Abwartender Handel US-Anleger bleiben verhalten
Die großen US-Aktienindizes gingen mit leichten Gewinnen aus dem Handel. Eine klare Linie fehlte aber, die Anleger blieben vor neuen Inflationsdaten insgesamt zurückhaltend.
Die US-Börsen haben heute mit leichten Gewinnen geschlossen. Zwischenzeitlich etwas höhere Avancen im ersten Teil der Sitzung, von denen auch der DAX noch profitierte hatte, konnten nicht gehalten werden. Denn die Anleger blieben wie schon zuletzt nach der jüngsten Rally und vor neuen Inflationsdaten im weiteren Wochenverlauf vorsichtig und mieden größere Risiken.
Der Leitindex Dow Jones ging bei 35.416 Punkten um 0,24 Prozent moderat höher aus dem Handel. Ebenfalls mit leichten Gewinnen zwischen 0,1 und 0,3 Prozent gingen der S&P-500-Index und die Technologiebörse Nasdaq nach wechselvollem Verlauf aus dem Handel. Insgesamt blieben die Schwankungen dabei überschaubar.
Die Erwartung, dass die Zinssätze ihren Höhepunkt erreicht haben und die US-Wirtschaft eine Rezession vermeiden wird, hat Aktien und Staatsanleihen im laufenden Monat beflügelt. Nun gebe es Anzeichen dafür, dass einer der besten November-Rallys für den S&P-500-Index seit einem Jahrhundert die Puste ausgehe, bemerkten die Marktstrategen der Citigroup.
"Die US-Märkte scheinen nach Thanksgiving eine Verschnaufpause einzulegen", ergänzte Kamil Dimmich, Partner bei North of South Capital in London. Andere Beobachter konstatierten eine weiter abwartende Haltung der Anleger vor dem von der US-Notenbank Federal Reserve besonders beachteten Preisindex PCE an diesem Donnerstag.
Unter den Einzelwerten zogen die Aktien von Novavax mit einem Kursplus von 4,95 Prozent das Anlegerinteresse auf sich. Der Impfstoffhersteller teilte mit, dass sein Covid-Impfstoff NVX-CoV2601 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für die aktive Immunisierung von Personen ab 12 Jahren zugelassen wurde.
Boeing-Papiere gehörten zu den größten Gewinnern im Leitindex Dow Jones und gewannen 1,4 Prozent. Dies, nachdem die kanadische Bank RBC sie von "Sector Perform" auf "Outperform" hochgestuft und das Kursziel von 200 auf 275 Dollar angehoben hatte. Nach einem weiteren Jahr mit Lieferengpässen und niedrigeren Erwartungen an den Flugzeugbauer sei die Ausgangslage 2024 nun wieder besser, schrieb Analyst Ken Herbert in einer Studie.
Amazon springt auf den Chatbot-Zug auf. Die Cloud-Sparte AWS stellte heute das für Geschäftskunden gedachte Programm mit dem Namen Q vor. Der KI-Chatbot kann zum Beispiel Zusammenfassungen von Dokumenten oder Entwürfe von Texten erstellen. Amazon tritt damit in Konkurrenz zu ähnlichen Produkten von Microsoft und Google.
Q braucht den Zugriff auf Informationen des Unternehmens, um Antworten geben zu können. Die enge Bindung an verlässliche Daten soll unter anderem sogenannte Halluzinationen verhindern, bei denen Software mit Künstlicher Intelligenz Dinge frei erfindet - ohne dass es für die Nutzer ersichtlich wäre. Q nutzt für die Anbindung Schnittstellen zu verschiedener Unternehmens-Software. Amazon versichert zugleich, dass Kundendaten nie dafür verwendet werden, um die Software anzulernen.
KI-Chatbots wie ChatGPT vom Start-up OpenAI können Texte auf dem sprachlichen Niveau eines Menschen formulieren. Das Prinzip dahinter ist, dass sie Wort für Wort abschätzen, wie ein Satz weitergehen sollte. Angelernt werden die Modelle mit gewaltigen Mengen an Informationen. Die Veröffentlichung von ChatGPT Ende vergangenen Jahres löste einen weltweiten Hype rund um Künstliche Intelligenz aus. Microsoft greift in seinen Unternehmens-Anwendungen auf die Technologie hinter ChatGPT zurück, Amazon stieg vor kurzem beim Konkurrenten Anthropic ein.
Den zweiten Tag in Folge haben sich die Anleger an der Börse heute bedeckt gehalten. Vor neuen Inflationsdaten mieden sie größere neue Risiken, auch wenn sich der DAX am Nachmittag mit einer steigenden Wall Street im Rücken noch leicht verbesserte und ins Plus drehte. Der Index blieb dabei aber knapp unter der Marke von 16.000 Punkten.
Am Ende schloss der deutsche Leitindex um 0,16 Prozent leicht höher auf 15.992 Punkte und damit am Tageshoch. Das Tagestief lag bei 15.915 Zählern. Der MDAX der mittelgroßen Unternehmen ging allerdings bei 26.007 Punkten um 0,41 Prozent schwächer aus dem Handel.
Das Augenmerk der Investoren richtet sich derzeit vor allem auf die für Mittwoch und Donnerstag erwarteten Inflationsdaten aus Deutschland und der Euro-Zone sowie Konsumdaten aus den USA - ein bevorzugtes Kriterium der Notenbank Federal Reserve (Fed) zur Bestimmung der Inflation, wie Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets sagt. Anleger hoffen, daraus Rückschlüsse auf den künftigen Zinskurs der Notenbanken ziehen zu können.
Auch aus Sicht von Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege bei Robomarkets, dürfte der Handelstag deswegen eher ruhig verlaufen. "Sollten die Daten in der Tendenz fallend bleiben, könnte die Verschnaufpause aber auch ganz schnell wieder vorbei sein."
Unter den Einzelwerten im DAX setzte sich der Abstieg der Bayer-Aktie weiter fort. Das Papier gehörte hinter Tagesverlierer Zalando zu den größten Verlierern im Index. Am Ende stand die Aktie 3,5 Prozent schwächer und markierte im Tagestief bei 30,43 Euro den tiefsten Stand seit 2006.
Unkalkulierbare Rechtsrisiken in den USA und die zuletzt überraschend abgebrochene Phase-III-Studie für den Hoffnungsträger Asundexian, einem Schlaganfallmittel, wirken damit weiter sehr negativ nach, eine Gegenbewegung ist nicht in Sicht. Zuletzt hatten zahlreiche Analysten ihre Kursziel und Empfehlungen zusammengestrichen, was den Abwärtstrend noch verstärkt.
Die Aktie des Energiekonzerns RWE stand hingegen an der DAX-Spitze und legte über drei Prozent zu. Der Konzern hielt heute einen Kapitalmarkttag ab und steckte sich höhere Ziele für das laufende Jahrzehnt. Das kam an der Börse gut an. In den Jahren 2024 bis 2030 sollen weltweit 55 Milliarden Euro netto investiert und das "grüne" Portfolio auf mehr als 65 Gigawatt (GW) an Erneuerbaren Energien ausgebaut werden.
Die Investitionen sollen das profitable Wachstum kräftig ankurbeln. Vorstandschef Markus Krebber rechnet mit einer jährlichen Steigerung des bereinigten Ergebnisses vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von durchschnittlich 14 Prozent und somit 2030 auf mehr als neun Milliarden Euro. Die Dividende soll jährlich um fünf bis bis Prozent steigen.
Der Euro ist heute zeitweise erstmals seit rund dreieinhalb Monaten über die Marke von 1,10 US-Dollar geklettert. Zuletzt notierte die Gemeinschaftswährung im New Yorker Handel bei 1,0991 Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs davor auf 1,0949 (Montag: 1,0951) Dollar festgesetzt.
Richtig in Schwung kam der Euro gegenüber dem Dollar mit Aussagen von Christopher Waller, der dem Direktorium der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) angehört. Dieser zeigte sich mit der aktuellen Ausrichtung der Geldpolitik zufrieden, was an den Märkten als Hinweis auf stabile Leitzinsen gedeutet wurde. Der Notenbanker sagte jedoch auch, dass er nicht mit Sicherheit sagen könne, ob die Fed schon genug zur Inflationsbekämpfung getan habe.
Auch Bundesbankpräsident Joachim Nagel sorgte für Rückenwind für die Gemeinschaftswährung. Er bekräftigte seine ablehnende Haltung gegenüber baldigen Zinssenkungen. "Es wäre verfrüht, die Leitzinsen bald zu senken oder über solche Schritte zu spekulieren", sagte Nagel im zyprischen Nikosia.
Der US-Immobilienmarkt knüpft derweil an seine jüngste Erholung an. In den 20 großen Metropolregionen der Vereinigten Staaten legten die Häuserpreise im September zum Vorjahresmonat um 3,9 Prozent zu, wie aus dem am Nachmittag in New York veröffentlichten S&P/Case-Shiller-Index hervorgeht. Analysten hatten in etwa mit dieser Entwicklung gerechnet. Zum Vormonat legten die Preise mit rund 0,7 Prozent nicht ganz so stark zu wie erwartet.
Nachdem der Immobilienmarkt lange durch die deutlich gestiegenen Hypothekenzinsen und hohe Baukosten belastet worden war, deutet sich seit einigen Monaten eine Erholung an. Fachmann Craig Lazzara von S&P führt die steigenden Preise vor allem auf das begrenzte Angebot an Häusern zurück. Sofern höhere Zinsen oder sonstige Belastungen nicht zu einer allgemeinen Wirtschaftsschwäche führten, stimme die Entwicklung für den Immobilienmarkt zuversichtlich.
Auch das Verbrauchervertrauen zog an auf 102 Punkte, wie das private Marktforschungsinstitut Conference Board heute in Washington mitteilte. Analysten hatten im Schnitt mit 101,0 Punkten gerechnet. Allerdings wurde der Stand vom Oktober deutlich von bisher 102,6 auf 99,1 Punkte nach unten korrigiert.
Am Rohölmarkt haben sich die Notierungen im Verlauf gefestigt. Ein Fass Rohöl der Nordseesorte Brent kostete zuletzt rund rund 81 Dollar, ein Plus von über 1,6 Prozent. Auch die US-Leichtölsorte WTI legt in ähnlicher Größenordnung zu. Auftrieb erhielten die Erdölpreise vor allem durch den weiter abwertenden Dollar. Fällt der Wechselkurs der US-Währung, wird Rohöl für Investoren außerhalb des Dollarraums erschwinglicher, weil der Rohstoff in Dollar gehandelt wird. Dieser Wechselkurseffekt treibt meist die Nachfrage, woraufhin die Ölpreise steigen.
Mit Spannung blicken die Marktteilnehmer derzeit auf die Förderpolitik des Förderverbunds Opec+. Die rund zwanzig Staaten beratschlagen an diesem Donnerstag über ihre Produktionsziele
Der Preis für die Feinunze Gold zog bis auf 2038 Dollar an und bleibt damit auf hohem Niveau. Das gelbe Edelmetall, das weltweit ebenfalls in Dollar gehandelt wird, profitiert derzeit ebenfalls vom schwächeren Dollar, aber auch von sinkenden Zinserwartungen im Dollarraum..
Zum Weihnachtsgeschäft hat sich die Konsumstimmung in Deutschland etwas verbessert, wie aus der neuesten Konsumstudie des Nürnberger Konsumforschungsunternehmens GfK und des Nürnberg Instituts für Marktentscheidungen (NIM) hervorgeht. Für den Dezember wird ein Wert von minus 27,8 Punkten erwartet. Das sind 0,5 Punkte mehr als im November, als das Konsumklima revidiert minus 28,3 Punkte erreicht hatte. "Nach drei Rückgängen in Folge stabilisiert sich das Konsumklima zum Jahresende", so NIM-Konsumexperte Rolf Bürkl. Allerdings bleibe das Niveau im langfristigen Vergleich sehr niedrig.
Der Wintereinbruch in Hessen macht der Lufthansa auch heute zu schaffen. Auf Lufthansa-Flügen von und nach Frankfurt könne es zu Verzögerungen kommen, zudem müsse auch mit der Streichung von Flügen gerechnet werden, teilte der Konzern mit. Die IT-Störung, die am Montag zusätzlich zu Problemen geführt hatte, sei inzwischen vollständig behoben. Wegen der Störung waren einzelne Kundenschnittstellen nach Angaben des Unternehmens zeitweise nur eingeschränkt erreichbar.
Die UBS kommt mit der Integration der Credit Suisse schneller voran als geplant. "Bis jetzt haben wir übererfüllt", so Verwaltungsratspräsident Colm Kelleher auf einer Konferenz der "Financial Times". Die Schweizer Großbank wolle bei der Zusammenführung einen Teil der Vorgaben auch in Zukunft vorzeitig erreichen. Die UBS habe die mittelfristigen Ziele etwa für die minimalen Kosteneinsparungen und das Kosten-Ertrags-Verhältnis vorgelegt. Nach früheren Angaben will die UBS die Integration des kleineren Rivalen bis Ende 2026 weitgehend abschließen.
Im deutschen Mobilfunkmarkt ist weiter Bewegung. Als Ersatz für den scheidenden Partner 1&1 will Telefonica Deutschland einem Zeitungsbericht zufolge sein Netz künftig für Kunden von Freenet öffnen. Die beiden Mobilfunkfirmen planten eine weitreichende Zusammenarbeit, so das "Handelsblatt" unter Berufung auf Insider. Dabei biete Telefonica mit seiner Marke O2 dem Vermarkter Freenet auch Zugriff auf das moderne 5G-Netz. 1&1 hatte im Sommer die langjährige Partnerschaft mit Telefonica Deutschland aufgekündigt. Aktien von Freenet steigen am Morgen deutlich.
Der französische Reifenhersteller Michelin reagiert in Deutschland mit einem weitreichenden Stellenabbau auf steigende Produktionskosten und Konkurrenz aus Niedriglohnländern. Das Unternehmen werde die Produktion an den Standorten Karlsruhe und Trier sowie die Lkw-Neureifen- und Halbfabrikatfertigung im saarländischen Homburg bis Ende 2025 schrittweise einstellen.
Das teilte Michelin heute in Frankfurt mit. Davon seien insgesamt 1.410 Beschäftigte in Deutschland betroffen. Zudem verlagere Michelin sein Kundenzentrum von Karlsruhe nach Polen. Das treffe weitere 122 Mitarbeiter.
Ein Milliardenbörsengang eines chinesischen Unternehmens an der US-Börse bahnt sich an. Der in China gegründete Online-Modehändler Shein hat laut einem Bericht des "Wall Street Journal" einen entsprechenden Antrag eingereicht. Es könnte demnach einer der größten Börsengänge seit Jahren werden. Er sei für 2024 geplant, so die Zeitung. Chinesische Medien hätten ebenfalls über die Pläne berichtet.
Der Börsenwert von Shein wurde kürzlich auf 66 Milliarden Dollar geschätzt. Der Fast-Fashion-Konzern machte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 23 Milliarden Dollar und einen Gewinn von 800 Millionen Dollar. Shein war 2008 in China gegründet worden; Unternehmenssitz ist mittlerweile Singapur.