
Starkes Umsatzplus Nestlé will Preise weiter anheben
Nestlé-Produkte könnten 2023 noch teurer werden. Der größte Lebensmittelproduzent der Welt plant weitere Preissteigerungen. Gleichzeitig hat der Konzern das größte Umsatzplus seit 2008 geschafft.
Der weltgrößte Nahrungsmittelhersteller Nestlé hat weitere Preiserhöhungen angekündigt - auch in Deutschland. Der Konzern stehe hierzulande unter starkem Druck, sagte Deutschland-Chef Marc Boersch mit Blick auf die Inflationsrate von zehn Prozent im September. Den Preisschub versuche man mit Kosteneffizienz so gut wie möglich abzufedern.
"Wir drehen jeden Euro dreimal um, in den Werken, der Logistik und Verwaltung sowie auch bei den Werbeausgaben. Für Deutschland gehen wir davon aus, dass die Preise 2023 weiter steigen werden", so Boersch. Dabei werde man so verantwortungsvoll wie möglich vorgehen.
Preise bis September weltweit um 7,5 Prozent angehoben
Wegen der Inflation auf Rekordwert und Lieferkettenproblemen steigen in diesem Jahr weltweit die Einkaufs- und Rohstoffpreise: Neben Energie und Transport werden auch Verpackungen teurer. Angesichts der Gasknappheit haben sich etwa die Importe nach Deutschland so stark verteuert wie seit 48 Jahren nicht mehr. Im September stiegen sie um 32,7 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Viele Hersteller geben die höheren Kosten zumindest teilweise an die Kundschaft weiter, um die Verteuerung der Rohstoff-, Verpackungs-, Fracht- und Energiekosten abzufedern.
So hob Nestlé als wohl bekanntester Lebensmittel-Multi seine Preise bereits im ersten Halbjahr im weltweiten Durchschnitt um 6,5 Prozent an. In den ersten neun Monaten waren es nach Unternehmensangaben 7,5 Prozent mehr, was der Konzern von den Händlern verlangte. Die Verhandlungen zwischen den Herstellern und dem Einzelhandel sorgen schon länger für Konflikte. So kommt es teilweise zu Auslistungen und Lieferstopps - wie bei Mars-Produkten. Außerdem müssen die Haushalte immer tiefer in die Tasche greifen. Die Verbraucherpreise in der Eurozone kletterten im September um 9,9 Prozent und beschleunigten sich damit noch schneller als zuletzt, wie das Statistikamt Eurostat heute berichtete.
"Wir haben ein starkes organisches Wachstum erzielt und die Preise inflationsbedingt in verantwortungsvoller Weise weiter angepasst", erklärte Nestlé-Chef Mark Schneider. Das schwierige wirtschaftliche Umfeld bereite vielen Menschen Sorgen und beeinträchtige ihre Kaufkraft. "Deshalb legen wir Wert darauf, unsere Produkte erschwinglich und zugänglich zu halten." Trotz der höheren Preise waren Tierfutter, Nespresso-Kapseln und Süßigkeiten bei den Kunden weiter gefragt.
Größtes Umsatzplus seit 14 Jahren
Dadurch konnte Nestlé in diesem Jahr kräftig wachsen, wie der Produzent von KitKat, Perrier, Purina-Katzenfutter oder San-Pellegrino-Wasser heute mitteilte. Die Schweizer setzten weltweit von Januar bis September 69,1 Milliarden Franken (70,4 Milliarden Euro) um. Aus eigener Kraft, also Zukäufe und Wechselkurseffekte herausgerechnet, betrug das Umsatzplus 8,5 Prozent. Solch eine organische Steigerung schaffte Nestlé seit 14 Jahren nicht mehr. Die Mengensteigerungen lagen bei 1,0 Prozent.
Den größten Beitrag zum Wachstum lieferten Heimtierprodukte, aber auch die Geschäfte mit Kaffee sowie Säuglings- und Babynahrung wuchsen kräftig. Im Vergleich zum ersten Halbjahr hat Nestlé damit das Wachstumstempo gesteigert. Im dritten Quartal allein erreichte es 9,3 Prozent. Für das Gesamtjahr zeigte sich das Unternehmen global nun zuversichtlicher und stellt ein Umsatzwachstum aus eigener Kraft von um die acht Prozent in Aussicht. Zuvor lautete das Ziel sieben bis acht Prozent. Das hat vor allem mit den Preiserhöhungen zu tun.
Bremsend hätten dagegen die anhaltenden Lieferkettenprobleme gewirkt. Gewinnzahlen legt der Konzern jeweils nur zum Halbjahr und zum Jahresende vor. Indes kündigte Nestlé heute auch die Übernahme von Seattle's Best Coffee von Starbucks an. Die Kaffee-Marke vertreibt ganze Bohnen, gerösteten und gemahlenen Kaffee an die Gastronomie und den Einzelhandel.