen.

Baerbock und ihr Amtskollege Al Thani unterzeichneten eine Absichtserklärung über einen neuen "strategischen Dialog". Diese Form des Austausches mit dem Emirat verfolge das Ziel, "in Zukunft noch enger zusammezuarbeiten und (sich) auszutauschen", sagte Baerbock in Doha. Außenminister Al Thani stellte weitere Investitionen seines Landes in Deutschland und eine verstärkte Zusammenarbeit bei der Energiewende in Aussicht.

Al Thani verbittet sich Kritik an Menschenrechtslage

Auf der gemeinsamen Pressekonferenz wies die Außenministerin auf anhaltende Differenzen bei den Menschenrechten hin, die bei der angestrebten Vertiefung der Beziehungen nicht ausgespart werden dürften. "Belastbare bilaterale Beziehungen zeichnen sich dadurch aus, dass wir uns auch zu Themen austauschen können, bei wir deutlich unterschiedliche Sichtweisen haben - etwa bei den Menschen- und Freiheitsrechten", sagte Baerbock. Lobend hob sie hervor, dass sich die rechtliche Lage der etwa 2,6 Millionen Arbeitsmigranten in Katar durch Reformen der Regierung verbessert hätten.

Sie mahnte aber weitere Anstrengungen an: "Wir sind noch nicht da, wo wir hinwollen." Al Thani wies Kritik an der Menschenrechtslage in seinem Land zurück. Derartige Vorwürfe beruhten auf "Vorurteilen", sagte der Minister. Katar habe Fortschritte im Bereich der Arbeitnehmer- und Menschenrechte gemacht. Im Verhältnis zu Deutschland respektiere seine Regierung, "dass es unterschiedliche Sichtweisen zwischen uns gibt".

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 17. Mai 2023 um 15:00 Uhr.