Neutralität der EU-Kommission bezweifelt Microsoft legt Beschwerde in Brüssel ein

Stand: 25.08.2007 20:02 Uhr

Im Kartellstreit zwischen Microsoft und der EU-Kommission hat sich der Ton drastisch verschärft: Der Konzern wirft der Behörde vor, sie habe dem Unternehmen Unterlagen vorenthalten und unerlaubt mit dessen Konkurrenten zusammengearbeitet. EU-Kommissarin Kroes drohte unterdessen erneut mit empfindlichen Geldstrafen.

Microsoft hat eine formelle Beschwerde gegen eine Entscheidung der EU-Kommission eingereicht, wonach der Konzern Auflagen nicht erfüllt hat. Neue Dokumente zeugten davon, dass die Brüsseler Behörde "unangemessene" Kontakte zwischen einem unabhängigen Experten und Microsofts Gegenspielern begünstigt habe, schrieb der US-Konzern in einem Brief an die Kommission. Zudem seien wichtige Unterlagen dem Unternehmen erst spät zugestellt worden. Microsoft hatte bereits vor zwei Wochen in einer ausführlichen Antwort Kritik an der Kommission geübt und ihr mangelnde Objektivität vorgeworfen.

Kroes droht erneut mit hohen Strafen

Die EU-Kommission nahm dazu bisher nicht Stellung, erklärte aber, nach einer Anhörung am 30. oder 31. März werde über die Strafen gegen Microsoft entschieden. Zuvor hatte EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes erklärt, wenn der Konzern sein Verhalten nicht ändere, dann drohten Strafen, "und es werden keine kleinen Strafen sein". Microsoft habe noch die Möglichkeit, auf der Anhörung seine Position dazulegen. "Wir werden Microsoft und seinen Anwälten zuhören und danach so schnell wie möglich eine Entscheidung treffen."

Kommission verlangt von Microsoft Nachbesserung

Die EU verurteilte Microsoft im März 2004 wegen des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung zu einer Rekordstrafe von 497 Millionen Euro. Hinzu kam die Auflage, Konkurrenten den Einblick in den Quellcodes von Software-Schnittstellen (APIs) zu gewähren. Im Dezember 2005 entschied die Kommission dann, dass Microsoft die Auflage nicht ausreichend erfüllt habe. Untern anderen kritisierte sie, dass die Microsoft-Dokumentation zum Teil viel zu kompliziert gestaltet sei.

Konzern zweifelt Unabhängigkeit an

Die EU-Kommission stützte sich dabei auch auf die Aussage eines Experten, Professor Neil Barrett, dessen Unabhängigkeit Microsoft nun anzweifelt. So habe die Behörde darauf bestanden, dass der Experte Neil Barrett, der Microsofts Antworten auf die Brüsseler Forderungen bewertete, zunächst mit Vertretern der Gegenseite zusammentraf. Der Software-Konzern sei über diese Treffen nicht informiert worden.