Hintergrund

Hintergrund Landesbanken: Die heimlichen Riesen

Stand: 22.10.2015 16:25 Uhr

Bis zum Skandal um die SachsenLB spielten sie im öffentlichen Bewusstsein kaum eine Rolle: Tatsächlich beherrschen die Landesbanken mit ihren Partnern, den Sparkassen, laut Bundesbank gemessen an der Bilanzsumme gut ein Drittel des deutschen Bankenmarktes. Die Institute unterstützen ein oder mehrere Bundesländer bei der Förderung der Wirtschaft, indem sie zum Beispiel den Wohnungsbau und kommunale Investitionsvorhaben mit günstigen Krediten fördern. Ihre Träger sind die Bundesländer sowie Sparkassen- und Giroverbände. Bis auf die WestLB und die HSH Nordbank sind sie Anstalten öffentlichen Rechts.

Partner der Sparkassen

Für die regional operierenden Sparkassen, ebenfalls meist Institutionen des öffentlichen Rechts, übernehmen die Landesbanken im Finanzverbund als so genannte Girozentralen die Verrechnungsaufgaben des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Außerdem verwalten sie die finanziellen Reserven der Sparkassen und sind für deren Refinanzierung zuständig, zum Beispiel durch die Ausgabe von Pfandbriefen.

Rundum sorglos?

Die Landesbanken bieten aber auch gleichzeitig alle anderen Dienstleistungen einer regulären Geschäftsbank an. Dabei hatten sie bis 2005 gegenüber privaten Banken einen entscheidenden Vorteil: Im Fall einer finanziellen Schieflage musste der Staat einspringen und unbeschränkt haften. Daher konnten die Landesbanken zu besonders günstigen Konditionen Geld aufnehmen und mussten keine Pleite befürchten.

Brüssel kippt Staatsgarantien

Diese Sonderstellung war der EU-Kommission ein Dorn im Auge: 2001 befand sie, dass die Staatsgarantien den Landesbanken gegenüber regulären Kreditinstituten einen unrechtmäßigen Wettbewerbsvorteil darstelle. Sie forderte Deutschland auf, die Garantien bis 2005 abzuschaffen. Brüssel gestattete dabei jedoch für die Haftung bei Geschäften vor dem Stichtag Übergangsregelungen bis 2015, die jetzt auch bei der Krise der SachsenLB zum Tragen kommen. Hier werden daher wohl die Steuerzahler einen erheblichen Teil der Verluste tragen müssen. Zudem nutzten die Bundesländer bis 2005 die Zeit, die Liquidität der Landesbanken zu erhöhen: Sie pumpten Gelder aus dem Haushalt in die Kreditinstitute, erhöhten damit gleichzeitig Eigenkapital und Marktwert ihrer Banken.

Neuer Schwerpunkt Geschäftsbank

Die Landesbanken verloren durch die EU-Intervention ihre Sonderstellung zum großen Teil. Einige Experten erwarteten sogar, dass sich der deutsche Staat ganz aus dem Bankengeschäft zurückziehen würde. Dies geschah aber nur in geringem Umfang, zum Beispiel durch die Aufnahme privater Anteilseigner wie den Finanzinvestor J.C. Flowers. Inzwischen operieren die Landesbanken weitgehend wie reguläre Geschäftsbanken. Einzelne Institute engagierten sich bundesweit, andere richteten Direktbanken ein, warben um vermögende Privatkunden oder bauten sogar ein eigenes Filialnetz auf - sehr zum Missfallen ihrer regionalen Partner, der Sparkassen, denen sie eigentlich keine Konkurrenz machen sollen.

Gefährliche Expansionsgelüste

Da die Expansionschancen in Deutschland begrenzt sind, suchen sich die Landesbanken zunehmend Geschäftsmöglichkeiten außerhalb der Staatsgrenzen, unter anderem durch die Gründung von Auslandstöchtern oder die Übernahme anderer Kreditinstitute. Dabei kam es auch zu riskanten Spekulationen wie dem Engagement der SachsenLB auf dem US-Immobilienmarkt. Die WestLB verlor ebenfalls durch Fehlspekulationen im Eigenhandel hunderte von Millionen Euro.

Angst um den politischen Einfluss

Bereits nach Wegfall der Staatsgarantien gab es bei Experten sowie den Sparkassen und Landesbanken vermehrt den Ruf nach Fusionen, der nach dem Bekanntwerden der Probleme in Sachsen jetzt wieder lauter wird: Zusammenschlüsse von Landesbanken untereinander, aber auch von Landesbanken und Sparkassen sollen die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen. Bisher scheiterten solche Vereinigungen meist an Landespolitikern. Sie wollen ihren Einfluss auf die Institute nicht verlieren, da sie die Banken oft als Mittel zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele sehen.

Ist weniger mehr?

Nach dem Aufkauf der SachsenLB durch die LBBW gibt es noch sieben Landesbank-Konzerne. Allerdings sind viele der Banken bereits durch gegenseitige Beteiligungen eng verbunden. Experten glauben, dass mittelfristig nur zwei bis drei übrig bleiben werden. So gilt die WestLB als nächster möglicher Übernahmekandidat. Die HSH Nordbank wird wahrscheinlich an die Börse gehen und so aus dem Finanzverbund der Landesbanken und Sparkassen ausscheiden.