Gasflamme

Energiekosten Gaspreis fällt auf Februar-Niveau

Stand: 28.12.2022 12:03 Uhr

Der Abwärtstrend der Gaspreise am Großmarkt hält an. Der Terminkontrakt ist auf den tiefsten Stand seit Kriegsbeginn gefallen. Sinkende Kosten für Verbraucher erwartet Wirtschaftsminister Habeck aber erst Ende 2023.

Der Preis für europäisches Erdgas hat seinen Abwärtstrend der vergangenen Handelstage fortgesetzt. Heute fiel der Terminkontrakt TTF für niederländisches Erdgas bis auf 76,18 Euro je Megawattstunde (MWh). So günstig war europäisches Erdgas zuletzt im Februar - vor dem Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine.

Füllstände steigen wieder

Mittlerweile acht Handelstage in Folge ist der Gaspreis nun gefallen. Seit Mitte Dezember sank der Terminkontrakt TTF um etwa 60 Euro je MWh. Zum Vergleich: Im Sommer hatte er noch ein Rekordhoch von 345 Euro je MWh erreicht und hatte mehr als fünfmal so viel gekostet. Damals hatte ein Lieferstopp von Erdgas aus Russland einen rasanten Höhenflug beim Preis für Erdgas ausgelöst.

Als wesentlicher Grund für den mittlerweile wieder fallenden Gaspreis gelten milde Temperaturen, die den Verbrauch an Erdgas vergleichsweise niedrig halten. Zuletzt waren die Temperaturen deutlich höher als Mitte des Monats, als in weiten Teilen Deutschlands Dauerfrost herrschte. Dank des aktuell günstigen Wetters wird hierzulande jetzt wieder Erdgas eingespeichert.

Laut jüngsten Daten des europäischen Speicherverbandes GIE betrug der Füllstand in allen deutschen Speichern zu Wochenbeginn 88,62 Prozent - ein Plus von 0,41 Prozentpunkten zum Vortag und der sechste Anstieg in Folge. Außerdem konnte jüngst deutlich mehr Energie aus Windkraft gewonnen werden, was den Verbrauch von Gas zur Stromerzeugung bremst. Dazu kommen die Einsparungen von Industrie und Privathaushalten.

Kosten für Endverbraucher bleiben vorerst hoch

Trotz der jüngsten Entspannung liegt der Preis für europäisches Erdgas immer noch auf einem vergleichsweise hohen Niveau. 2020 lagen die Notierungen des Terminkontrakts TTF noch unter der Marke von 20 Euro. Dieser betrifft vor allem Großkunden, deren Lieferverträge sich an den Futures orientieren. Auf dem sogenannten Spotmarkt wird Gas angeboten, das man heute kauft und morgen bezieht.

Für Endverbraucher sagen die Preisentwicklungen am Großmarkt vorerst nichts aus. Auf deren Gasrechnung haben sie keine unmittelbaren Auswirkungen, da sich viele Versorger mit langfristigen Verträgen eingedeckt haben. Nach Angaben des Vergleichsportals CHECK24 ist der durchschnittliche Gaspreis für Verbraucher im Dezember sogar gestiegen, nachdem er im November noch leicht gesunken war.

Ein Musterhaushalt mit einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden (kWh) zahlt CHECK24 zufolge aktuell im Schnitt 3688 Euro im Jahr für Gas. Das entspricht einem durchschnittlichen Preis von 18,4 Cent pro kWh. Damit liegt er zwar 16 Prozent unter dem Höchststand von September, doch die Kosten bleiben weiter enorm. Im Dezember 2021 hatte der jährliche Gaspreis noch 2036 Euro betragen - knapp 45 Prozent weniger.

Habeck rechnet mit sinkenden Preisen

Laut Wirtschaftsminister Robert Habeck müssen die Menschen in Deutschland noch ein Jahr lang mit hohen Gaspreisen rechnen. "Wann sinken die Preise? Ich hoffe, dass es gegen Ende 2023 schon besser ist, wenn auch nicht auf dem Niveau von 2021", sagte der Grünen-Politiker der Nachrichtenagentur dpa. "Das Jahr über werden wir höhere Preise noch aushalten müssen." Danach werde die Infrastruktur voraussichtlich so weit ausgebaut sein, dass genügend Ersatz für das ausbleibende russische Gas nach Deutschland fließe und sich die Preise von selbst wieder regulierten.

Antwort auf die hohen Preise sei zum einen die Gaspreisbremse, die ein gewisses Kontingent an Gas für Verbraucher bis zum Frühjahr 2024 künstlich auf einen Preis von 12 Cent pro Kilowattstunde drückt. Vor allem aber müsse die Infrastruktur weiter ausgebaut werden, betonte Habeck. "Die Preise sind so hoch, weil die Hälfte des Gases, das Deutschland verbraucht, durch Putins Lieferstopp weggebrochen ist, und wir außer den Pipelines keine Lieferinfrastruktur hatten."

Schwimmende Terminals für verflüssigtes Erdgas (LNG) sollen Abhilfe schaffen. Kurz vor Weihnachten war das erste LNG-Gas am Terminal Wilhelmshaven ins deutsche Netz eingespeist worden. "Wenn wir es schaffen, das in dem jetzt vorgelegten Tempo weiter auszubauen, dann schließen wir Deutschland wieder an den Weltmarkt an", beteuerte Habeck. "Und dann werden wir auch die Weltmarktpreise bekommen, die deutlich unter dem liegen, was wir jetzt haben."

Bundesnetzagentur: Lage angespannt

Die Versorgung für den aktuellen Winter sieht Habeck wegen der Speicherstände als gesichert. Wenn die Speicher Anfang Februar noch zu 40 Prozent gefüllt seien, dann sehe es auch für den Winter 2023/24 gut aus, sagte er. "Wenn die Bedingungen so bleiben, wie sie sind, werden wir keine Gasmangellage bekommen. Damit meine ich jetzt nicht die Wetterlage, sondern die Bereitschaft der Bürger und der Industrie einzusparen, den hohen Speicherstand und die Versorgung über das nichtrussische Ausland."

Bei einer Gasmangellage müsste etwa die Gasversorgung für Firmen rationiert werden - danach sieht es laut Habeck derzeit aber nicht aus. Bundesregierung und Bundesnetzagentur appellieren immer wieder an Verbraucher und Wirtschaft, sparsam mit Gas umzugehen, damit der Brennstoff nicht rationiert werden muss. Habeck hat den Eindruck, dass die Bürger gut mitziehen. "Dass wir so dastehen, liegt daran, dass die Deutschen im Herbst Gas gespart haben", betonte er.

Auch eine Analyse des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zeigt eine Verhaltensänderung. Seit September haben die Verbraucher im Vergleich zu Heizperioden im Herbst mit ähnlich kalten Tagen acht Prozent weniger verbraucht. Aber: Die Bundesnetzagentur bewertet "die Lage weiterhin als angespannt und kann eine weitere Verschlechterung der Situation nicht ausschließen." So habe der Gasverbrauch in der 49. und 50. Kalenderwoche temperaturbereinigt nur 12 Prozent unter dem Referenzwert und somit im kritischen Bereich gelegen, heißt es im aktuellen Lagebericht.

Jan Zimmermann, Jan Zimmermann, ARD Berlin, 28.12.2022 12:16 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 28. Dezember 2022 um 09:43 Uhr.