Aussicht von einer Alm mit Kühen
reportage

Klima-Check in der Landwirtschaft Kleiner Biohof gegen Großbetrieb

Stand: 19.08.2023 08:01 Uhr

Wer hat bei einem Klima-Check die Nase vorn: der kleine Biohof aus Oberbayern oder der große konventionelle Milchviehhalter aus Mittelfranken? Das Ergebnis überrascht und zeigt: Es gibt keinen Königsweg.

Von Jutta Schilcher, br

Bio-Landwirt Franz Bauer hat einen Milchviehbetrieb in Oberbayern. Seine Jungkühe grasen auf Almwiesen. So sollten Milchkühe gehalten werden, wenn es nach den Wünschen vieler Verbraucher geht. Die 27 Kühe von Bauer geben im Durchschnitt 6500 Liter Milch im Jahr.

Bei Landwirt Armin Nürnberger aus Mittelfranken, der 600 Kühe hält, ist die Milchleistung fast doppelt so hoch. Seine Lieblingskuh "Afrika" kommt auf 11.000 Liter. Eine Hochleistungszüchtung der Rasse Holstein Friesian - während beim Bio-Bauern Fleckvieh weidet. Welcher Betrieb hat die bessere Klimabilanz?

Immer mehr Molkereien bieten Klimarechner

In vielen Bundesländern gibt es schon Klima-Check-Angebote der Landwirtschaftsämter und -behörden für Landwirte. Außerdem seien schon einzelne Molkereien bei dem Thema vorgeprescht, sagt Agrarwissenschaftlerin Monika Zehetmeier von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL).

Tatsächlich bieten Molkereien wie Arla oder Hochland entsprechende PC-Programme an, die Landwirten helfen sollen, ihre Klimabilanz zu verbessern. In Niedersachsen gibt es die "Klimaplattform Milch": eine gemeinsame Datenbank der niedersächsischen Molkereien, in der die Daten des CO2-Bilanzierungstools "Agrar-Klima-Check" eingespeist werden. Mit dem Klima-Rechner, den Zehetmeier für die LfL entwickelt hat, hat sie die beiden ganz unterschiedlichen bayerischen Milchviehbetriebe verglichen.

Der "Große" punktet mit ausgeklügelter Technik

Beim Klima-Check kommt es nicht nur auf die Milchleistung an - da ist der Großbetrieb mit den Hochleistungskühen natürlich klar im Vorteil. Wichtig ist auch das Futter, das Armin Nürnberger zum Großteil aus der Region bezieht. Sein Soja kommt aus der EU und nicht aus Südamerika.

Außerdem positiv für die Klimabilanz: der konventionelle Landwirt nutzt Reststoffe, die in der Lebensmittelherstellung übriggeblieben sind - zum Beispiel Zuckerrübenschnitzel. Das Grundfutter besteht zu zwei Dritteln aus Gras. Und die Gülle kommt in die Biogasanlage, wo spezieller Stickstoffdünger extrahiert wird.

Armin Nürnberger

Landwirt Armin Nürnberger setzt auf ausgeklügelte Technik und perfektes Futtermanagement.

Der kleine Biobetrieb setzt auf "Low Input"

Franz Bauer versucht auf seinem kleinen Biohof in Oberbayern, den Aufwand so gering wie möglich zu halten. Seine Strategie: Low Input. Er betreibt keinen Ackerbau, und der Speiseplan seiner 27 Kühe ist sehr übersichtlich: Sie fressen zu 95 Prozent Gras - egal ob von der Weide, als Silage oder als Heu.

Auch auf seinem Hof gibt es Kreisläufe, die Pluspunkte im Klimarechner bringen: Der Mist seiner 900 Legehennen kommt in die Güllegrube - so hat er mehr Stickstoffdünger zur Verfügung und auch Phosphor, was beides oft knapp ist im Ökolandbau. Keine Punkte im Klimarechner, aber ein Mehrwert in Sachen Umweltschutz: Die Jungkühe sind auf der Alm quasi als Landschaftspfleger im Einsatz.

Franz Bauer

Biobauer Franz Bauer setzt auf "Low Input": it möglichst wenig Aufwand will er ein gutes Auskommen erzielen.

Der Großbetrieb gewinnt - aber nur knapp

Hightech gegen Low Input: Der Bio-Landwirt kommt im Klimacheck der Landesanstalt für Landwirtschaft auf einen Klima-Fußabdruck von knapp 1,1 Kilo an CO2 Äquivalenten, beim Fleisch sind es 8,65 Kilo. Sein Mitbewerber, der Großbauer aus Franken, hat am Schluss noch niedrigere und somit bessere Werte - wenn auch nur knapp: 1,04 Kilo bei der Milch und 8,28 beim Fleisch.

Damit schlägt der Große den Kleinen. Beide Landwirte sind am Schluss zufrieden - denn beide haben überdurchschnittlich gutes Ergebnis erzielt.

Außenaufnahme eines Kuhstalls

300 Kühe und eine Biogasanlage: der Großbetrieb von Armin Nürnberger in Mittelfranken.

Sehr gute Werte - im internationalen Vergleich

Auch Expertin Monika Zehetmeier von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft lobt die sehr guten Werte beider Höfe - vor allem beim Fleisch. "International sind wir beim Rindfleisch bei Werten zwischen 24 und 30 Kilo CO2-Äquivalenten und hier bei acht." Insofern haben beide Betriebe alles richtig gemacht - passend zu ihrer Betriebsgröße und ihrem Standort.

Entscheidend sei die Bereitschaft, sich Gedanken zu machen, wie in der Landwirtschaft Treibhausgase eingespart werden können - immerhin ist gerade die Rinderhaltung für einen Großteil der Emissionen in diesem Bereich verantwortlich. Die meisten landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland aber haben bisher noch gar keinen Klima-Check gemacht.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR Fernsehen am 06. August 2023 um 16:15 Uhr in der Sendung "Unser Land".