Neuer Streit zwischen Koalition und Opposition "Die Finanztransaktionssteuer kommt nicht so schnell"

Stand: 11.06.2012 08:34 Uhr

Eine europaweite Finanztransaktionssteuer ist die zentrale Forderung von SPD und Grünen, um dem EU-Fiskalpakt zuzustimmen. Doch in dieser Legislaturperiode werde daraus nichts, sagte Finanzminister Schäuble im Bericht aus Berlin. Die Opposition kritisierte Schäubles Äußerungen scharf.

Koalition und Opposition streiten sich trotz einer Einigung auf Eckpunkte weiter über den Weg zu einer Finanztransaktionssteuer. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble rechnet nach eigenen Worten nicht damit, dass eine europaweite Steuer noch vor der kommenden Bundestagswahl 2013 eingeführt wird. "Eine europäische Steuer wird nicht so schnell zustande kommen", sagte er im Bericht aus Berlin.

Zwar wolle die Bundesregierung grundsätzlich, dass alle Finanztransaktionen besteuert werden. Dies brauche allerdings seine Zeit. Das sei auch Sozialdemokraten und Grünen klar, ergänzte der CDU-Politiker.

Eine Arbeitsgruppe von Opposition und Koalition hatte sich grundsätzlich auf eine solche Steuer geeinigt. Diese ist eine der Voraussetzungen dafür, dass die Opposition im Bundestag dem europäischen Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin zustimmt.

Wegen der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat ist die Koalition bei der Verabschiedung des Vertragswerks auf die Stimmen der Opposition angewiesen.

"Das übliche taktische Spiel"

Schäuble geht allerdings davon aus, dass die Opposition den Fiskalpakt nicht scheitern lässt: "Es ist das übliche innenpolitische taktische Spiel, aber niemand wird die Verantwortung übernehmen, ihn scheitern zu lassen." Zugleich verwahrte er sich gegen Forderung einzelner SPD-regierter Bundesländer, der Bund müsse die aus dem Pakt resultierenden Kosten - etwa bei Strafzahlungen - komplett übernehmen.

Es müsse über alle Fragen im Bund-Länder-Verhältnis offen miteinander geredet werden, auch über die Finanzausstattung der Kommunen. Die Gespräche über den Fiskalpakt seien dazu aber nicht die Gelegenheit. Die Bundesländer müssten darauf achten, "dass sie sich nicht dem Verdacht aussetzen, sie würden eine günstige Gelegenheit suchen".

Gabriel: "Wir brauchen klare Ideen"

SPD-Chef Sigmar Gabriel bekräftigte im Bericht aus Berlin seine Forderung nach einer Finanztransaktionssteuer. Was die Union am Wochenende getan habe, sei das Gegenteil von vertrauenswürdigem Verhandeln. "Sie hat all das, was sie am Freitag unterzeichnet hat, am Wochenende wieder in Frage gestellt", kritisierte er. Er bestehe auf einem entsprechenden Kabinettsbeschluss für eine Finanztransaktionssteuer: "Wir brauchen klare Ideen und umsetzbare Konzepte, wie wir vorankommen bei der Regulierung der Finanzmärkte."

Zugleich erneuerte der SPD-Chef seine Forderung nach Wachstumsimpulsen für die Wirtschaft in Europa - "aber nicht auf Pump".

Trittin: Zeitplan droht sich zu verschieben

Der Fraktionschef der Grünen im Bundestag, Jürgen Trittin, drohte damit, dem Fiskalpakt nicht zuzustimmen, wenn die Regierung sich nicht an die Absprache zur Finanztransaktionssteuer halte. "Anscheinend rückt die Koalition wieder von der einzigen Einigung ab, die es bisher gab", sagte er dem "Handelsblatt". "Wenn Union und FDP die Einigung vom Donnerstag wieder in Frage stellen, verschiebt sich eben der Zeitplan für die Zustimmung zum Fiskalpakt", sagte Trittin weiter. Offenbar stehe man bei den Verhandlungen doch noch ganz am Anfang.