Popstar Prince
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Ermittlungen des FBI Starb Prince an gefälschtem Medikament?

Stand: 16.05.2017 09:40 Uhr

Etwa 5500 Menschen sterben pro Jahr in den USA an einer Überdosis Fentanyl. Fälscher verarbeiten den tödlichen Wirkstoff zu Tabletten, die bekannten Schmerzmitteln ähneln. Nun prüft das FBI, ob auch der Popstar Prince durch ein gefälschtes Medikament starb.

Von Daniel Harrich und Patricius Mayer, BR

Ein Arzt soll dem US-Popstar Prince eine Kombination aus Paracetamol und dem Opioid Hydrocodon verschrieben haben. In seinem Körper fand sich allerdings eine tödliche Überdosis Fentanyl. Deshalb prüft die amerikanische Ermittlungsbehörde FBI, ob der Popstar Prince durch ein gefälschtes Schmerzmittel ums Leben kam.

Das Fentanyl war in Pillen enthalten, die auf seinem Anwesen sichergestellt wurden. Laut Aufdruck enthielt die Packung die ärztlich verordnete Wirkstoffkombination aus Paracetamol und Hydrocodon, tatsächlich handelte es sich um das Tod bringende Fentanyl. Das FBI ermittelt nun, woher Prince die gefälschten Schmerzmittel erhalten hat.

Fentanyl

Fentanyl gilt als eines der stärksten Schmerzmittel der Medizin. Es kommt in der Anästhesie und hauptsächlich bei der Behandlung schwerstkranker Patienten mit chronischen Schmerzen zum Einsatz. Der synthetische Wirkstoff wirkt 100 Mal stärker als Morphium. Bereits der Kontakt über die Haut kann zu einer körperlichen und psychischen Abhängigkeit führen.

Autopsie wies hohe Dosis Fentanyl nach

"Die Autopsie hat gezeigt, man hätte diese Dosis nicht nur einem geben können, sondern auf drei Rugby-Spieler aufteilen können. Die Dosis war so hoch, dass niemand so etwas überlebt hätte, ohne rechtzeitige medizinische Hilfe", berichtet Jim Linfelder. Der Journalist war mit einem der ersten Reporter-Teams vor Ort in Paisley Park und berichtete auch in den Folgewochen. "Prince war ein intelligenter Mensch. Er hätte nie eine so hohe Dosis Fentanyl eingenommen, weil er gewusst hätte, dass er das nicht überleben würde."

Der Tod des weltberühmten Musikers am 21. April 2016 war für seine Millionen Fans, aber auch für Freunde und Bekannte völlig überraschend gekommen. Der Leichnam des Musikers wurde in einem Fahrstuhl auf seinem Anwesen Paisley Park in Minnesota entdeckt. Prince war erstickt. Seit Jahren litt der Musiker unter starken Hüftschmerzen. Nach seinem plötzlichen Tod wurde bekannt, was Prince vor der Öffentlichkeit verbergen konnte: Ausgerechnet der Künstler, der weder Drogen noch andere Rauschmittel konsumierte, hatte wegen der Schmerzen über lange Zeit opiathaltige Schmerzmittel genutzt, die zur Abhängigkeit führten.

Fentanyl in Fälschungen gängiger Medikamente

Das Fentanyl, an dem auch Prince starb, wird laut der amerikanischen Drogenermittlungsbehörde (DEA) von chinesischen Pharma-Unternehmen produziert. Der Wirkstoff gelangt illegal nach Kanada, in die USA und nach Mexiko. Medikamentenfälscher verarbeiten den Wirkstoff zu Kapseln und Tabletten, die äußerlich etwa wie die in den USA weit verbreiteten "Norco" oder "Watson 365" und andere gängige Schmerzmitteln aussehen.

Zwischen Januar und März 2016 befand sich der potentiell tödliche Wirkstoff auch in Fälschungen von Xanax. Neun Menschen starben allein durch diese gefälschten Angstlöser. Die in den USA sichergestellten Fälschungen von Xanax enthielten bis zu 6mg Fentanyl - dabei lähmen bereits mehr als 2mg die Atemmuskulatur und führen zum Tod.

Denn "Fentanyl wirkt einhundertfach stärker und ist zwanzigmal billiger als Morphium", so Dr. Marc Meyer, Chefarzt und Entzugsspezialist an der Hazelden-Betty-Ford-Klinik. Die Fälscher nutzen ihm zufolge das Fentanyl und machen daraus Medikamente, die aussehen wie reguläre mittelstarke Schmerzmittel bestehend aus Paracetamol und dem Opioid Hydrocodon - beispielsweise Percocet, Vicodin, Oxycodon - oder auch nicht opioide Tabletten, wie den Angstlöser Xanax. "Den Leuten werden Tabletten verkauft, von denen sie glauben, dass sie nach gewissen Qualitätsstandards hergestellt und geprüft wurden, aber stattdessen kaufen sie ein völlig anderes Produkt", so Meyer. "Sie kaufen es im Internet oder auf der Straße: Es sieht genauso aus wie das Original-Medikament, aber statt dem tatsächlichen Wirkstoff ist Fentanyl enthalten."

Verstrickungen der Mafia

Viele der chinesischen Produktionsstätten, von denen die Medikamentenfälscher das Fentanyl beziehen, produzieren den synthetischen Wirkstoff legal im Auftrag für internationale Pharma-Unternehmen und beliefern damit den Weltmarkt. Ein Großteil der mexikanischen Produktionsstätten, die das Fentanyl beziehen, befinden sich laut Jahresbericht der amerikanischen Drogenermittlungsbehörde DEA 2016 fest in Händen der mexikanischen Drogenmafia.

Diese streckt einerseits ihr Heroin mit dem billigen, synthetischen Wirkstoff und nutzt ihn zudem äußerst lukrativ zur Herstellung gefälschter Medikamente. Beides wird laut DEA auf den gleichen Routen in die USA eingeschleust. Die meisten Sendungen entstammen dem Sinaloa-Kartell des Drogenbosses Joaquin "El Chapo" Guzman. Dieser wurde an die USA ausgeliefert, seine Geschäfte laufen ungehindert weiter.

Gefälschte Medikamente - lukrativer als Drogen

Laut DEA verdient die Mafia durch den Handel mit gefälschten Schmerzmitteln zwanzigmal mehr als mit Heroin. Ein Kilogramm reines Fentanyl aus China kostet nur wenige tausend Dollar und kann zu etwa 650.000 Tabletten gefälschter Schmerzmittel verarbeitet werden. Der Gesamtgewinn beträgt bis zu 20 Millionen US-Dollar.

Im Frühjahr 2016 stellten chinesische Zollbeamte 70 Kilogramm Fentanyl im Wert von 100 Millionen US-Dollar sicher. Nur dank einem Insidertipp flog die illegale Ware auf. Die Lieferung war in einem völlig unauffälligen Warencontainer versteckt und sollte Richtung Mexiko gehen. Sechs der Zollbeamten erkrankten durch den Kontakt mit dem tödlichen Gift, einer fiel ins Koma.

So zeigt die Epidemie der gefälschten Schmerzmittel in den USA auf dramatische Weise, dass nicht nur die Pharma-Unternehmen die Kontrolle über ihre Produktionspartner in Indien und China verloren zu haben scheinen. Auch die nationalen Arzneimittel-Behörden haben kaum Möglichkeiten, die ausländischen Produktionsstätten zu überwachen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete das Erste am 17. Mai 2017 um 21:45 Uhr in der Dokumentation "Gefährliche Medikamente – gepanscht, gestreckt, gefälscht".