Touristen fahren im Jahr 2017 an der US-Botschaft in Havanna vorbei (Archivbild).

Erkrankte US-Diplomaten "Havanna-Syndrom" bleibt ein Rätsel

Stand: 01.03.2023 20:31 Uhr

1500 Fälle in 96 Ländern: Am "Havanna-Syndrom" sind viele US-Botschaftsmitarbeiter erkrankt. Eine Untersuchung der US-Geheimdienste hat jedoch keine Erklärung für die rätselhafte Krankheit gefunden.

Die US-Geheimdienste gehen nicht davon aus, dass ein "ausländischer Gegner" für das sogenannte "Havanna-Syndrom" bei amerikanischen Diplomaten verantwortlich ist. Dabei geht es um Hunderte Fälle von Hirnverletzungen und anderen Symptomen, die von amerikanischen Auslandsbediensteten in mehreren Ländern berichtet worden waren.

Zahlreiche im kubanischen Havanna lebende US-Diplomaten und ihre Angehörigen hatten ab 2016 über rätselhafte Kopfschmerzen, Hörverlust, Schwindel und Übelkeit geklagt. Das Botschaftspersonal wurde damals daraufhin auf ein Minimum reduziert. Später wurden auch an anderen Orten der Welt ähnliche Beschwerden gemeldet. Die US-Regierung schloss lange nicht aus, dass es sich dabei um eine Art Angriff handeln könnte - es wurde aber immer betont, dass man nicht wisse, was dahinterstecke.

Keine Hinweise auf gelenkte Energie

Ein nun veröffentlichter Bericht der Geheimdienste stellt lange gehegte Verdächtigungen von Betroffenen infrage, sie könnten Ziel einer globalen Kampagne Russlands oder eines anderen Landes geworden sein, Amerikaner mit einer Art gelenkter Energie anzugreifen.

Stattdessen hieß es in dem Bericht, es gebe mehr Beweise dafür, dass das Ausland nicht beteiligt war. In einigen Fällen stellten die USA bei den gegnerischen Regierungen Verwirrung über die Anschuldigungen und den Verdacht fest, dass das "Havanna-Syndrom" eine amerikanische Verschwörung gewesen sein könnte.

Geheimdienste überprüften 1500 Fälle weltweit

Eine plausible Erklärung für die Fälle gebe es weiterhin nicht, berichtete zuvor die "Washington Post". Es handle sich um ein frustrierendes "Rätsel", zitierte die Zeitung einen Mitarbeiter. Die Geheimdienste seien offen für neue Ideen und Beweise.

Die Ermittler prüften rund 1500 Fälle in 96 Ländern. In vielen Fällen fanden sich andere mögliche Erklärungen als eine Kampagne wie medizinische Erkrankungen, schlecht funktionierende Klima- und Lüftungsanlagen oder elektromagnetische Wellen, die von harmlosen Geräten wie einer Computermaus ausgingen. Etwa zwei Dutzend Fälle wurden nach Angaben der Beamten besonders genau untersucht. Keiner von ihnen wurde mit einem feindlichen Angriff in Verbindung gebracht. Es ergaben sich auch keine Hinweise darauf, dass ein Gegner der USA eine Waffe in seinem Besitz habe, die die gemeldeten Symptome hervorrufen könne.

Die gesundheitlichen Probleme der Mitarbeiter der US-Regierung und ihrer Angehörigen würden nicht infrage gestellt, teilte CIA-Direktor William Burns mit. Man werde weiterhin auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der CIA-Mitarbeiter achten und ihre medizinische Versorgung sicherstellen.

Opfer sprechen von vorsätzlichem Angriff

Noch im vergangenen Jahr war ein unabhängiges Expertengremium zu dem Schluss gekommen, dass manche Fälle des "Havanna-Syndroms" durch eine Art gezielten Einsatz elektromagnetischer Strahlung ausgelöst worden seien könnten. Viele der Betroffenen behaupten, sie seien Opfer eines vorsätzlichen Angriffs geworden. Immer wieder fällt dabei auch Russland als möglicher Verursacher der Beschwerden.

Der "Washington Post" zufolge widerspricht der aktuelle Bericht nun dieser These fast komplett. Die betroffenen Diplomaten warfen der US-Regierung in der Vergangenheit auch immer wieder vor, die Symptome herunterzuspielen.

Sebastian Hesse, Sebastian Hesse, ARD Washington, 02.03.2023 06:15 Uhr