Konflikt über Energieversorgung Putin will der EU keine Garantien geben

Stand: 21.10.2006 01:15 Uhr

Russland sei offen für eine Energie-Partnerschaft mit der Europäischen Union, versicherte der russische Präsident Putin den 25 EU-Staats- und Regierungschefs beim Gipfel im finnischen Lahti. Auf mehr ließ sich Putin jedoch nicht ein. Langfristige Garantien für Öl- und Gaslieferungen aus Russland lehnte er ab.

Von Michael Becker, MDR-Hörfunkstudio Brüssel, z.Zt. Lahti

Zwei Stunden lang hatten die 25 Staats- und Regierungschefs der EU mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu Abend gegessen und über das Thema Energie gesprochen. Zuvor hatten sich die Europäer auf eine gemeinsame Linie gegenüber Putin geeinigt: Man wolle langfristige Garantien für russische Energielieferungen. Das wollten sie dem Gast aus Moskau klar und deutlich sagen, so die Vereinbarung.

Danach klang alles ein bisschen anders. Man sollte das Thema nicht über Gebühr politisieren, meinte EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso. "Ganz ehrlich: Wir sollten nicht zulassen, dass Energiefragen Europa und Russland auseinander dividieren, so wie der Kommunismus das einmal getan hat".

EU erreicht das gesteckte Ziel nicht

Fest steht: Die EU hat die Zusagen, die sie von Putin haben wollte, so nicht bekommen. Erstaunlich ist das allerdings nicht. Litauens Präsident Valdas Adamkus meinte nach dem gemeinsamen Essen nüchtern, Putin habe sich in den strittigen Fragen nicht bewegt. Vor allem die EU-Länder in Osteuropa sind misstrauisch gegenüber Russland. Sie erinnern sich noch gut an den Jahresanfang, als Moskau der Ukraine den Gashahn zudrehte. Das führte dazu, dass es auch in Osteuropa Engpässe bei Gaslieferungen gab. Die Abhängigkeit von russischem Öl und Gas wurde der EU dabei deutlich vor Augen geführt. Eben deshalb wollen die Europäer, dass Russland seine Pipelines öffnet - für Gaslieferungen aus anderen asiatischen Ländern nach Europa.

Öl und Gas bleiben Putins wertvoller Trumpf

Für den russischen Präsidenten kommt das aber nicht in Frage. Er weiß, dass Europas Abhängigkeit von russischem Öl und Gas ein wertvoller Trumpf ist, den er nicht aus der Hand geben möchte. Dennoch waren beide Seiten - die EU und Russland - darum bemüht, nicht den Eindruck aufkommen zu lassen, als gebe es ein ernsthaftes Problem. "Ich bin vor allem nach diesen Gesprächen der Überzeugung, dass wir eine gemeinsame Grundlage finden werden", sagte Putin.

Italiens Regierungschef Romano Prodi meinte, für diesen Winter sei ohnehin ausreichend Energie verfügbar. Ein offener Streit verbietet sich sowieso. Denn beide Seiten sind aufeinander angewiesen. Ein Viertel der europäischen Öl- und Gasimporte kommen aus Russland, und die EU ist Russlands größter Kunde. "Die EU will Russland als berechenbaren und sicheren Energielieferanten", sagte EU-Kommissionspräsident Barroso. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte zudem darauf hingewiesen, dass Russland längst nicht nur als Energielieferant für Europa wichtig sei. „Russland ist ein wichtiger Partner bei der Lösung internationaler Konflikte: bei den Nuklearfragen des Iran und bei den Atomtests in Nordkorea“.

Immerhin haben die Europäer in Lahti eins erkannt: Sie sind besser aufgestellt, wenn sie ihre Energiepolitik gemeinsam vertreten - und nicht jeder für sich. Präsident Putin hat sich davon allerdings fürs Erste nicht beeindrucken lassen.