Michael Odenwald

DB-Führungsspitze Bahn-Chefkontrolleur tritt zurück

Stand: 23.06.2022 18:47 Uhr

Der Aufsichtsratschef der Deutschen Bahn, Michael Odenwald, hört vorzeitig auf. Das gab er nach dem beschlossenen Umbau des Bahn-Vorstands bekannt - und Äußerungen des Verkehrsministers zum Sanierungsstau im Konzern.

Die Deutschen Bahn verliert überraschend ihren bisherigen Chefkontrolleur. Aufsichtsratschef Michael Odenwald gab heute seinen Rücktritt zum 1. Juli bekannt. Sollte bis zum Weggang Odenwalds kein Nachfolger gefunden werden, wird zunächst sein bisheriger Stellvertreter, der Chef der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Klaus-Dieter Hommel, den Vorsitz des Aufsichtsrats übernehmen.

Der 64-jährige Jurist leitete das Kontrollgremium seit April 2018 und war noch bis März 2025 bestellt. Er ist seit 2012 Mitglied des Aufsichtsrates. "Nach zehnjähriger Arbeit im Aufsichtsrat ist es Zeit für einen Wechsel", teilte Odenwald nach der heutigen Aufsichtsratssitzung mit, ohne nähere Gründe für sein Ausscheiden zu nennen.

Ärger über eine Pressekonferenz?

Nach einem Bericht des "Spiegel" soll Odenwald wegen einer Pressekonferenz von Bahn-Chef Richard Lutz und Verkehrsminister Volker Wissing verärgert gewesen sein. Lutz und Wissing hatten gestern ein neues Konzept vorgestellt, wie das marode Schienennetz der Bahn von 2024 bis 2030 grundlegend saniert werden soll.

Wissing hatte dabei kritisiert, die Infrastruktur sei "jahrelang vernachlässigt und durch Unterfinanzierung und politische Versäumnisse an ihre absolute Grenze gebracht worden". Der FDP-Minister kündigte an, die Bahn intensiver zu beaufsichtigen und die Interessen des Bundes als Bahn-Eigentümer künftig stärker gegen den Aufsichtsrat durchzusetzen - obwohl der Bund dort selbst vertreten ist.

Ein ICE am Münchner Hauptbahnhof

Ab 2024 sollen zehn Prozent des Schienennetzes generalsaniert werden. mehr

Zuvor hatte der DB-Konzern einen Umbau des Bahn-Vorstands angekündigt. Zwei neue Mitglieder rücken in den Vorstand auf: die 49-jährige Evelyn Palla und der 51-jährige Michael Peterson. Palla ist die dritte Frau im achtköpfigen Führungsgremium der Bahn. Ein Umbau der Konzernspitze war nach dem vorzeitigen Abgang des Infrastrukturvorstands Ronald Pofalla nötig geworden. Der frühere CDU-Politiker arbeitet jetzt für einen Immobilienkonzern.

Huber übernimmt das Infrastruktur-Ressort

Nachfolger von Pofalla wird ab dem 1. Juli der bisherige Personenverkehrsvorstand Berthold Huber. "Herr Huber arbeitet seit über 20 Jahren für die Deutsche Bahn“, sagte Aufsichtsratschef Odenwald. Für Huber als neuer Infrastruktur-Chef hatte sich unter anderem die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) ausgesprochen.

Berthold Huber, Vorstand Personenverkehr Deutsche Bahn AG

Neuer Vorstand für die Infrastruktur: Berthold Huber, bislang zuständig für den Personenverkehr.

Als Infrastruktur-Vorstand muss der 58-Jährige nun die dringendste Aufgabe im Bahnkonzern angehen: die Sanierung des maroden Streckennetzes. Von 2024 an sollen die wichtigsten Korridore generalüberholt werden, jedes Jahr zwei bis drei dieser Abschnitte. Noch sind allerdings viele Fragen offen.

Die Deutsche Bahn leidet zunehmend an den Folgen ihres überlasteten Netzes mit kaputten Weichen, veralteten Stellwerken und vielen Baustellen. Wegen der Probleme häufen sich die Verspätungen.

Logo der Deutschen Bahn an der Konzernzentrale

Der Bahn droht langfristig die Zerschlagung, wenn die von der Koalition geplante Trennung von Netz und Betrieb kommt. mehr

Personenverkehr wird in zwei Bereiche aufgeteilt

Hubers bisheriger Zuständigkeitsbereich Personenverkehr wird künftig aufgeteilt in ein Regional- und ein Fernverkehrsressort. Um den Regionalverkehr kümmert sich künftig Evelyn Palla, die bisherige Finanzchefin der Bahn-Tochter DB Fernverkehr. Der bisherige DB-Fernverkehrschef Michael Peterson übernimmt im Vorstand die Verantwortung für den Fernverkehr. Das neue Führungteam sei "jünger und weiblicher als je zuvor", erklärte Bahnchef Lutz.

Palla muss unter anderem klären, wie es mit dem Neun-Euro-Ticket weitergeht. Die Fahrkarte, die es noch bis September gibt, hat bei der Bahn für einen Ansturm auf die Regionalzüge gesorgt. Über 16 Millionen Tickets wurden verkauft.