Annalena Baerbock vor der UN-Generalversammlung

UN-Vollversammlung Baerbock appelliert an die Weltgemeinschaft

Stand: 02.03.2022 01:09 Uhr

Außenministerin Baerbock hat versucht, die Weltgemeinschaft wachzurütteln: Es gehe aktuell um Leben oder Tod des ukrainischen Volkes, sagte sie vor den UN. Notwendig sei eine Resolution gegen Russland.

Es war der erste Besuch der neuen deutschen Außenministerin Annalena Baerbock bei den Vereinten Nationen. Und der Anlass hätte kaum dramatischer sein können. Die UN-Vollversammlung war zu einer ihrer seltenen Dringlichkeitssitzungen zusammengekommen. Das Ziel: Russlands Vorgehen in der Ukraine vor der Weltgemeinschaft anzuprangern.

"Jetzt müssen wir uns alle entscheiden, zwischen Frieden und Aggression, zwischen Gerechtigkeit und dem Willen des Stärkeren, zwischen Handeln und Wegschauen", sagte Baerbock. "Der Krieg Russlands ist eine neue Realität. Sie verlangt von uns, eine entschiedene und verantwortungsbewusste Entscheidung zu treffen und Partei zu ergreifen", so die deutsche Außenministerin.

Schwere Vorwürfe gegen Russlands Außenminister

Voraussichtlich heute sollen die 193 Mitgliedsländer über eine Resolution abstimmen, in der der Angriffskrieg Russlands verurteilt und Moskau aufgefordert wird, seine Truppen aus der Ukraine zurückzuziehen. Westliche Diplomaten hoffen darauf, dass dann weit mehr als 100 Länder der Resolution zustimmen. Anders als im Sicherheitsrat ist eine Resolution der Vollversammlung völkerrechtlich nicht bindet und hat eher eine symbolische Bedeutung.

Aber es sei eine wichtige, sagt Baerbock. Russlands Krieg markiere eine Zeitenwende: "Es geht um Leben oder Tod des ukrainischen Volkes. Europas Sicherheit steht auf dem Spiel. Was auf dem Spiel steht, ist die Charta der Vereinten Nationen." In ihrer Rede in New York warf die Bundesaußenministerin Russland "dreiste Lügen" vor, die ihr russischer Amtskollegen Sergej Lawrow in seiner Videobotschaft vor dem UN-Menschenrechtsrat wiederholt habe.

Sie sagen, Sie handeln in Notwehr. Aber die ganze Welt hat zugesehen, wie Sie monatelang Ihre Truppen aufgebaut haben, um sich auf diesen Angriff vorzubereiten. Sie sagen, Russland handle, um die russisch sprechende Bevölkerung in der Ukraine zu schützen. Aber die ganze Welt sieht, wie Sie die Häuser von russisch sprechenden Ukrainern bombardierten. Sie sagen, Russland schickt Friedenstruppen. Aber tatsächlich missbrauchen Sie ihre Macht als ständiges Mitglied des Sicherheitsrats.

Baerbock geht auf Kritik ein

In diesem wichtigsten UN-Gremium hatte Russland eine Resolution gegen den Krieg in der Ukraine blockiert. In ihrer Rede vor der Vollversammlung ging Baerbock auch auf die Kritik westlicher Staaten ein, Deutschland habe Russland unterschätzt und zu wenig für die Sicherheit in Europa getan: "Einige meiner Kollegen sagen: Jetzt fordert ihr Solidarität für Europa. Aber wo wart Ihr denn in der Vergangenheit für uns? Ich möchte Ihnen ganz ehrlich sagen: Wir hören Sie."

Sie glaube, dass man immer bereit sein sollte, sein eigenes Handeln in der Vergangenheit kritisch zu hinterfragen. "Ich bin dazu bereit. Aber jetzt geht es erstmal um Familien, die in U-Bahn-Stationen Zuflucht suchen müssen, weil ihre Häuser bombardiert werden", fügte sie hinzu.

Außenministerin wirbt für Unterstützung

Deutschland verstärke, wie auch viele andere Länder, die Unterstützung für die Ukraine mit Medikamenten, Nahrungsmitteln, humanitären Gütern und Unterkünften für Flüchtlinge. Am Ende ihrer emotionalen Rede appellierte Baerbock noch einmal an die UN-Mitgliedsstaaten, die Resolution zu unterstützen.

"Wenn wir nach unserer Abstimmung nach Hause gehen, wird jeder von uns am Küchentisch unseren Kindern, unseren Partnern, unseren Freunden, unseren Familien gegenübersitzen müssen", sagte sie. "Dann muss jeder von uns ihnen in die Augen schauen und ihnen sagen, welche Wahl wir getroffen haben."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 02. März 2022 um 12:10 Uhr.