Bewaffnete Männer in Afghanistan (Archivbild)

Vorwurf der Missionierung Taliban nehmen Mitarbeiter von Schweizer NGO fest

Stand: 16.09.2023 16:56 Uhr

Mehrere Mitarbeiter einer Schweizer Hilfsorganisation sind in Afghanistan in Gewahrsam genommen worden. Die Taliban werfen ihnen vor, für das Christentum geworben zu haben. Das bestreitet die Organisation.

Die radikalislamischen Taliban-Behörden in Afghanistan haben zahlreiche Mitarbeiter einer Schweizer Hilfsorganisation festgenommen. Ein Vertreter der Taliban-Regierung sagte der Nachrichtenagentur AFP, insgesamt seien 21 Mitarbeiter der Organisation International Assistance Mission (IAM) in Gewahrsam genommen worden, darunter eine US-Bürgerin. Die Gruppe stand demnach bereits seit einiger Zeit unter Beobachtung, weil sie versucht habe, Afghanen zum Christentum zu bekehren.

Die in der Schweiz registrierte Hilfsorganisation hatte zuvor erklärt, 18 Beschäftigte seien aus ihrem Büro in der Stadt Lal wa Jangal in der Provinz Ghor in Zentralafghanistan abgeführt und in die Hauptstadt Kabul gebracht worden. Unter den Betroffenen seien 17 afghanische und ein ausländischer Angestellter. IAM hat nach eigenen Angaben keine Informationen dazu, was ihrem Personal vorgeworfen wird.

Karte: Lal wa Jangal, Provinz Ghor, Afghanistn

2010 wurden zehn IAM-Mediziner getötet

IAM ist seit 1966 in Afghanistan aktiv und arbeitet in den Bereichen Gesundheit und Bildung. Die Hilfsorganisation erklärt auf ihrer Website, sich auf christliche Werte zu stützen, gibt aber an, nicht nach politischen oder religiösen Gesichtspunkten Hilfe zu leisten. "Wir schätzen und respektieren die lokalen Bräuche und Kulturen", erklärte die Gruppe.

2010 waren zehn IAM-Mediziner bei einem Angriff in einer abgelegenen Region im Norden Afghanistans getötet worden. Sowohl die Taliban als auch eine weitere militante Gruppe hatten sich seinerzeit zu dem Angriff bekannt. Schon damals warfen die Taliban der Gruppe vor, bei ihr handele sich um christliche Missionare.

Taliban setzen drakonische Gesetze durch

Vor zwei Jahren waren die internationalen Truppen nach fast 20 Jahren aus Afghanistan abgezogen. Nach einem raschen Vormarsch im ganzen Land übernahmen die Taliban im August 2021 wieder die Herrschaft und riefen ein "Islamisches Emirat" aus. Die Taliban hatten bei ihrer erneuten Machtübernahme versprochen, moderater zu regieren als zu Zeiten ihrer ersten Herrschaft in den 1990er-Jahren.

Zuletzt wurden sie jedoch immer autoritärer und dogmatischer. Die Taliban beschnitten insbesondere die Frauenrechte massiv. Sie verboten afghanischen Frauen, in Hilfsorganisationen oder für die Vereinten Nationen zu arbeiten. Ihre drakonischen Gesetze und strenge Auslegung des Islams stoßen auch innerhalb der islamischen Welt auf Ablehnung.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 16. September 2023 um 20:00 Uhr.