Händler an der New Yorker Börse
marktbericht

Moderate Gewinne Gespanntes Warten an der Wall Street

Stand: 14.08.2023 22:18 Uhr

Vor wichtigen Konjunkturdaten im weiteren Wochenverlauf herrschte an der Wall Street viel Nervosität. Die Börse fand lange keine klare Richtung. Auch die Immobilien-Krise in China sorgte für Sorgenfalten.

Der Handel an der Wall Street stand heute ganz im Zeichen wichtiger Termine im weiteren Wochenkalender. Während die Technologiebörse Nasdaq nach den jüngsten Verlusten in einer Gegenbewegung zulegte, rangen die Standardaktien meist mit ihren Schlusskursen. Insgesamt fand die Börse bei nervösem Handel lange keine klare Richtung, ehe sie am Ende doch noch im Plus schloss.

Der Leitindex Dow Jones tendierte meist leicht im Minus und schloss am Ende bei 35.307 Punkten um 0,1 Prozent noch leicht besser. Besser hielt sich den ganzen Tag die Technologiebörse Nasdaq, die in einer Gegenbewegung gut 1,0 Prozent zulegte. Der Marktbreite S&P-500-Index gewann 0,6 Prozent. Zuletzt waren die besonders zinssensitiven Technologie-Werte angesichts der wieder aufgekommenen US-Zinsspekulationen verstärkt unter Druck geraten.

Dabei profitierte die Tech-Börse unter anderem von steigenden Kursen in der Chipbranche. Relativ deutlich zogen nach einer Durststrecke die Papiere des Branchenriesen Nividia um über 7,0 Prozent an. Sie erholen sich damit von einem zum Handelsauftakt erreichten Tief seit Ende Juni.

Die Lage bleibt allerdings wackelig. Denn Vertreter der US-Notenbank hatten zuletzt deutlich gemacht, dass noch "viel Arbeit" im Kampf gegen die Inflation anstehe. Das hatte sowohl dem Aktienmarkt, aber auch dem Rentenmarkt nicht gut getan. Die Schwäche am Rentenmarkt setzte sich derweil fort. Zehnjährige US-Treasury-Bonds rentierten zwischenzeitlich bei 4,21 Prozent um über drei Stellen höher als am Freitag. Im Verlauf beruhigte sich die Lage kaum, am Ende lag die Rendite bei 4,19 Prozent erneut höher als zum Wochenschluss.

Die Investoren warteten vor allem auf die Veröffentlichung der Mitschriften der letzten Sitzung der US-Notenbank Fed am Mittwoch, sagte Tina Teng, Analystin beim Broker CMC Markets. Im Rampenlicht stünden ebenfalls die am Dienstag anstehenden Daten zu den US-Einzelhandelsumsätzen.

"Aber auch die Quartalsergebnisse der großen Einzelhändler wie Home Depot und Walmart könnten uns zeigen, wie es um die Stimmung der US-Verbraucher bestellt ist", sagte die Expertin. Home Depot legen morgen, Walmart am Donnerstag die Quartalsberichte vor.

Die Stimmung drückten auch Sorgen um den Zustand der chinesischen Wirtschaft. Der in Bedrängnis geratene chinesische Immobilien-Riese Country Garden ließ den Handel mit einem Teil seiner Anleihen stoppen. "Eine Krise im chinesischen Immobiliensektor ist eine Geschichte, die der Markt schon einmal gehört hat und die in der Regel nicht mit einem glücklichen Ende für Aktien einhergeht", sagte Russ Mould, ein Manager beim Brokerhaus AJ Bell.

Unter den Einzelwerten an der Wall Street stand US Steel im Fokus. Der traditionsreiche Stahlkonzern will sich nach mehreren Übernahmeangeboten Gedanken über seine strategische Zukunft machen. Einer der Bieter ist Konkurrent Cleveland-Cliffs. Im Fall einer Verschmelzung der beiden würde einer der weltgrößten Stahlhersteller entstehen. Allerdings wies US Steel diese Offerte ab und will "alle strategische Optionen prüfen".

Am Abend spitzte spitzt sich die Lage noch weiter zu. Esmark bietet 35 US-Dollar je US-Steel-Aktie, wie die US-Industrieholding mitteilte. Die US-Steel-Aktie, die im Handelsverlauf schon über 30 Prozent angezogen hatte, legte daraufhin weiter zu. Am Ende stand ein Kurssprung von 36,8 Prozent auf 31,08 Dollar.

Ohne größere Impulse behauptete sich der DAX zum Wochenstart im Plus. Mit steigenden US-Kursen im Rücken überwand der Index auch eine zwischenzeitliche Schwächephase und schloss am Ende bei 15.904 Punkten um 0,46 Prozent höher. Im Tagestief war der DAX bis auf 15.817 Zähler abgerutscht, das Tageshoch lag bei 15.937 Zählern. Der MDAX, der Index der mittelgroßen Werte, schaffte den Dreh ins Plus allerdings nicht mehr und ging bei 28.017 Punkten um 0,24 Prozent moderat schwächer aus dem Handel. Damit ergab sich heute kein einheitliches Bild am deutschen Aktienmarkt.

Im Fokus der Investoren standen schon weitere Konjunkturdaten, die am Dienstag und Mittwoch erwartet werden und von denen sich die Anleger (mal wieder) Aufschluss über die weitere Zinspolitik der großen Notenbanken erwarten. "Die Anleger bleiben an der Seitenlinie, bis sie die wichtigsten Nachrichten der Woche erhalten", sagte Peter Cardillo, Chefvolkswirt beim Finanzdienstleister Spartan Capital Securities.

Während zu Wochenbeginn keine wichtigen Wirtschaftsdaten auf der Agenda standen, werden am Dienstag die US-Einzelhandelsumsätze in den Blick rücken und am Mittwoch die Daten zur Industrieproduktion sowie vor allem das Zinsprotokoll der US-Notenbank Federal Reserve. Aus der EU werden am Mittwoch das Bruttoinlandsprodukt sowie Industrieaufträge aus dem Juni veröffentlicht und am Freitag Inflationsdaten für den Juli. Auch aus China werden Daten zur Industrieproduktion und zu den Einzelhandelsumsätzen im Juli erwartet.

Apropos China: Schlechte Nachrichten kamen heute vom dortigen Immobilienmarkt. Denn der chinesische Immobilienkonzern Country Garden steckt in massiven finanziellen Schwierigkeiten. Wegen eines drohenden Zahlungsausfalls und enormer Schulden stürzte der Aktienkurs des Unternehmens an der Hongkonger Börse heute um mehr als 15 Prozent ab. Sollte der Konzern pleitegehen, hätte dies spürbare Folgen für Chinas Wirtschaft und darüber hinaus, ist Country Garden doch eines der wichtigsten Bauunternehmen des Landes.

"Was in Deutschland in der vergangenen Woche in klein zu beobachten war, könnte sich in China jetzt zu einer handfesten Krise ausweiten und auch die weltweiten Finanzmärkte in Mitleidenschaft ziehen", schrieb Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege vom Handelshaus Robomarkets. Projektentwickler in der Immobilienbranche seien zuletzt der Reihe nach umgefallen, steigende Zinsen, Zahlungsausfälle und ein insgesamt sinkendes Interesse vor allem an Gewerbeimmobilien sorgten für Liquiditätsprobleme.

Immerhin, die chinesische Bankenaufsicht habe informierten Personen zufolge angekündigt, eine Taskforce zur Untersuchung der Risiken bei der auch am Immobilienmarkt tätigen Zhongzhi Enterprise Group einzurichten, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg. Das beruhigte die Märkte zumindest etwas. Zhongzhi Enterprise, einer der größten privaten Vermögensverwalter des Landes, hatte Zahlungen für Anlageprodukte, die an sehr vermögende Kunden und Unternehmen verkauft wurden, nicht geleistet.

An den Märkten wecken die aktuellen Ereignisse in China Erinnerungen an die Evergrande-Krise: Die Liquiditätsprobleme des chinesischen Immobilienentwicklers hatten für heftige Börsenturbulenzen gesorgt, die auch auf dem Frankfurter Parkett zu spüren gewesen waren.

Der Kurs des Euro ist heute im Handelsverlauf ins Minus gedreht. Zuletzt wurde die Gemeinschaftswährung im US-Handel bei 1,0907 Dollar gehandelt, ein Minus von rund 0,3 Prozent. Die wiedergekehrte Zinsfantasie in den USA nach den Inflationsdaten in der Vorwoche stützt den Dollar, der bereits am Freitag zugelegt hatte.

Der Dollar hat seine jüngsten Kursgewinne damit noch etwas ausgebaut. Am Freitag waren zudem die Erzeugerpreise in den USA stärker als erwartet gestiegen. Ein höherer Inflationsdruck könnte die US-Notenbank zu weiteren Zinserhöhungen veranlassen, was dem Dollar Auftrieb verleiht. Zudem profitierte der Greenback von der Verunsicherung der Anleger im chinesischen Immobiliensektor. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0930 (Freitag: 1,1004) Dollar fest.

Vor dem Hintergrund der jüngsten Rubel-Talfahrt hat die Notenbank eine Krisensitzung einberufen, die am Dienstag eine Zinserhöhung bringen dürfte. Die Beschlüsse wolle die Zentralbank am Dienstagvormittag bekanntgeben, hieß es. Die nächste reguläre Sitzung wäre erst am 15. September gewesen. Offenbar brachte der jüngste Verfall des Rubel die Notenbank nun unter Zugzwang, die bereits für die reguläre Sitzung eine Zinserhöhung signalisiert hatte.

Der russische Rubel hat heute auf seiner wochenlangen Talfahrt die Marke von 100 Rubel für einen Dollar überschritten. Im Moskauer Börsenhandel kostete ein Dollar 101,16 Rubel, wie die staatliche Nachrichtenagentur Tass meldete. Im Januar mussten zeitweise noch weniger als 70 Rubel für einen Dollar bezahlt werden. Der Euro notierte bei 110,3 Rubel. Mittlerweile liegt er bei knapp 107 Rubel.

Derart schwach war die russische Währung den Angaben zufolge zuletzt Ende März 2022. Ein Wirtschaftsberater von Präsident Wladimir Putin, Maxim Oreschkin, machte die lockere Geld- und Kreditpolitik der Zentralbank für den Absturz verantwortlich. Sorgen bereite vor allem die Zunahme von Verbraucherkrediten, schrieb der ehemalige Wirtschaftsminister in einem Beitrag für Tass. Die Zentralbank habe aber alle Mittel, "um die Situation in nächster Zeit zu normalisieren".

Die Ölpreise sind am Montag etwas gefallen. Sie setzten damit eine wochenlange Aufwärtsbewegung vorerst nicht fort. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Oktober kostete zuletzt 86,16 Dollar. Das waren 0,75 Prozent weniger als am Freitag. Der Preis für ein Barrel der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) zur September-Lieferung fiel um 0,9 Prozent auf 82,59 Dollar.

Am Markt wurde auf Sorgen wegen einer schwachen konjunkturellen Entwicklung in China verwiesen. In den vergangenen Tagen verschärfte sich die Krise auf dem Immobilienmarkt, was die Entwicklung der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt insgesamt bremst

In der vergangenen Woche waren die Notierungen die siebte Woche in Folge gestiegen, und der Preis für US-Öl hatte zeitweise bei 84,89 Dollar den höchsten Stand seit neun Monaten erreicht. Unter anderem hatten Förderkürzungen in Saudi-Arabien und Russland den Preisen immer wieder Auftrieb verliehen. Im Gegenzug belastet die eingetrübte konjunkturelle Lage in China.

Im DAX stand die Covestro-Aktie mit knapp vier Prozent im Plus und damit an der Indexspitze. Im Übernahmepoker um den Kunststoffkonzern will der Ölkonzern Abu Dhabi National Oil (Adnoc) laut Insidern möglicherweise noch tiefer in die Tasche greifen. Das arabische Unternehmen habe dem Konzern aus Leverkusen mündlich eine Erhöhung der Offerte von 57 auf 60 Euro je Aktie in Aussicht gestellt, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg am Montag und berief sich dabei auf mit der Sache vertraute Personen. Dies entspricht einem Gesamtpreis von rund 11,6 Milliarden Euro.

Die lange Zeit defizitäre Lufthansa-Tochter Eurowings rechnet dank hoher Nachfrage von Privat- und Geschäftsreisenden in diesem Jahr mit einem Gewinn. Ein profitables Jahr 2023 sei das ganz klare Ziel, sagte Airline-Chef Jens Bischof. Das gelte auch für das Ergebnis nach Zinsen und Abschreibungen. Eine Konsumflaute sei bei dem Ferienflieger nicht auszumachen.

Derweil setzt sich die Berichtssaison der Unternehmen fort. So machte TAG Immobilien im ersten Halbjahr einen Verlust. Unter dem Strich fiel wegen einer Abwertung des Immobilienportfolios ein Minus von 304,7 Millionen Euro an. Ein Jahr zuvor hatte der MDAX-Konzern noch einen Gewinn von 301,8 Millionen Euro ausgewiesen. Die Jahresziele bestätigte TAG indes.

Nach der erneuten Senkung der Umsatzprognose haben die Aktien von Nagarro den tiefsten Stand seit Januar 2021 markiert. Seit Jahresanfang summieren sich die Verluste bei dem SDAX-Titel auf ein Drittel. Der IT-Dienstleister verwies auf ungünstige Währungsentwicklungen und die Zurückhaltung in einigen Projekten.

Beim Versicherungskonzern Talanx wächst der Optimismus mit Blick auf das laufende Jahr. Nach einem Rekord-Halbjahr sei er zuversichtlich, dass Talanx sein Ergebnisziel von 1,4 Milliarden Euro übertreffen werde, auch wenn die Hurrikan-Saison noch bevorstehe, sagte Vorstandschef Torsten Leue. Auch der Versicherungsumsatz des MDAX-Konzerns und Mehrheitseigners des DAX-Konzerns Hannover Rück werde über den angepeilten 42 Milliarden Euro liegen. Die Talanx-Aktie gehörte zu den größten Gewinnern im Index.

Neue Wind- und Solarparks sowie die Übernahme der italienischen Stern Energy haben bei Encavis im ersten Halbjahr niedrigere Energiepreise und ungünstigeres Wetter beim Umsatz wettgemacht. Der Erlös lag in den ersten sechs Monaten 2023 mit gut 226 Millionen Euro auf dem Niveau des Vorjahreszeitraums, wie der im MDAX notiere Konzern am Abend nach Börsenschluss mitteilte.

Das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sank hingegen um rund 11 Prozent auf 151,6 Millionen Euro. Die Unternehmensführung begründete das auch mit einer "marktüblich geringeren Marge" von Stern Energy im Vergleich zur Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien. Der Zukauf bietet technische Dienstleistungen für die europaweite Errichtung, den Betrieb und die Wartung von Photovoltaikanlagen an. Die Jahresziele bestätigte das Unternehmen.

Der Industriedienstleister Bilfinger hat im zweiten Quartal Umsatz und Marge gesteigert und seine Prognose für das Gesamtjahr bestätigt. Der Umsatz wuchs um sechs Prozent auf 1,12 Milliarden Euro, die Bruttomarge stieg auf 10,4 Prozent, die EBITA-Marge auf 3,9 Prozent. Trotz der gemischten Stimmungslage in der Industrie sieht Bilfinger eine positive Marktentwicklung.

Die Schweizer Großbank UBS kann einen weiteren Rechtsfall beiseitelegen. Sie leistet im Fall der sogenannten "Ramsch-Hypotheken" (RMBS) aus der Zeit der Finanzkrise vor über 15 Jahren eine Milliardenzahlung an das US-Justizministerium (DoJ). Die UBS habe mit dem DoJ eine Einigung erzielt, um eine Angelegenheit aus den Jahren 2006-2007 im Zusammenhang mit der Emission und dem Verkauf von sogenannten Residential Mortgage Backed Securities (RMBS) beizulegen, teilte die Bank am Abend mit.

Im Rahmen des Vergleichs würden 1,435 Milliarden US-Dollar (1,3 Mrd Euro) zur Beilegung aller zivilrechtlichen Ansprüche des DoJ in diesem Zusammenhang gezahlt. Die Summe des Vergleichs wurde laut den UBS-Angaben bereits in früheren Perioden vollständig zurückgestellt und wird sich damit auf das Ergebnis nicht auswirken.

Die weltweit schwache Nachfrage nach Unterhaltungselektronik drückt auf die Bilanz des taiwanischen Apple-Lieferanten Foxconn. Für das Gesamtjahr erwartet das Unternehmen deshalb leicht sinkende Einnahmen, wie der weltgrößte Elektronik-Auftragsfertiger mitteilte. Zuvor hatte der Konzern stagnierende Erlöse für 2023 in Aussicht gestellt.

Tesla hat im selbst angezettelten Preiskampf auf dem wichtigen Elektroautomarkt in China nachgelegt und seine Preise für die Langstrecken- und Performance-Versionen des Model Y zum 14. August um jeweils knapp 2000 Dollar (14.000 Yuan) gesenkt. Tesla hatte seine Preise in den USA, China und anderen Märkten seit Ende 2022 mehrfach gedrückt, um sich gegen die Konkurrenz und die wirtschaftliche Unsicherheit zu schützen.

Die Familienholding Exor der italienischen Agnelli-Familie wird zu einem großen Ankerinvestor des niederländischen Medizintechnikkonzerns Philips. Exor habe 15 Prozent der Anteile am Philips-Konzern erworben, teilten die Niederländer mit. Exor habe derzeit keine Pläne, kurzfristig weiter aufzustocken, könne unter der geschlossenen Vereinbarung den Anteil jedoch bis auf maximal 20 Prozent erhöhen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 14. August 2023 um 12:00 Uhr.