Mann beim Einkauf auf einem Markt in Instanbul.

Verbraucherpreise ziehen an Türkische Inflationsrate steigt unerwartet stark

Stand: 04.09.2023 14:27 Uhr

Die Verbraucherpreise in der Türkei sind im August deutlich stärker gestiegen als erwartet. Neben der schwachen Landeswährung trieben Steuererhöhungen die Inflation wieder an.

In der Türkei hat sich die hohe Inflation weiter beschleunigt. Die Verbraucherpreise stiegen im August verglichen mit dem Vorjahresmonat um 58,9 Prozent, teilte das Statistikamt heute in Ankara mit. Im Juli hatte die Teuerungsrate noch bei 47,8 Prozent gelegen. Ökonomen hatten zwar damit gerechnet, dass die Inflation zulegt. Sie waren jedoch im Schnitt nur von einem Anstieg um 55,9 Prozent ausgegangen.

Teurer wurden zur Reisezeit vor allem Restaurant-, Café- und Hotelbesuche. Im Vergleich zum Vormonat betrug die Teuerung in diesem Bereich 9,1 Prozent. Im Herbst des vergangenen Jahres hatte die türkische Inflation mit 85 Prozent einen Höhepunkt erreicht.

Steuern als Preistreiber

Der Abbau der Inflation werde einige Zeit dauern, kommentierte Finanzminister Mehmet Simsek die Entwicklung. "Wir sind geduldig." Simsek wurde nach der Wiederwahl von Präsident Recep Tayyip Erdogan im Mai zum Finanzminister ernannt. Dieses Amt hatte er schon bis 2018 inne.

Zu den Preissteigerungen trug einerseits die Regierung selbst durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 18 auf 20 Prozent bei. Auch Unternehmenssteuern wurden heraufgesetzt, ebenso Steuern auf Benzin und Diesel. Mit den erhofften Mehreinnahmen soll der Wiederaufbau nach dem verheerenden Erdbeben im Februar finanziert werden. Auch hatte die Regierung vor der Wahl so viel für Sozialhilfe ausgegeben wie noch nie und den Mindestlohn nahezu verdoppelt.

Andererseits ging die Abwertung der Landeswährung zulasten der Verbraucher, denn durch die schwache türkische Lira werden die Importe teurer. Der Kurs ist in den vergangenen zwei Jahren zum Dollar um rund 70 Prozent eingebrochen. Auch zum Euro verlor die Lira deutlich.

Kurswechsel der türkischen Notenbank

Wegen der hartnäckig hohen Inflation und der Lira-Schwäche nahm die Notenbank, die zuvor sogar auf sinkende Zinsen gesetzt hatte, mittlerweile einen Kurswechsel vor. Seit der Leitzins im Februar dieses Jahres von 9,0 auf 8,5 Prozent gesenkt wurde, hat die Zentralbank im Juni unter ihrer neuen Chefin Hafize Gaye Erkan die geldpolitische Wende eingeleitet, um den Kursverfall der Landeswährung aufzuhalten. Inzwischen wurden dreimal die Leitzinsen erhöht - zuletzt am 25. August von 17 auf 25 Prozent. Das soll die Währung wieder attraktiver machen für Anleger und den Kursverfall stoppen.

Bis dahin hatte Erdogan hohe Leitzinsen als "die Mutter allen Übels" betrachtet. Er hatte für niedrige Zinsen plädiert, um die Inflation zu bekämpfen. Nach seiner Ansicht müssten niedrige Zinsen eine Kostenersparnis für Unternehmen bringen mit sich bringen, die dann ihre Preise senken könnten. Nach der gängigen Volkswirtschaftslehre wird die Inflation allerdings durch steigende Leitzinsen bekämpft.

Robustes Wirtschaftswachstum

Trotz der hohen Zinsen wächst die Wirtschaft robust. Von April bis Juni legte das Bruttoinlandsprodukt um 3,8 Prozent zu - das war mehr als von Ökonomen erwartet und fast so viel wie im ersten Quartal mit 3,9 Prozent. Ökonomen fürchten aber, dass sich die hohen Zinsen auf die Konjunktur auswirken könnten.

"Im zweiten Halbjahr wird sich das Wachstum abschwächen", sagte Volkswirt William Jackson von Capital Economics angesichts der gestiegenen Kreditkosten. Für das gesamte Jahr 2023 sagen Analysten ein Plus von 2,9 Prozent voraus.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 25. August 2023 um 10:23 Uhr.