Ein Bahnmitarbeiter prüft die Kupplung zwischen zwei Güterwaggons

Digitales Kupplungssystem Ausgekuppelt - dank DAK

Stand: 19.01.2022 17:21 Uhr

Was im Personenverkehr der Bahn lange schon funktioniert, soll jetzt auch beim Güterverkehr kommen: automatisch gekuppelte Züge. Heute startete eine Testfahrt in Berlin.

Von Mit Informationen von Lothar Lenz, ARD-Hauptstadtstudio

Bei der Digitalisierung des Güterverkehrs ist Europa heute ein Stück weiter gekommen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat am Berliner Westhafen einen neuartigen Güterzug auf die Reise geschickt, der vollständig mit der Digitalen Automatischen Kupplung (DAK) ausgerüstet ist. Das bedeutet, seine Waggons können automatisch gekuppelt werden. Das System gilt als Hoffnungsträger bei der Frage, wie der Güterverkehr auf der Schiene schneller, effizienter und vor allem günstiger abgewickelt und die Klimaziele im Verkehrssektor eingehalten werden können.

"Tatsächlich ist es Europa als einzigem Kontinent nicht gelungen, im Laufe der letzten Jahrzehnte eine automatische Kupplung einzuführen", erklärte Wissing bei der Verabschiedung des Zuges. Das werde sich jetzt ändern: Bis zum Jahr 2030 soll das neue Kupplungssystem für Güterzüge europaweit eingeführt werden und den Transport auf der Schiene leistungsfähiger machen. Im Moment liegt der Marktanteil der Bahn hier noch unter 20 Prozent.

Verkehrsminister Wissing und die Bahnvorstände Nikutta und Gerd tom Markotten vor einer alten manuellen Kupplung

Verkehrsminister Wissing (r.) steht mit den Bahnvorständen Nikutta (m.) und Gerd tom Markotten (l.) an einem Zug mit einer alten manuellen Kupplung.

Milliardenprojekt wird schon lange getestet

In den vergangenen Jahren waren zunächst verschiedene Kupplungstypen auf Teststrecken und Rangierbahnhöfen ausprobiert worden. Nun geht das Projekt in die nächste Phase. Bis Ende dieses Jahres soll es abgeschlossen sein. "Wir könnten schon in den Jahren 2023 oder 2024 mit der Einführung beginnen", stellte das Digital-Vorstandsmitglied der Deutschen Bahn, Daniela Gerd tom Markotten, in Aussicht. Bis 2030 könnten demnach sämtliche knapp 500 000 Güterwaggons in Europa entsprechend umgerüstet sein.

Voraussetzung aus Sicht der Bahn ist, dass die EU bis dahin die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen schafft. Bis zu 8,6 Milliarden Euro könnte der Umbau der europäischen Waggonflotte kosten. "Das können die Unternehmen nicht alleine stemmen", betonte Gerd tom Markotten. Allein in Deutschland soll die Umrüstung aller Güterwaggons rund anderthalb Milliarden Euro kosten.

Der EU-Kommissionsvertreter in Berlin, Jörg Wojahn, gab sich zuversichtlich, dass die EU im Laufe des Jahres die technischen und finanziellen Voraussetzungen für dieses Ziel schafft. Bei der Finanzfrage sieht er aber auch die Einzelstaaten sowie die Industrie in der Pflicht; es sei jedoch eine Investition, die sich am Ende rechnen werde.

Bahnvorstand Nikutta steht an einer automatischen Kupplung

Bahnvorstand Nikutta steht an einer automatischen Kupplung. Das System soll Schwerstarbeit unnötig machen.

Kuppeln ist derzeit noch Schwerstarbeit

Im Personenverkehr gibt es automatische Kupplungen schon lange. ICE oder Regionalzüge können sich auf Knopfdruck miteinander verbinden. Nur die Güterwaggons der Bahn werden noch gekuppelt wie vor 100 Jahren: Rangierarbeiter müssen zwischen die Puffer klettern, eine schwere Stahlöse in einen Haken wuchten, einen Gewindebolzen festziehen und dann noch die Druckluftleitungen der Zugbremse verbinden; geschätzte 70.000 Mal passiert das am Tag.

Automatische Kupplungen sollen diese Schwerarbeit künftig schneller und digital gesteuert übernehmen. Dass die neue Technik auch auf starken Steigungen sicher funktioniert, soll der Testzug der Deutschen Bahn in der Schweiz und in Österreich belegen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete B5 aktuell am 19. Januar 2022 um 20:08 Uhr.