Der Vorsitzende des kanadischen Unterhauses, Anthony Rota.

Eklat bei Selenskyj-Besuch in Kanada Rota entschuldigt sich für Ehrung von Ex-SS-Mann

Stand: 25.09.2023 15:29 Uhr

Kanadas Parlamentspräsident Rota hatte anlässlich einer Rede des ukrainischen Präsidenten Selenskyjs im Unterhaus einen 98-Jährigen eingeladen und als "Helden" bezeichnet. Doch der Mann hatte in der Waffen-SS gekämpft.

Der Vorsitzende des kanadischen Unterhauses, Anthony Rota, hat sich für die Einladung eines 98-Jährigen entschuldigt, der nach Angaben mehrere Organisationen früher Mitglied der Waffen-SS war. Er kenne Jaroslaw Hunka aus seinem Wahlkreis und habe ihn im Parlament als "ukrainischen und kanadischen Helden" vorgestellt, erklärte Rota. Er bedauere dies aufgrund von Informationen, die er danach erhalten habe, und bitte insbesondere die jüdische Gemeinschaft um Verzeihung.

Als der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj im kanadischen Unterhaus um Unterstützung für sein Land im Kampf gegen russische Invasionstruppen warb, saß der 98-jährige ukrainische Immigrant Hunka auf der Zuschauertribüne. Rota nannte ihn einen Kriegshelden, der "für die Unabhängigkeit der Ukraine gegen die Russen" gekämpft habe.

Heftige Kritik von Menschenrechtsorganisationen

Dies hatte massive Kritik von jüdischen Organisationen und bei der konservativen Opposition ausgelöst. Die Menschenrechtsorganisation Friends of Simon Wiesenthal Center (FSWC) bezeichnete es als "schockierend", dass ein "Veteran, der in einer Nazi-Militäreinheit gedient hatte, ins Parlament eingeladen und mit Standing Ovations bedacht wurde".

Nach Angaben des FSCW diente Hunka während des Zweiten Weltkriegs in der 14. Waffen-Grenadier-Division der SS, auch bekannt als Waffen-SS-Division Galizien. Seine Einheit sei für Massenmord an unschuldigen Zivilisten und unvorstellbare Brutalitäten verantwortlich, so das FSCW. Die Organisation forderte eine Erklärung dafür, wie ein Mitglied dieser Division im kanadischen Parlament geehrt werden könne.

Auch die jüdische Menschenrechtsorganisation B'nai Brith Canada sprach von einem empörenden Vorfall. In der Waffen-SS-Division Galizien hätten ultranationalistische Ideologen gedient, die von einer ethnisch-homogenen Ukraine geträumt und ethnische Säuberungen unterstützt hätten.

Jaroslaw Hunka (rechts) wartet auf die Ankunft des ukrainischen Präsidenten Selenskyj im Unterhaus in Ottawa.

Der 98-jährige Jaroslaw Hunka (rechts) diente nach Angaben des FSCW in der 14. Waffen-Grenadier-Division der SS.

Rota: Ukrainische Delegation wusste nichts von Einladung

Rota teilte in seiner Erklärung weiter mit, er übernehme die volle Verantwortung. Er habe weder die ukrainische Delegation noch andere Abgeordnete vorab über seinen Plan informiert. Das Büro von Premierminister Justin Trudeau begrüßte die Entschuldigung und versicherte, auch Trudeau habe nichts von Rotas Vorhaben gewusst. Die konservative Opposition hingegen sprach von einer "schweren Fehleinschätzung".

Der Vorfall könnte von der russischen Propaganda ausgenutzt werden. So versucht die russische Regierung immer wieder, den Kriegsgegner Ukraine als "neonazistisch" darzustellen. Dazu verweist sie auch auf den ukrainischen Nationalistenführer Stepan Bandera, der zeitweilig mit den Deutschen kollaborierte, in der Sowjetunion in Abwesenheit zum Tode verurteilt und von einem KGB-Agenten in München ermordet wurde.

Selenskyj war nach einem Besuch in den USA nach Kanada weitergereist. Im kanadischen Parlament warb er um weitere Unterstützung für sein Land gegen den russischen Angriffskrieg.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 23. September 2023 um 18:32 Uhr.