Die Lüftungsanlage einer Wärmepumpe steht vor einem Wohnhaus.
FAQ

Statt Öl- oder Gasheizung Für wen Wärmepumpen infrage kommen

Stand: 23.04.2022 17:42 Uhr

Die hohen Preise für Öl und Gas machen Hausbesitzern zu schaffen. Viele denken über den Einbau einer Wärmepumpen-Heizung nach. Für wen lohnt sich ein Umstieg - und was ist dabei zu beachten? Antworten auf wichtige Fragen.

Von Anne-Catherine Beck, ARD-Finanzredaktion

Wie hoch ist die Nachfrage nach Wärmepumpen?

Nicht erst seit Russlands Angriff auf die Ukraine und den damit verbundenen hohen Öl- und Gaspreisen ist das Interesse an Wärmepumpen gestiegen. Im vergangenen Jahr wurden 154.000 Anlagen installiert und damit knapp 30 Prozent mehr als noch 2020. Allein im ersten Quartal dieses Jahres seien 35 Prozent mehr Geräte verkauft worden als im Vorjahreszeitraum, sagte Katja Weinhold, Pressesprecherin des Bundesverbands Wärmepumpe, gegenüber tagesschau.de. Im Januar hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck das Regierungsziel bis 2030 in Deutschland installierter Wärmepumpen von vier auf sechs Millionen erhöht. Auch deshalb rechnet Weinhold für das laufende Jahr mit einem deutlich höheren Absatz.

Wieso ist die Technik derzeit so gefragt?

Die Gründe für die starke Nachfrage sind vielfältig. Frank Ebisch, Pressesprecher des Zentralverbands Sanitär, Heizung und Klima führt den derzeitigen Nachfrage-Boom von Wärmepumpen auf die große Verunsicherung vieler Hausbesitzer zurück, die durch die steigenden Energiekosten ausgelöst werde. "Die Leute wissen nicht, was sie tun sollen. Viele haben Angst vor steigenden Kosten."

Auch die von der Politik geführte Verbotsdiskussion von rein fossil betriebenen Heizungsanlagen verstärke die Nachfrage, erklärt Weinhold. Die Bundesregierung hatte im Januar bekanntgegeben, den Ausbau von Wärmepumpen massiv erhöhen zu wollen, um die Klimaziele zu erreichen. Eine Wärmepumpe nutzt drei Viertel der Energie aus der Umwelt und wandelt sie in Wärme um. Die gängigsten Wärmequellen sind dabei Luft, Erde und Grundwasser. Wärmepumpen gelten daher zunehmend als Heizungstechnologie der Zukunft. "Der Wechsel zu einem klimaschonenden Heizungssystem schmälert nicht nur den eigenen CO2-Fußabdruck, sondern steigert außerdem den Wert einer jeden Immobilie", so Weinhold.

Für wen kommen Wärmepumpen überhaupt in Frage?

Experten zufolge ist die Installation von Wärmepumpen in Neubauten meist problemlos möglich - in Altbauten aber nicht immer. "In unsanierten älteren, schlecht gedämmten Gebäuden werden relativ hohe Vorlauftemperaturen benötigt, um die Räume ausreichend zu beheizen", so Ebisch. Die energetische Sanierung des Gebäudes, um die Voraussetzungen für eine Wärmepumpe zu schaffen, könne Monate dauern. Auch die Investitionskosten sollten dabei nicht unterschätzt werden, so Ebisch. Umso wichtiger sei deshalb eine individuelle Beratung.

Sind die Preise gestiegen?

Die hohe Nachfrage treibt die Preise für Wärmepumpen in die Höhe. Bei den Materialkosten stellen die Marktbeobachter der Energieberatungs-Firma Renewa einen Preisanstieg von mehr als 50 Prozent in den vergangenen Monaten fest. "Die Kosten für eine Wärmepumpe im Einfamilienhaussektor liegen damit je nach Betriebsart zwischen 30.000 und 45.000 Euro", so Tobias Labusga, leitender Energieberater bei Renewa. Dies liege allerdings nicht allein an den gestiegenen Produktionskosten. "Die Branche nutzt den Ansturm der Verbraucher sicherlich auch, um Kasse zu machen." Die Dienstleistungskosten der Handwerksbetriebe, die Wärmepumpen einbauen, sind Labusga zufolge in den vergangenen Wochen um rund 25 Prozent gestiegen.

Rechnet sich die Umrüstung - und wie hoch ist die Förderung?

In vielen Fällen könnte sich die Installation einer Wärmepumpe dennoch rentieren. Schließlich werde die Umrüstung auf Wärmepumpen mit staatlichen Zuschüssen subventioniert, so Verbandssprecherin Weinhold. "Für den Tausch einer alten fossilen Heizung gegen eine Wärmepumpe erhalten Hausbesitzer einen Zuschuss von 35 Prozent auf die gesamten Investitionskosten. Handelt es sich bei der alten Heizung um eine Ölheizung, werden sogar 45 Prozent der Kosten erstattet." Sei die Installation einer Wärmepumpe Bestandteil eines individuellen Sanierungsplans, könne eine zusätzliche Förderung von fünf Prozent in Anspruch genommen werden.

"Momentan steigen zwar - neben den Öl- und Gaspreisen - auch die Preise für Strom, der für den Betrieb der Wärmepumpe benötigt wird, aber mittel- bis langfristig sollte damit gerechnet werden, dass fossile Energieträger aufgrund der steigenden Bepreisung der CO2-Emission immer teurer werden", sagt Weinhold. Somit sei es wirtschaftlich attraktiv, mit Umweltenergie und möglichst erneuerbarem Strom zu heizen.

Wie lange dauert der Einbau?

Wegen der starken Nachfrage müssen Hausbesitzer derzeit Geduld haben, wenn sie eine Wärmepumpe installieren lassen wollen. Wartezeiten von bis zu zwei Jahren seien realistisch, so Weinhold. Laut Zentralverbands-Sprecher Ebisch ist das Handwerk "komplett ausgelastet". "Weniger als 30 Prozent der Betriebe haben überhaupt die Expertise, eine Wärmepumpe einzubauen." Die weltweit herrschenden Materialengpässe seien ein Problem für die Branche. "Einige Betriebe können derzeit nicht arbeiten, weil die Industrie nicht liefern kann. Wichtige Teile, wie etwa Elektronik für die Steuerung, sind von Unterbrechungen der Lieferketten betroffen."

Erschwerend komme der seit Jahren bestehende Mangel an Fachkräften hinzu, ohne die weder Installation noch Wartung der Wärmepumpen möglich seien. "Um die von der Politik angestrebten sechs Millionen Wärmepumpen installieren zu können, benötigt die Branche allein 60.000 zusätzliche Monteure", erklärt Ebisch. An dieser Stelle sei die Politik gefragt, mehr für Weiterbildungen zu werben. Nur so könne der Ansturm sowie das Ziel der Politik umgesetzt werden.

Wilhelm Purk, NDR, 24.04.2022 06:59 Uhr