Harvey Weinstein

Nach Missbrauchsskandal Weinstein-Studio meldet Konkurs an

Stand: 20.03.2018 10:02 Uhr

Das von Harvey Weinstein gegründete Filmstudio hat Insolvenz angemeldet. Damit endeten auch alle Vertraulichkeitsvereinbarungen, die möglicherweise Frauen im Missbrauchsskandal zum Schweigen veranlasst haben.

Knapp ein halbes Jahr nach Bekanntwerden der ersten Missbrauchsvorwürfe gegen Hollywood-Mogul Harvey Weinstein hat dessen frühere Produktionsfirma Konkurs angemeldet. Die Weinstein Company stellte außerdem einen Insolvenzantrag nach Kapitel 11 des US-Insolvenzrechts. Diese Variante ermöglicht es angeschlagenen und hoch verschuldeten Unternehmen, unter strikter Aufsicht des Insolvenzrichters weiterzuarbeiten und sich zu sanieren.

Die Schulden werden in dem Antrag mit einer halben bis zu einer Milliarde Dollar beziffert, das Vermögen mit der gleichen Spannbreite. Eine Tochterfirma der Beteiligungsgesellschaft Lantern Capital Partners solle die Vermögenswerte übernehmen. Die Firma hatte zuvor monatelang vergeblich versucht, einen Käufer oder Investor zu finden.

Buttons werben für die Kampagne "#MeToo" gegen sexuelle Belästigung von Frauen.

Die Vorwürfe gegen Weinstein lösten unter dem Schlagwort #MeToo eine internationale Debatte über sexuelle Belästigung aus.

Viele Interessenten für Unternehmensteile

Mit dem Insolvenzverfahren hofft die Firma auf einen "Neuanfang". Mit dem neuen Investoren wurde eine Grundsatzvereinbarung über den Kauf von Anteilen der berühmten Filmproduktionsfirma getroffen. Ein Konkursgericht muss dem aber noch zustimmen. Es sollten so viele Jobs wie möglich bewahrt werden, sagte Harvey Weinsteins Bruder Robert, der inzwischen an der Spitze der Weinstein Company steht.

Erst vor zwei Wochen hatte eine Investorengruppe unter Leitung von Maria Contreras-Sweet, einer früheren Mitarbeiterin in der Regierung des damaligen US-Präsidenten Barack Obama, einen Rückzieher beim Kauf der Weinstein Company gemacht, weil die Verbindlichkeiten höher eingestuft wurden als zunächst offengelegt.

Die Leitung der Produktionsfirma hatte daraufhin angekündigt, in einen "geordneten Konkurs" gehen zu wollen. Die nun getroffene Vereinbarung ermöglicht in einer vom Gericht überwachten Auktion höhere Gebote. Als mögliche Bieter gelten Lions Gate Entertainment und die von den Weinstein-Brüdern gegründete Filmgesellschaft Miramax. Beide Firmen hatten bereits zuvor Interesse an Unternehmensteilen gezeigt. Auch Filmproduzent Killer Content teilte mit, bei einer Konkursversteigerung von Vermögensteilen möglicherweise die Hand zu heben.

Unklar ist nach wie vor, wie es bei einigen noch nicht fertiggestellten Filmen der Produktionsfirma weitergehen soll, darunter ein Historiendrama mit Benedict Cumberbatch und eine Komödie mit Robert de Niro.

Schweigevereinbarungen sind Geschichte

Das einst von Ex-Hollywood-Mogul Harvey Weinstein geführte Filmstudio hebt damit auch Vereinbarungen auf, die Opfer und Zeugen hindern sollen, über sexuelle Übergriffe des Produzenten zu sprechen. Diese könnten nun theoretisch ohne Sorge vor möglichen Klagen sprechen.

"Seit Oktober wurde berichtet, dass Harvey Weinstein Geheimhaltungsvereinbarungen als geheime Waffe benutzt hat, um Menschen zum Schweigen zu bringen, die Anschuldigungen gegen ihn erheben", heißt es in einem Statement der Weinstein Company, aus dem US-Medien zitieren. Diese Vereinbarungen endeten "mit sofortiger Wirkung". Damit solle "allen Opfern Gerechtigkeit" widerfahren, erklärte das Unternehmen.

Der oberste New Yorker Staatsanwalt Eric Schneiderman bezeichnete die Erklärung der Weinstein Company als "Wendepunkt in den Bemühungen, die zerstörenden Wirkungen von sexuellem Fehlverhalten am Arbeitsplatz anzusprechen". Die Aufhebung der Geheimhaltungsvereinbarungen werde "endlich diejenigen zu Wort kommen lassen, die zu lange mundtot gemacht worden sind".

Noch keine formelle Anklage

Hintergrund für die Probleme der Filmproduktionsfirma sind die Missbrauchsvorwürfe gegen den früheren Verwaltungsratsvorsitzenden Weinstein, der einst zu den einflussreichsten Persönlichkeiten in Hollywood zählte. Weinstein war kurz nach Bekanntwerden der ersten Missbrauchsvorwürfe im Oktober von seiner Produktionsfirma entlassen worden.

Inzwischen werfen mehr als hundert Frauen, darunter zahlreiche Stars, ihm vor, sie sexuell belästigt oder sogar vergewaltigt zu haben. Weinstein beteuert bis heute, keine sexuelle Gewalt gegen Frauen angewandt zu haben. Die Vorfälle haben weltweit eine Debatte über Missbrauch im Showgeschäft und anderen Branchen ausgelöst.

Die Polizei ermittelt zwar in einer Reihe von Fällen, hat Weinstein bislang aber nicht formell beschuldigt. Generalstaatsanwalt Schneiderman kündigte eine Untersuchung zu der Frage an, warum dies bislang noch nicht geschehen ist. Die Frauenrechtsgruppe "Time's Up" hatte eine solche Prüfung gefordert und insbesondere dem Bezirksstaatsanwalt von Manhattan, Cyrus Vance, Versäumnisse vorgeworfen.

Die Hollywood-Schauspielerinnen Rose McGowan (links) und Ashley Judd (rechts).

Mit ihren Aussagen haben sie den Skandal ins Rollen gebracht: Die Hollywood-Schauspielerinnen Rose McGowan (links) und Ashley Judd (rechts).

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 20. März 2018 um 10:00 Uhr.