
Inflation und Löhne Tankkarten für das Team
Angesichts der hohen Inflation gewähren manche Unternehmen ihren Beschäftigten bestimmte steuerfreie Extras. Aber lässt sich die Teuerung so wirklich dauerhaft abmildern?
Die Verbraucherpreise steigen seit Monaten immer weiter an - zwar zuletzt nicht mehr so stark wie von Experten befürchtet, aber dennoch ist die Inflationsrate so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Im Juli 2022 lag die Teuerung bei 7,6 Prozent, wodurch sich auch das Kaufverhalten der Deutschen stark verändert hat: Seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs wird noch genauer auf jeden Cent geschaut. Auch die Unternehmen merken, dass die Mitarbeiter spürbar unter der hohen Inflation in Deutschland leiden - weswegen manche Betriebe sie mit steuerfreien Sonderzahlungen unterstützen.
So wie der Unternehmer Philipp Eckelmann, Vorstandsvorsitzender der Eckelmann AG aus Wiesbaden, die auf Automatisierung in der Industrie spezialisiert ist. Gemeinsam mit der Personalabteilung hat er sich Gedanken gemacht, wie er seinen Mitarbeitern so unter die Arme greifen kann, dass möglichst ein Großteil der Zahlungen steuerfrei bei ihnen ankommt: "Lohnerhöhungen würden wieder zum Teil durch Sozialversicherung und Steuern aufgefressen werden. Deswegen haben wir uns für einen Sachbezug entschieden."
Das Unternehmen überweist monatlich 50 Euro auf die Firmenkreditkarte der Mitarbeiter. Die 50 Euro kommen, abgesehen von kleinen Gebühren, komplett bei den Mitarbeitern an. Das Geld kann in allen Geschäften ausgegeben werden, die diese Kreditkarte akzeptieren.
Wenn der Chef das private Handy zahlt
Die Höhe der sachbezogenen Leistungen spielt aus steuerlicher Sicht eine wichtige Rolle: Sobald die Bezüge die 50-Euro-Grenze überschreiten, müssen die Beträge nämlich versteuert werden. Und sie können laut Eckelmann auch nicht bar ausgezahlt werden, da es sich sonst nicht mehr um einen Sachbezug handelt.
Auch Stefan Füll, ehrenamtlicher Präsident des hessischen Handwerkstages und Inhaber einer Malerfirma, unterstützt seine Mitarbeiter in Zeiten der steigenden Inflation. Die Angestellten der Malerfirma haben unter anderem die Möglichkeit, eigenes Material über die Firma zu beziehen, wenn sie es für private Renovierungsarbeiten benötigen. Zudem stellt die Malerfirma pro Monat eine Tankkarte im Wert von 50 Euro zur Verfügung, die von den Angestellten sozialversicherungs- und zuschlagsfrei genutzt werden kann.
Es werde auch an neuen Lösungen gearbeitet, um zum Beispiel die Kosten der privaten Handys der Angestellten zu übernehmen, wenn das auch dienstlich genutzt wird. "Wir werden die Inflation nicht komplett ausgleichen können, aber wir müssen natürlich schauen, dass wir die jungen, guten Mitarbeiter, auch halten können. Beide Seiten sind an einer guten Lösungen interessiert", sagt Füll.
"Inflation ist gekommen, um zu bleiben"
Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, befürchtet jedoch, dass die Teuerung noch zunehmen könnte. Er sieht die Wirtschaft vor einem schweren Winterhalbjahr: "Ich gehe davon aus, dass die Inflation in den kommenden Monaten weiter steigen wird." Denn der Tankrabatt und das Neun-Euro-Ticket laufen im September aus: "Allein dadurch steigt die Inflation um einen Prozentpunkt."
Hinzu kommt die in dieser Woche beschlossene Gasumlage in Höhe von 2,4 Cent pro Kilowattstunde, die von den Verbrauchern ab Herbst gezahlt werden muss. Dies könnte laut Krämer die Inflation um einen weiteren Prozentpunkt erhöhen, sodass er im November mit einer Inflationsrate von deutlich über neun Prozent rechnet.
Eine zeitnahe Entspannung der Lage sieht er nicht. "Mittlerweile haben wir es mit einer breit angelegten Inflation und einem langjährigen Inflationsproblem zu tun. Die Inflation ist leider gekommen, um zu bleiben", befürchtet der Volkswirt.
"Goodies" als Teile des Arbeitsvertrags?
Auch wenn wegen der hohen Inflationsrate das wirtschaftliche Umfeld von einer großen Unsicherheit geprägt ist - Oliver Settes, Leiter des Bereichs Arbeitsmarkt und Arbeitswelt beim arbeitgebernahen Institut der Deutschen Wirtschaft (IW), hält es für sinnvoll, dass Unternehmen statt auf Lohnerhöhungen auf Einmalzahlungen setzen. "Diese können nicht nur Reallohneinbußen bei den eigenen Beschäftigten abmildern, sondern beteiligen sie an den hoffentlich existierenden wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens, ohne dauerhaft kostenrelevant zu werden", so Stettes. Gewerkschaften hingegen argumentieren in die entgegengesetzte Richtung und fordern deutliche Lohnerhöhungen der Arbeitgeber, da die Inflation kein vorübergehendes Phänomen sei.
Nach Einschätzung von IW-Experte Settes müssen sich Arbeitgeber und Beschäftigte darüber im Klaren sein, wo derartige "Goodies" Teile des Arbeitsvertrags und damit regelmäßig geleistet werden müssen - und wo es sich um eine freiwillige, einmalige Leistung handelt. Sollte es, wie von vielen Ökonomen befürchtet, im Winter zur Rezession kommen, dürfte es immer mehr Firmen schwer fallen, ihren Mitarbeitern einen derartigen Bonus zu gewähren.