EU-Fördergelder eingefroren Ungarn wird für Defizit abgestraft

Stand: 13.03.2012 21:28 Uhr

Es ist eine einmalige Strafmaßnahme: Als erstes EU-Land droht Ungarn der Verlust von Fördergeldern aus Brüssel. Der Grund: Budapest spart nicht genug. Eine halbe Milliarde Euro liegen deshalb erstmal auf Eis. Mit neuen Sparbeschlüsse bis Juni könnte Ungarn das Blatt noch wenden.

Die EU entzieht Ungarn als Strafe für seine unsolide Haushaltspolitik knapp eine halbe Milliarde Euro Fördergelder, falls Budapest bis Juni keine weiteren Sparmaßnahmen präsentiert. Die Mittel sollen in diesem Fall vom 1. Januar 2013 an eingefroren werden, beschlossen die EU-Finanzminister mit großer Mehrheit. Damit verliert Ungarn als erstes EU-Land wegen eines zu hohen Defizits Geld aus dem sogenannten Kohäsionsfonds, mit dem vor allem Umwelt- und Verkehrsprojekte finanziert werden sollen.

Der Schritt soll die rechtskonservative Regierung von Viktor Orban disziplinieren. "Dies ist ein deutlicher Anreiz für Ungarn, eine nachhaltige und gesunde Haushaltspolitik zu verfolgen", sagte EU-Währungskommissar Olli Rehn. Zugleich beschlossen die Ressortchefs neue Empfehlungen an Budapest, um das Defizit in den Griff zu bekommen.

Ungarn sieht noch alle Chancen

Ungarn betonte, das Land wolle die Sanktionen möglichst noch abwenden. "Wir haben alle Chancen, dass wir die auch von uns akzeptierten Bedingungen erfüllen", zitierte die amtliche Nachrichtenagentur MTI Wirtschaftsminister György Matolcsy. Ungarn sei bereit, sein Budgetdefizit in dem von der EU gewünschten Tempo und Ausmaß zu reduzieren.

Das Land unternimmt nach Ansicht der EU-Partner zu wenig, um sein Haushaltsloch in den Griff zu bekommen. Die Regierung konnte das Defizit 2011 nicht entsprechend der EU-Empfehlungen unter den Wert von 3,0 Prozent des Bruttoinlandsproduktes senken - es verharrt nach EU-Berechnungen bei 6,0 Prozent. Seit seinem EU-Beitritt im Jahr 2004 hält Budapest die Maastricht-Obergrenze nicht ein.

Innerhalb der EU umstritten

Auch die jüngsten Sparschritte - wie der Transfer von Geldern aus der Rentenkasse in den Staatshaushalt - treffen auf Kritik in Brüssel. "Die Maßnahmen Ungarns wurden nicht als ausreichend angesehen", sagte Rehn. Die EU-Kommission hatte den Vorschlag für den harten Schritt gemacht. Unter den Ministern waren die Pläne umstritten. "Wir haben lange über den Vorschlag der Kommission diskutiert", sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Deutliche Kritik übte Österreichs Ressortchefin Maria Fekter. Mit Blick auf den milderen Umgang mit Defizitsünder Spanien, dem die Euro-Finanzminister am Vorabend beim Defizitziel entgegen gekommen waren, sagte Fekter, sie habe "das Gefühl, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird".

Mit der Drohung der EU stehen für Ungarn 495 Millionen Euro, 29 Prozent der für 2013 vorgesehenen Fördergelder, auf dem Spiel. Dabei droht dem Land nach der neuesten Prognose der Organisation für wirtschaftlichen Zusammenarbeit und Entwicklung ein BIP-Rückgang um 0,6 Prozent. Bereits genehmigte Projekte sind laut EU-Kommission nicht betroffen.

Streit auf vielen Feldern

Mit der Regierung Orban gibt es zudem Streit um die Wahrung der Grundrechte. Die EU-Kommission sieht die Unabhängigkeit der Nationalbank sowie der Justiz gefährdet und hat Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn eingeleitet. Brüssel verlangt von der Regierung Gesetzesänderungen. Wegen der extremen Haushaltsschieflage bemüht sich Budapest seit Monaten um einen neuen Kredit des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der EU.