Verhandlungen über Freihandelsabkommen EU schlägt Investitionsgerichte vor

Stand: 16.09.2015 13:56 Uhr

Sie gelten als größter Knackpunkt in den TTIP-Verhandlungen mit den USA: die Schiedsstellen, die bei Konflikten zwischen Konzernen und Staaten verhandeln sollen. Nach massiver Kritik hat die EU-Kommission nun einen neuen Vorschlag präsentiert.

Zur Beilegung des Streits über das geplante transatlantische Freihandelsabkommen Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) schlägt die EU-Kommission eine umfangreiche Reform des bislang geplanten Schiedsgerichtssystems vor.

Die umstrittenen privaten Schlichtungseinrichtungen für Streitigkeiten zwischen Konzernen und Staaten sollen demnach durch ein transparenteres System abgelöst werden, das in seiner Funktionsweise deutlich mehr traditionellen Gerichten entspricht. Die EU-Kommission will beispielsweise die Richter künftig in unabhängigen Verfahren auswählen lassen. Zudem soll es im neuen "Investitionsgerichtshof" eine zweite Instanz geben. Sie würde es Parteien erlauben, gegen Urteile Einspruch zu erheben.

Zudem soll es öffentliche Anhörungen geben, sagte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström. Die Urteile würden öffentlich berufene Richter fällen. "Niemand kann sagen, dass das eine Privatjustiz ist", betonte Malmström.

Bilateraler Gerichtshof zwischen den USA und der EU

Als erster Schritt soll demnach ein bilateraler Gerichtshof zwischen den USA und der EU eingerichtet werden. Sobald der Vorschlag der EU-Kommission mit den EU-Staaten und dem EU-Parlament abgestimmt ist, sollen die Pläne laut Malmström mit den USA verhandelt werden. In einem zweiten Schritt soll dann der Aufbau von Handelsgerichten für Investoren folgen.

Dies brauche aber Zeit, sagte Malmström. Die Vorgabe der öffentlichen Gerichtshöfe sollen in alle künftigen Handelsabkommen der EU mit anderen Staaten einfließen. Das bereits ausverhandelte Abkommen mit Kanada (Ceta) soll laut Malmström aber nicht neu aufgerollt werden. Die schwedische EU-Kommissarin hatte bereits im Frühjahr die Idee von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel aufgenommen, neue Gerichtshöfe für Handelsfragen zu schaffen.

Furcht vor einer Paralleljustiz

Die vor allem von Großkonzernen verlangten Investor-Staats-Schiedsverfahren (ISDS) gelten als einer der Hauptgründe für den großen Widerstand in Europa gegen TTIP. Die traditionellen Schiedsgerichte werden von Gegnern als eine Art Paralleljustiz kritisiert, über die Unternehmen Schadenersatz zulasten der Steuerzahler erstreiten, nationale Gesetze aushebeln oder eine Senkung von Verbraucher- und Umweltstandards durchsetzen können. Mit dem geplanten Freihandelsabkommen TTIP wollen die EU und die USA die größte Freihandelszone der Welt mit 800 Millionen Menschen schaffen.