Aiways-Batteriefabrik im chinesischen Changshu

Markt für Elektroautos Chinas Start-ups greifen an

Stand: 20.04.2021 12:13 Uhr

Im wachsenden Geschäft mit E-Autos ist die Konkurrenz der westlichen Konzerne groß - doch chinesische Hersteller holen auf. Einige wenige wagen sich sogar nach Deutschland.

Von Steffen Wurzel, ARD-Studio Shanghai

Eine Batteriefabrik in Changshu, knapp 100 Kilometer nördlich von Shanghai. Die chinesische E-Auto-Firma Aiways lässt hier die Akkus für ihren Elektro-SUV namens U5 zusammenbauen. Roboter setzen an einem Förderband die Einzelteile zusammen. Die Akkupakete haben eine Kapazität von bis zu 63 kWh, damit kommen die Autos von Aiways nach Herstellerangaben 400 Kilometer weit.

Nur einige wenige Arbeiterinnen und Arbeitern stehen am Förderband. Ein Großteil der Arbeitsschritte läuft automatisch, erklärt der leitende Ingenieur Wu Lunbin. "Zur Zeit benötigen wir neun Minuten und 44 Sekunden, um ein Akkupaket für ein Auto zu fertigen", sagt er. "Wir werden unsere Produktionskapazität aber noch weiter ausbauen, das wird das Tempo weiter erhöhen."

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Viele Pleiten und Übernahmen

Neben Aiways geben sich auch die anderen chinesischen Elektroauto-Start-ups selbstbewusst. Von ursprünglich Hunderten kleiner Firmen sind nach Pleiten und Übernahmen rund zehn übrig geblieben, die nun tatsächlich marktreife Elektroautos auf die Straßen gebracht haben. Sie heißen zum Beispiel Li Auto, Xiaopeng, Weltmeister und Nio. Auch wenn die Absatzzahlen dieser Firmen noch sehr gering sind im Vergleich zu den etablierten, internationalen großen Automarken: Die E-Auto-Start-ups haben den Automarkt in China kräftig aufgemischt, sagt Zeng Zhilin, Gründer der Shanghaier Unternehmensberatung LMC Automotive.

"Diese E-Auto-Start-ups sind durch und durch digital. Sie sind mutig und trauen sich was, was den Vertrieb der Autos angeht und beim Einsatz neuer Technologien", sagt Zeng. "Die E-Auto-Start-ups wie Nio kombinieren klassische Auto-Technik und neue Software auf eine Art, wie es die traditionelle Konzerne nicht schaffen."

"Schwierigster Markt überhaupt"

In den wohlhabenden Städten entlang der chinesischen Küste gehören die hippen Elektro-SUVs der Startup-Firmen bereits zum normalen Straßenbild. Ins Ausland, genauergesagt nach Europa, trauen sich bisher nur wenige. Das Shanghaier Unternehmen Aiways zum Beispiel versucht es. Es verkauft seine geländegängigen Elektro-Limousinen auch in Deutschland, für knapp unter 30.000 Euro, rechnet man den staatlichen E-Auto-Bonus mit ein.

"Wir wollen unsere Geschäfte von Europa aus starten, weil das der schwierigste Markt überhaupt ist," sagt Aiways-Firmengründer Fu Qiang. "Wenn wir in Europa überleben, dann schaffen wir es überall. Und damit zeigen wir auch unserer Kundschaft innerhalb Chinas: Schaut her, wir haben das Zeug, unsere Produkte in Europa zu verkaufen - wir bauen qualitativ hochwertige Autos."

Fu Qiang

Aiways-Gründer Fu Qiang will seine Autos in Deutschland über das Internet verkaufen.

Für neue Autohersteller ist ein Markteintritt in Deutschland kompliziert: Es herrscht große Konkurrenz, hoher Preisdruck, deutsche Kundinnen und Kunden gelten als wenig experimentierfreudig. Und: Es ist aufwendig und teuer, ein deutschlandweites Vertriebsnetz aufzubauen. Letzteren Punkt umgeht Aiways einfach: Das Shanghaier Unternehmen vertreibt seine Autos in Deutschland online und über eine Unterhaltungselektronikkette, die sonst Fernseher und Computer verkauft.

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Kooperation mit Werkstattkette

Für Inspektionen und Reparaturen werden Aiways-Kunden an die bundesweit aktive Werkstattkette Auto-Teile-Unger, kurz ATU, verwiesen, erklärt Aiways-Firmengründer Fu Qiang. "Genügend Standorte in Deutschland hat ATU. Die brauchen auch keine neue Ausrüstung oder neue Mechaniker für unsere Autos. Das einzige, was sie brauchen, ist die genaue Anleitung, wie unseren Autos gewartet werden."

Was die Zahl der produzierten Neuwagen angeht, holen die E-Auto-Start-ups zwar auf, sie liegen aber nach wie vor weit hinter den etablierten, großen Autoherstellern. So nimmt man sich bei Aiways vor, dieses Jahr mindestens 10.000 Autos außerhalb Chinas zu verkaufen. Zum Vergleich: Der Volkswagen-Konzern hat vergangenes Jahr rund 4,2 Millionen Autos verkauft - allein in China.

Steffen Wurzel, Steffen Wurzel, ARD Shanghai, 20.04.2021 12:13 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 20. April 2021 um 12:35 Uhr.