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Nach jüngsten Kursverlusten Bescheidene Gewinne

Stand: 10.07.2023 22:12 Uhr

Mehr als eine zaghafte Erholung schafften die Aktienmärkte zum Wochenstart nicht. US-Technologietitel hinkten deutlich hinterher.

An den US-Börsen wird weiter eifrig über die weitere Zinsentwicklung diskutiert. Daher fiel die Kurserholung der Standardwerte nach den jüngsten Verlusten vergleichsweise bescheiden aus. Der Dow Jones startete mit einem Plus von 0,62 Prozent in die neue Woche. Für Zurückhaltung an der Wall Street sorgte auch die bevorstehende Berichtssaison der Unternehmen für das zweite Quartal. Anleger haben hier besonders die Folgen der Zinserhöhungen sowie die drohende Konjunkturabschwächung im Blick.

Die zinssensitiveren Technologietitel des Nasdaq 100 legten nur um bescheidene 0,06 Prozent ein. Der robuste US-Arbeitsmarktbericht vom Freitag hatte am Markt diejenigen bestärkt, die auf weitere Zinserhöhungen der Federal Reserve (Fed) setzen.

Mit Spannung warten die Investoren auf die am Mittwoch anstehenden US-Inflationszahlen, die als wichtiger Faktor für den Zinsentscheid der US-Notenbank gesehen werden. Ökonomen gehen zwar von einer abnehmenden Steigerungsrate aus. Aber wie auch wieder zwei führende Währungshüter erklärten, wird die Fed wohl ihren Kurs beibehalten.

Laut der Präsidentin der Fed-Filiale von Cleveland, Loretta Mester, hat die US-Wirtschaft in diesem Jahr mehr Stärke gezeigt als erwartet. Zudem sei die Inflation hartnäckig hoch geblieben. Auch laut ihrer Kollegin Mary Daly, der Präsidentin des Notenbank-Bezirks San Francisco, kann sich die Fed noch nicht zurücklehnen. Die US-Notenbank hatte nach zehn Zinserhöhungen in Folge im Juni eine Pause eingelegt und die Leitzins-Spanne von 5,0 bis 5,25 Prozent beibehalten. Die nächste Zinssitzung findet am 25. und 26. Juli statt.

Auch der DAX ist robust in die neue Woche gestartet. Zunächst hatte der deutsche Leitindex weiter unter Druck gestanden, konnte den Tag aber schließlich mit einem Plus von 0,45 Prozent beenden. In der vergangenen Woche hatte das deutsche Börsenbarometer rund dreieinhalb Prozent eingebüßt.

Das heutige Plus war für Experten aber noch nicht überzeugend. Von einer echten Stabilisierung könnte man erst sprechen, wenn es dem Leitindex gelänge, die Schlüssel-Unterstützungszone bei 15.600/15.700 Punkten rasch zurückzuerobern. "Ansonsten droht dem DAX eine echte Sommerdelle", warnte HSBC-Charttechnik-Experte Jörg Scherer. Jochen Stanzl, Chefanalyst CMC Markets, verwies auf die negative Saisonalität: "Das Zeitfenster für die Bullen schließt sich weiter, am Ende der Woche sind aus typisch saisonaler Sicht die Schotten dicht im DAX."

Belastend wirkten die aktuellen Preisdaten aus China. Während die westlichen Länder gegen eine hartnäckig hohe Inflation kämpfen, wächst in der Volksrepublik die Sorge vor einer Deflation. Der Verbraucherpreisindex blieb im Juni im Jahresvergleich unverändert, nachdem er im Mai nur noch leicht um 0,2 Prozent gestiegen war. Der Index sank damit auf den niedrigsten Stand seit zwei Jahren. Zudem senkten die chinesischen Hersteller ihre Preise im Juni wegen der schwachen Nachfrage so stark wie seit siebeneinhalb Jahren nicht mehr. Die Erzeugerpreise fielen um 5,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat.

Zugleich will China seinem angeschlagenen Immobilienmarkt stärker unter die Arme greifen, erklärten die Bank of China und die chinesische Finanzaufsicht. Konkret geht es dabei unter anderem um die Stundung von Immobilienkrediten. So soll ein Aufschub bei der Rückzahlung von bestimmten Krediten um ein Jahr möglich sein. Zudem werden Chinas Banken zu Verhandlungen mit Immobiliengesellschaften ermutigt - mit dem Ziel, die Kreditrückzahlungen zu verlängern. Seit geraumer Zeit versucht Peking, den Immobilienmarkt, der eine wichtige Rolle in Chinas Volkswirtschaft spielt, zu stimulieren.

Update Wirtschaft vom 10.07.2023

Bettina Seidl, HR, tagesschau24, 10.07.2023 09:00 Uhr

Die Versuche Chinas, den Immobilienmarkt anzuschieben, stützten nur vorübergehend die Ölpreise. Am Abend kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im September 77,67 Dollar. Das sind 0,4 Prozent weniger als am Freitag.

Der Euro näherte sich am Abend der Marke von 1,10 Dollar. Die Feinunze Gold kostete am späten Abend 1925 Dollar.

Bei den Einzelwerten hob sich Facebook-Mutter Meta von anderen Technologiewerten ab. Die Aktie profitierte weiterhin von dem auf den Weg gebrachten Twitter-Rivalen Threads. Schon kurz nach dem Start hast die Plattform die Marke von 100 Millionen Nutzern geknackt. Threads gilt als bisher größte Bedrohung für den von Tech-Milliardär Elon Musk gekauften Kurznachrichtendienst Twitter. Das Brokerhaus Evercore ISI bescheinigte Meta angesichts der Turbulenzen bei Twitter, die Chance für eine konkurrierende App geschickt genutzt zu haben.

Am späten Abend zog die Aktie von Daimler Truck an. Der Nutzfahrzeughersteller hat den Absatz im zweiten Quartal auf knapp 132.000 Fahrzeuge gesteigert. Im zweiten Jahresviertel des Vorjahres hatte der Absatz noch bei knapp 121.000 Stück gelegen. Nach dem bisherigen "starken" Jahresverlauf erhöhte das Unternehmen seine Prognosen für das laufende Jahr. Beim Umsatz sei nun mit 56 bis 58 Milliarden Euro zu rechnen. Zuvor waren 55 bis 57 Milliarden Euro angepeilt worden. Auch der Gewinn werde stärker als bisher erwartet zulegen.

Die Armeen Deutschlands und der Niederlande haben bei Rheinmetall mehrere Tausend Luftlandefahrzeuge bestellt. Der Auftrag habe ein Gesamtvolumen von 1,9 Milliarden Euro, teilte der Rüstungskonzern und Autozulieferer mit. Die ersten der insgesamt 3058 Einheiten würden im ersten Quartal 2024 ausgeliefert. Das Allradfahrzeug "Caracal" basiere auf der G-Klasse von Mercedes-Benz. Die Bundeswehr zahle ihren Anteil an diesem Auftrag aus ihrem 100 Milliarden Euro schweren Sondervermögen.

Die Aktien der Thyssenkrupp-Wasserstofftochter Nucera setzten mit einer zwischenzeitlichen Unterbrechung ihre Rally vom ersten Handelstag fort. Am Freitag war ihnen ein schwungvoller Börsengang geglückt. Der Ausgabepreis hatte bei 20 Euro gelegen. Anleger, die bei der Zeichnung erfolgreich waren, haben damit zweistellig gewonnen.

Das schwache wirtschaftliche Umfeld setzt dem Spezialchemiekonzern Evonik weiter zu. Heute dampften die Essener ihre Geschäftsprognosen spürbar ein. Evonik-Chef Christian Kullmann plant nur noch ein um Sondereffekte bereinigtes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen zwischen 1,6 und 1,8 Milliarden Euro. Bisher hatte das MDAX-Unternehmen noch das untere Ende der alten Spanne von 2,1 bis 2,4 Milliarden Euro angepeilt. Evonik reihe sich in die lange Liste europäischer Chemiekonzerne ein, die unter den schwachen Bedingungen litten, schrieb Analyst Chris Counihan von der Investmentbank Jefferies.

Die Lufthansa wechselt den Herausgeber der Kreditkarten ihres Loyalitätsprogramms Miles & More. Bei einer Ausschreibung habe sich die Deutsche Bank durchgesetzt, teilte die Fluggesellschaft mit. Diese arbeite hierfür mit Mastercard zusammen. Gemeinsam wollten die Unternehmen die bestehenden Angebote ausbauen und unter anderem um Versicherungen ergänzen.

Volkswagen kommt beim inländischen Absatz seiner E-Autos voran. Laut Zahlen vom Kraftfahrt-Bundesamt wurden von Januar bis Juni 36.400 Teslas und 34.400 reine Elektro-Fahrzeuge der Marke VW neu zugelassen. Damit hat Tesla im Kampf um den Spitzenplatz im deutschen Elektroautomarkt zwar erneut die Nase vorne, doch der Vorsprung auf Platzhirsch VW schmilzt.

Auch am Montag wurden die Aktien von Versandapotheken vom Thema E-Rezept bewegt - diesmal nach unten. Die Papiere von Redcare Pharmacy gehören zu den schwächsten Werten im MDAX. Ein Händler verwies auf einen Bericht auf der Website "Apotheke Adhoc", wonach es anhaltende Zweifel am elektronischen Rezept gebe. So gibt es Bedenken, dass die E-Rezept-Einlösung mit der elektronischen Gesundheitskarte in Apotheken eine Benachteiligung für Online-Versender sein könnte.

Mit einem Minus von über drei Prozent gehörte Scout24 zu den größten Verlierern im MDAX. Die Experten der UBS stuften die Papiere des Immobilienportal-Betreibers von "Neutral" auf "Sell" herab und begründeten das mit der Schwäche des deutschen Immobilienmarkts.

Auch die Titel der Norma Group im SDAX standen nach einer negativen Analystenstimme unter Druck. Hauck Aufhäuser hatte den Titel von "Buy" auf "Hold" abgestuft und das Kursziel von 33 auf 21 Euro gesenkt. Die Jahresziele des Autozulieferers erschienen ambitioniert, so Analyst Christian Glowa, und es brauche vermutlich noch mehr Umstrukturierungsmaßnahmen.

Der westfälische Energiespeicher-Hersteller Intilion hat seinen geplanten Börsengang vorerst abgesagt. Im aktuellen Kapitalmarktumfeld sei keine angemessene Bewertung der Gesellschaft zu erzielen, begründete das Unternehmen den Schritt. Intilion wollte eigentlich noch im Juli an die Börse, um einen mittleren zweistelligen Millionenerlös für das weitere Wachstum zu erzielen.

Der österreichische Energiekonzern OMV kämpft mit stark gesunkenen Öl- und Gaspreisen. Im zweiten Quartal sei der durchschnittlich realisierte Erdgaspreis auf 28,5 Euro je Megawattstunde gefallen nach 56,5 Euro vor Jahresfrist, teilte das Unternehmen mit. Der durchschnittlich realisierte Rohölpreis schrumpfte in dem Zeitraum auf 74,8 Dollar je Barrel von 106,9 Dollar im zweiten Quartal 2022.

Für die Komplettübernahme des Parfüm-Herstellers Creed hat Kering einem Zeitungsbericht zufolge 3,5 Milliarden Euro auf den Tisch gelegt. Die Firmen hätten den Preis bislang nicht öffentlich gemacht, um keine Aufmerksamkeit auf die hohen Gewinnmargen von Creed zu lenken, schrieb die "Financial Times". Die Gucci-Mutter Kering hatte die Akquisition Ende Juni angekündigt. Der Konzern will ein eigenes Kosmetik-Geschäft aufbauen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 10. Juli 2023 um 09:00 Uhr.