Rettungsplan für Autobauer Opel Weg von GM - und Geld vom Staat

Stand: 27.02.2009 21:18 Uhr

Mehr Eigenständigkeit, aber keine komplette Loslösung: So hofft Opel der drohenden Pleite seiner Mutter GM zu entgehen. Zusammen mit Vauxhall soll Opel eine neue Gesellschaft bilden. GM steuert Patente bei und hofft auf Investoren. Opel will außerdem 3,3 Milliarden Euro öffentliche Zuschüsse.

Der Opel-Aufsichtsrat will das Unternehmen teilweise aus dem insolvenzbedrohten Mutterkonzern General Motors (GM) herauslösen: Der mit der GM-Führung abgestimmte Rettungsplan sieht vor, dass Opel zusammen mit der anderen europäischen GM-Tochter Vauxhall eine rechtlich selbständige Geschäftseinheit bildet. Diese neue Gesellschaft könnte dann Kapital von neuen Investoren bekommen - und vor allem von den europäischen Steuerzahlern, hofft Opel.

GM soll laut Plan vor allem Patente und Sachhilfen in die neue Gesellschaft einbringen. GM-Europa-Chef Carl-Peter Forster, der zugleich Opel-Aufsichtsratschef ist, bezifferte deren Wert auf 3,0 Milliarden Euro. Opel soll aber auch Teil des GM-Konzerns bleiben. "Dieser Plan ist mit GM abgestimmt", sagte Forster im ARD-Brennpunkt. "Wir glauben alle daran, dass es für ein Unternehmen von der Größe Opels in Europa wichtig ist, Teil eines großen Konzernverbundes zu sein, um die Volumenvorteile nach wie vor zu haben und auch den Zugang zu der Technologie", so Forster.

Investitionen von Dritten und staatliche Darlehen

GM hofft außerdem auf Investitionen von Dritten. Ein künftiger Investor könne zwischen 25 und 50 Prozent der Anteile erwerben, möglicherweise auch mehr. Den Löwenanteil des nach Opel-Berechnungen notwendigen Kapitals in Höhe von 3,3 Milliarden Euro wünscht sich das Management aber als Hilfe der öffentlichen Hand. Die europäischen Staaten, in denen Opel und Vauxhall vertreten sind, sollen das Geld laut Opel-Vorstellung in Form von Bürgschaften oder Darlehen zur Verfügung stellen. Bis 2015 solle es zurückgezahlt werden, versprach Forster.

Forster: 1,2 Milliarden Euro einsparen

Gleichzeitig seien bei Opel und Vauxhalll Einsparungen in Höhe von 1,2 Milliarden Euro notwendig, erklärte Forster. Von den Beschäftigten forderte er Lohnverzicht und freiwilliges Ausscheiden gegen eine Abfindung. Wie dies umgesetzt werden könnte, darüber werde derzeit mit Vertretern der Arbeitnehmer verhandelt.

Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen sollten vermieden werden, sagte Forster. Wenn es aber die Möglichkeit gebe, Überkapazitäten durch den Verkauf eines Werkes zu senken, werde das geprüft. In Deutschland hat Opel neben seinem Stammwerk in Rüsselsheim Standorte in Bochum, Kaiserslautern und Eisenach (siehe Karte).

Betriebsrat für Aktiengesellschaft

Der Vorsitzende des Opel-Gesamtbetriebsrats, Klaus Franz, sagte im Tagesthemen-Interview, die Mitarbeiter seien auf Einschnitte vorbereitet. Klaus schlägt vor, das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln, an der sich möglichst alle europäischen Länder mit Opel und Vauxhall-Standorten beteiligen sollten. An diesem künftigen Unternehmen könnten auch die Beschäftigten, die Opel-Händler sowie andere Unternehmen Anteile erwerben. Opel ist bislang als GmbH organisiert und wurde von GM am kurzen Zügel geführt. Auch Arbeitnehmervertreter in Nordrhein-Westfalen zeigten sich angesichts des Rettungskonzepts optimistisch.

Geteiltes Echo aus der Politik

Der Bundesregierung soll der Rettungsplan offiziell am Montag vorgelegt werden. Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg sagte im ARD-Brennpunkt, das Konzept müsse sorgfältig geprüft werden: "Alle Möglichkeiten müssen augeschöpft werden, bevor der Staat eingreift." Der Minister wird aber schon heute mit den Ministerpräsidenten der vier betroffenen Bundesländer in einer Telefonkonferenz über den Plan sprechen. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers und sein rheinland-pfälzischer Kollege Kurt Beck äußerten sich zunächst grundsätzlich positiv.

Koch und Verheugen warnen vor Staatsbeteiligungen

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch zeigte sich allerdings skeptisch gegenüber Staatshilfen für Opel: "Das ist eine unternehmerische Aufgabe und keine staatliche." Auch EU-Industriekommissar Günter Verheugen warnte vor staatlichen Eingriffen in Unternehmen. Angesichts der Finanzlage könne der Staat vom "weißen Ritter ganz schnell zum armen Ritter" werden.

Die amtierende thüringische Regierungschefin Birgit Diezel schloss hingegen eine Beteiligung von Landesgesellschaften nicht aus: "Jede rechtlich machbare und wirtschaftlich vernünftige Lösung" werde geprüft.

Thüringens Wirtschaftsminister Jürgen Reinholz begrüßte das von Forster vorgestellte Konzept. Thüringen werde Opel beim Ablösungsprozess von dem Mutterkonzern General Motors "auf jeden Fall finanziell unterstützen". Sollte das Werk Eisenach verkauft werden, könne auch ein neuer Investor mit der Unterstützung Thüringens rechnen, sagte Reinholz. Allerdings sei auch klar, dass der Bund die Hauptlast der Beihilfen für Opel tragen müsse.

Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier sagte, er sehe gute Chancen für Opel. "Wir müssen tun, was wir können, damit dieses Unternehmen nicht vom Markt verschwindet", sagte der SPD-Kanzlerkandidat dem Nachrichtenradio mdr info.

Lob und Tadel auch von Auto-Experten

Deutschlands bekanntester Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer lobt das Opel-Rettungskonzept. "Letztlich gibt es keine bessere Alternative. Auf dem, was man jetzt vorgestellt hat, kann man aufbauen", sagte der Duisburger Professor dem "Münchner Merkur". Die Sorge, dass Milliarden deutscher Steuergelder in den USA landen könnten, sei unbegründet. Das könne durch Gründung einer eigenen, von General Motors unabhängigen Gesellschaft verhindert werden. In der Vergangenheit hatten deutsche Politiker Bedenken geäußert, dass öffentliche Hilfe für Opel bei einer Pleite von GM nicht den Opel-Standorten in Deutschland zugute kommen könnten.

Der Autofachmann und ehemalige BMW-Chefsvolkswirt Helmut Beckert äußerte sich hingegen im Interview mit WDR.de skeptischer: "Eigentlich ändert sich gar nichts. Als selbständige Tochter kann Opel vielleicht die Produktpalette selbst bestimmen, aber in Fragen der Finanzierung bleibt das Unternehmen zu hundert Prozent von General Motors abhängig."