Kette will tiergerechter werden Aldi verbannt das Billigfleisch
Der Discounter Aldi hat angekündigt, ab 2030 nur noch Frischfleisch aus den höchsten Haltungsformen zu verkaufen. Der Tierschutzbund begrüßt den Schritt, Greenpeace spricht von einem "Meilenstein".
Aldi will bis 2030 komplett auf den Verkauf von Fleisch aus den höchsten sogenannten Haltungsformen drei und vier umsteigen. Das kündigten Aldi Nord und Süd heute gemeinsam an. Mit diesem Schritt wolle man Landwirten und Fleischverarbeitern Planungssicherheit für die Umstellung der Produktion geben.
Die Umstellung soll in Stufen geschehen: In diesem Jahr peilen die beiden Aldi-Konzerne beim Frischfleischverkauf zunächst einen Umsatzanteil von 15 Prozent von Ware aus den Haltungsformen drei und vier an. Bis 2026 soll er auf 33 Prozent steigen. Bereits bis 2025 will Aldi aus dem Verkauf von Fleisch der niedrigsten Stufe eins aussteigen. Bis 2030 soll die Umstellung komplett abgeschlossen sein.
Was die Haltungsformen bedeuten
Aldi und andere große Lebensmittelhändler hatten 2019 ein vierstufiges System der Haltungskennzeichnung eingeführt. Sie ist eine von der Lebensmittelwirtschaft selbst entwickelte Klassifizierung für Frischfleisch, Die erste Stufe "Stallhaltung" entspricht lediglich den gesetzlichen Anforderungen. In der Stufe 2 "Stallhaltung plus" gibt es für die Tiere unter anderem mehr Platz und zusätzliches Beschäftigungsmaterial.
Stufe 3 "Außenklima" garantiert den Tieren noch mehr Platz und Frischluft-Kontakt. Bei Stufe 4 "Premium" haben sie außerdem Auslaufmöglichkeiten im Freien, auch Biofleisch wird in diese Stufe eingeordnet. Dazu kommen noch Vorgaben etwa zur Fütterung, zu Beschäftigungsmaterial für die Tiere und zur Gesundheitsüberwachung.
Bislang wenig Fleisch aus guten Haltungsbedingungen
Verbraucher- und Tierschützer hatten wiederholt kritisiert, dass es kaum Fleisch der höheren Haltungsstufen zu kaufen gebe. Im Dezember des vergangenen Jahres hatte beispielsweise die Verbraucherzentrale Hamburg einen Marktcheck publiziert. Das Ergebnis lautete, das mehr als die Hälfte des Frischfleischangebots (51,1 Prozent), überwiegend Schwein und Rind, mit der Haltungsform Stufe 1 gekennzeichnet sei.
Diese Stufe entspreche dem gesetzlichen Mindeststandard, schreibt die Verbraucherzentrale. Aus Haltungsform 4 mit den besten Standards stammten demnach lediglich rund zehn Prozent des Angebots.
Klassifizierung kein Biosiegel
Verbraucherschützer weisen darauf hin, dass die Klassifizierung in die vierte Stufe kein Biofleisch-Siegel ist. Das Fleisch kann auch konventionell erzeugt sein, schreibt die Verbraucherzentrale. Auch sei die vierstufige Kennzeichnung des Handels kein Tierwohllabel und werde nicht flächendeckend für mehr Tierwohl in den Ställen sorgen.
Für verlässliche Aussagen zum Tierwohl müssten nach Ansicht der Verbraucherzentrale verhaltens- und gesundheitsbezogene Parameter wie beispielsweise Lahmen, Bissverletzungen und Organbefunde in der Tierhaltung und am Schlachthof systematisch erhoben und ausgewertet werden.
Lob vom Tierschutzbund
Der Deutsche Tierschutzbund begrüßte gleichwohl die Aldi-Ankündigung. Entscheidend werde jetzt sein, dass andere Handelsunternehmen diesem Schritt von Aldi folgten. Auch die Umweltschutzorganisation Greenpeace lobte die Entscheidung. Sie sei ein "Volltreffer" und ein "ambitionierten Plan". Er zeige der gesamten Branche den Weg auf.
Andere Ketten müssten nachziehen, aufgrund des klar kommunizierten Stufenplans erhielten auch die Landwirte und Landwirtinnen die notwendige Planungssicherheit für eine allmähliche Umstellung, so Greenpeace. Zugleich lege Aldis Offensive die "Versäumnisse der Politik" offen. Haltungsformen drei und vier müssten schnell zum gesetzlichen Standard gemacht werden.
Die Grünen-Politikerin Renate Künast wertete die Ankündigung als Beleg für Tatenlosigkeit von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) und die Agrarpolitik der Union. Diese würden erneut vom Lebensmittelhandel "überholt", erklärte die frühere Bundeslandwirtschaftsministerin. CDU und CSU verweigerten sich dabei der Realität, statt gemeinsam mit den Landwirten neue Perspektiven zu erarbeiten. Aldis Plan sei "ein mehr als deutlicher Fingerzeit", so Künast.