US-Dollar-Scheine

Schulden auf Rekordhoch Müssen die USA höhere Zinsen fürchten?

Stand: 05.10.2022 10:55 Uhr

Die US-Staatsverschuldung hat mit 31 Billionen Dollar einen Rekordwert erreicht und nähert sich damit der Schuldenobergrenze. Können sich die USA höhere Zinsen überhaupt leisten?

Von Angela Göpfert, ARD-Finanzredaktion

Die Staatsverschuldung der USA hat einen Rekordwert erreicht: Daten des US-Finanzministeriums zufolge lag die Staatsverschuldung zum Start in das neue Geschäftsjahr bei 31,1 Billionen Dollar und damit so hoch wie noch nie in der Geschichte der Vereinigten Staaten.

US-Leitzins schon bald bei 4,5 Prozent

Angesichts der hohen Staatsverschuldung wird der mit harten Bandagen geführte Kampf der US-Notenbank gegen die Inflation zunehmend zum Problem für den Staatshaushalt. Denn die Federal Reserve (Fed) befindet sich auf einem straffen Zinserhöhungskurs. Der Leitzins in den USA liegt nach mehreren XXL-Zinsschritten aktuell in einer Spanne von 3,0 bis 3,25 Prozent.

Für die nächste Sitzung Anfang November erwarten dem Fed Watch Tool der CME Group zufolge aktuell 64 Prozent der Marktteilnehmer einen weiteren Mega-Zinsschritt von 0,75 Prozentpunkten. Im Dezember dürfte dann noch ein 0,5-Prozentpunkte-Schritt folgen. Die Märkte rechnen folglich mit einem US-Leitzins von 4,5 Prozent, durchgängig von Dezember 2022 bis September 2023, wie Marktexperte Robert Rethfeld von Wellenreiter-Invest betont.

Geld leihen wird teurer für die USA

Doch der steigende Leitzins zieht nicht nur höhere Kreditkosten für private Haushalte und Unternehmen nach sich; er verteuert auch die Zinsen auf US-Staatsanleihen. Diese Zinsen muss der Staat USA den Bond-Anlegern zahlen, damit diese ihm Geld leihen.

Aktuell liegt die Rendite für zehnjährige US-Staatsanleihen bei rund 3,7 Prozent. Zum Vergleich: Vor zwei Jahren waren es noch 0,7 Prozent. Die USA finanzieren durch die Ausgabe von Staatsanleihen ihre Staatsausgaben. Wenn die Kosten dafür aber so rasant steigen, dürfte sich das Schuldenproblem der USA weiter verschärfen, so die Befürchtung einiger Marktbeobachter.

US-Staatsanleihen als sicherer Hafen weiter gefragt

Doch Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner beruhigt: "Wenn einer sich höhere Zinsen leisten kann, dann die USA. Wir sehen diesbezüglich keine allzu gravierenden Problem auf den US-Staatshaushalt zukommen." Die USA dürften keine Probleme haben, ihre Schulden am Kapitalmarkt loszuwerden und sich zu finanzieren. "US-Staatsanleihen sind immer noch der sichere Hafen der Wahl für Anleger, gerade in ungewissen Zeiten wie diesen, da gibt es quasi keine Alternative", erklärt Weidensteiner gegenüber tagesschau.de.

Hinzu kommt: Die höheren Zinsen machen sich erst mit einer gewissen Verzögerung bemerkbar. "Die US-Anleihen haben eine Laufzeit von gut sechs Jahren im Durchschnitt. Die höheren Zinsen werden also nicht direkt aufs Budget durchschlagen, sondern erst nach und nach", betont Weidensteiner. "Wenn dann aber der Schmerz im Budget zu spüren ist, dann wird das auch den Druck auf Einsparungen an anderer Stelle erhöhen."

Staatsverschuldung nähert sich Schuldenobergrenze

Dabei sind die steigenden Kreditkosten für Staatsschulden nur ein finanzielles Problem, denen sich der US-Staat derzeit gegenübersieht. Der andere Elefant im Raum ist die staatliche Schuldenobergrenze. Dabei handelt es sich um einen Grenzwert, bis zu diesem es dem Staat USA erlaubt ist, sich Geld zu leihen. Aktuell liegt er bei 31,4 Billionen Dollar und damit nahe der aktuellen Staatsverschuldung von 31,1 Billionen Dollar.

Die Schuldenobergrenze wird vom Kongress in unregelmäßigen Abständen festgelegt. Seit ihrer Einführung 1917 wurde sie bereits dutzendfach erhöht, da den USA sonst das Geld ausgegangen wäre.

Zahlungsausfall konnte bislang stets vermieden werden

Erst Ende vergangenen Jahres hatten die USA ihre Schuldenobergrenze erneut angehoben. Die Situation war prekär, denn - wieder einmal - standen die USA kurz vorm Zahlungsausfall. In diesem Fall drohte der US-Wirtschaft und den Finanzmärkten rund um die Welt ein "nicht wiedergutzumachender Schaden", warnte damals US-Finanzministerin Janet Yellen. Es wäre "unverantwortlich", die Kreditwürdigkeit der USA aufs Spiel zu setzen.

Ob es ihre Worte waren, die Wirkung zeigten? Jedenfalls hoben die USA schließlich die Schuldenobergrenze an. Auch das folgt einer gewissen Tradition: Trotz großer Differenzen im Vorfeld haben sich Republikaner und Demokraten bislang noch immer auf eine Erhöhung der Grenze verständigt - wenn auch oft erst nach viel Zittern und mehreren Verhandlungsrunden. "Diesen Zirkus haben wir in den vergangenen Jahren schon häufiger erlebt", so Commerzbank-Ökonom Weidensteiner.

Nach den Zwischenwahlen wird es spannend

Es sieht ganz danach aus, als ob das politische Theaterstück "Anhebung der Schuldenobergrenze" in den USA schon bald eine Wiederaufführung erleben und die Finanzmärkte einmal mehr in Atem halten dürfte. Schließlich nähert sich die Staatsverschuldung derzeit mit großen Schritten dieser magischen Grenze.

Da sich der Kongress kürzlich aber auf eine Ausgabeermächtigung bis Mitte Dezember geeinigt hat, bleibt noch eine gewisse Vorbereitungszeit: "Die Diskussion über die Anhebung der Schuldenobergrenze dürfte voraussichtlich erst nach den Zwischenwahlen im November wieder richtig virulent werden", erwartet Weidensteiner. "Wir gehen aber davon aus, dass sich Republikaner und Demokraten letztlich wieder einigen werden, sodass auch den Finanzmärkten größere Turbulenzen erspart bleiben dürften."