Händler an der New Yorker Börse
Marktbericht

DAX und Dow Jones im Minus Zinssorgen wieder auf der Agenda

Stand: 19.08.2022 22:15 Uhr

Wie schon zuvor an den europäischen Märkten ging es auch der Wall Street zum Wochenschluss bergab. Zins- und Inflationsängste kehrten zurück. Alle Augen ruhen mal wieder auf der US-Notenbank.

Inflations- und Zinssorgen haben wie schon zuvor in Europa die US-Börsen zum Wochenschluss nach unten gedrückt. Anleger trennten sich vor allem von zinssensitiven und wachstumsabhängigen Technologiewerten.

Der Nasdaq-Index tauchte entsprechend deutlich um 2,01 Prozent auf 12.705 Punkte ab, der Auswahlindex Nasdaq 100 gab 1,95 Prozent nach. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte stand am Ende 0,86 Prozent tiefer bei 33.706 Zählern, der breiter gefasste S&P 500 gab 1,29 Prozent auf 4228 Punkte nach. "Hier gibt es heute viele einzelne nicht so gute Nachrichten, die sich in einem allgemeinen Marktausverkauf manifestieren", sagte Dennis Dick, Händler bei Triple D Trading.

Da ansonsten auf Seite der Konjunkturdaten am letzten Handelstag Flaute herrschte, haben einige Anleger nach der jüngsten Rally nun lieber Gewinne realisiert, hieß es. Bereits zur Wochenmitte hatten die wichtigsten US-Indizes einen Rücksetzer vom Mitte Juli begonnenen Aufwärtskurs hingelegt.

Wichtigstes Thema an der Wall Street ist der weitere Zinskurs der Notenbank Federal Reserve (Fed), die sich vor dem Hintergrund hoher Inflationszahlen derzeit mitten in der Zinswende befindet.

Händler verwiesen auf Aussagen der Fed-Mitglieder James Bullard aus St. Louis und Esther George aus Kansas City, wonach die US-Notenbank den Leitzins so lange anheben wird, bis die Inflation wieder auf das Ziel von zwei Prozent gesunken ist. Damit dämpften sie Erwartungen am Markt, dass eine Reihe schwacher Wirtschaftsdaten die US-Währungshüter zu einem Schwenk verleiten könnte und die geldpolitischen Zügel etwas weniger schnell angezogen würden.

Die Federal Reserve hat seit der Zinswende im März das geldpolitische Niveau stetig erhöht und inzwischen auf die Spanne von 2,25 bis 2,50 Prozent gehoben. Im Mittelpunkt der nächsten Woche steht die Rede des Fed-Vorsitzenden Jerome Powell über die wirtschaftlichen Aussichten auf der jährlichen Konferenz der globalen Zentralbanken in Jackson Hole.

Gegen den Trend legte die Aktie des Autobauers General Motors (GM) in New York zu. Denn der US-Autoriese will nach über zwei Jahren Pause wieder eine Dividende zahlen und auch seine Aktienrückkäufe wieder aufnehmen. Mitte September soll je Aktie eine Quartalsdividende von 0,09 US-Dollar fließen, wie das Unternehmen heute in Detroit ankündigte.

Das ebenfalls gestoppte Aktienrückkaufprogramm soll auch wieder aufgenommen werden - dafür waren noch Mittel von 3,3 Milliarden US-Dollar vorgesehen, die nun auf 5,0 Milliarden Dollar aufgestockt werden.

Nachdem die Anleger zuletzt Zins- und Rezessionsängste verdrängt hatten, sind diese heute am heimischen Markt mit Macht zurückgekehrt. Zudem gab es keinen Rückenwind mehr aus New York, wo die Zinsdiskussion in vollem Gang ist.

Konkret haben hierzulande vor allem rekordhohe Erzeugerpreise, also die Preisentwicklung auf Ebene der Hersteller, für viel Ernüchterung gesorgt und massiv Ängste geschürt. Denn die von den Produzenten verlangten Preise erhöhten sich im Juli gegenüber dem Vorjahresmonat um astronomische 37,2 Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Analysten hatten hingegen im Schnitt mit einer leichten Abschwächung des Preisauftriebs gerechnet.

Die Erzeugerpreise gelten als Indikator für die kommenden Inflationsdaten. Hohe Erzeugerpreise deuten also auf steigende Verbraucherpreise hin.

Die Anleger reagierten dieses mal umgehend und schickten den Aktienmarkt in den Keller. Der DAX blieb den ganzen Tag im Minus und schloss am Ende des Tages bei 13.544 Punkten nahe des Tagestiefs bei 13.525 Punkten - ein Tagesverlust von 1,12 Prozent. Auch die Marke von 13.600 Punkten wurde unterschritten. Im Wochenverlauf hatte der DAX bei 13.947 Zählern noch die Marke von 14.000 Punkten attackiert.

Die mittlerweile durchwachsene Wochenbilanz wurde damit noch weiter getrübt: Bis zum gestrigen Schlussstand hatte der deutsche Leitindex 0,7 Prozent verloren, nunmehr steht ein Minus von gut 1,8 Prozent in den Büchern. In den vergangenen vier Wochen hatte sich das Kursbarometer noch deutlich erholt, auch weil viele Anleger auf eine Abschwächung der hohen Inflationsraten gesetzt hatten. Heute kam dann die Ernüchterung.

"Inflationssorgen und die damit im Zusammenhang stehende Furcht vor raschen Zinsschritten haben die Investoren wieder eingeholt", sagte Analyst Timo Emden von Emden Research.

Klaus-Rainer-Jackisch, HR, zu den aktuellen Börsendaten

tagesschau 12:00 Uhr

Vor allem steigende Energiepreise sorgen für die derzeit dramatischen Preisanstiege auf allen Ebenen. Zurzeit erlebten die Anleger "die Mutter aller Energiekrisen", sagt Dirk Schumacher, Ökonom bei der Investmentbank Natixis. Die Gaspreise seien seit der Drosselung der russischen Lieferungen im Juli explodiert und Marktteilnehmer rechneten damit, dass das bis 2023 bestehen bleibe.

"Es kann kaum Zweifel geben, dass das Niveau der Gas- und Strompreise, wenn es anhält, der Wirtschaft des Euroraums, insbesondere dem Industriesektor, schweren Schaden zufügen wird", so der Experte weiter.

Gegen die weltweit steigende Teuerung stemmen sich die Notenbanken derzeit mit einer Straffung ihrer Geldpolitik. Auf dem Notenbanker-Treffen in den USA in Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming, das ab kommendem Donnerstag beginnt, könnte deutlich werden, was den Börsen in dieser Hinsicht im Herbst noch blühen könnte. Vertreter der US-Notenbank Fed zeigten sich zuletzt einig, dass weitere Zinserhöhungen angemessen sind, auch wenn über das Tempo noch diskutiert wird.

Auch EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel hat sich zuletzt für einen weiteren großen Zinsschritt nächsten Monat ausgesprochen. "Als Grund nannte sie den anhaltenden Inflationsdruck und einen Anstieg der längerfristigen Inflationserwartungen", sagte Hauke Siemßen von der Commerzbank.

Mit der von der Bundesregierung beschlossenen Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas dürfte die Inflationsrate nach Prognose von Ökonomen von derzeit 7,5 Prozent allerdings nicht wie bislang befürchtet über die Zehn-Prozent-Marke steigen.

Der Kurs des Euro kommt derweil weiter unter Druck. Die Gemeinschaftswährung notierte im US-Handel bei 1,0041 US-Dollar. Insofern nähert sich der Eurokurs weiter der Parität zum Dollar. Unter Parität versteht man ein Tauschverhältnis von eins zu eins zwischen zwei Währungen. Dieses wurde zuletzt nach einer monatelangen Talfahrt Mitte Juli erreicht. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,0054 (Donnerstag: 1,0178) Dollar fest.

Zuletzt hatten robustere Konjunkturdaten aus der US-Wirtschaft den Dollar gestärkt und im Gegenzug den Euro geschwächt. Börsianern zufolge könnte nun US-Notenbankchef Jerome Powell auf dem in der nächsten Woche anstehenden traditionellen Treffen der Notenbanker in Jackson Hole eine restriktive Gangart im weiteren Kampf gegen die hohe Inflation signalisieren. Dies würde mit weiteren deutlichen Zinserhöhungen einhergehen und den Dollar entsprechend stützen.

Die Ölpreise haben nach wechselvollem Handel leicht im Minus geschlossen. Die Nordseesorte Brent kostet rund 96 Dollar je Fass, die US-Leichtölsorte WTI 90 Dollar.

Auf Wochensicht ging es mit den Ölpreisen aber nach unten. Zeitweise war der Brent-Preis bis auf 91,51 Dollar gefallen. Dies was der tiefste Stand seit etwa einem halben Jahr. Nach Einschätzung von Experten haben vor allem Nachfragesorgen die Ölpreise zuletzt belastet.

Denn es ist unklar, wie viel Öl die coronageplagte chinesische Wirtschaft nachfragen wird. China ist die zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt und ein wichtiger Ölimporteur. Zudem besteht weiter die Aussicht, dass der Iran das Ölangebot auf dem Weltmarkt erhöht und so den Preis drückt, wenn die Sanktionen gegen das Land nach einem erfolgreichen Abschluss der Atomverhandlungen aufgehoben werden.

Der stärkere US-Dollar setzt dem Goldpreis zu. Das Edelmetall, das sich Anleger gern als Inflationsschutz ins Depot legen, verbilligte sich um rund 0,7 Prozent auf 1745 Dollar, in der Spitze sogar bis auf 1736 Dollar je Feinunze. Das ist der tiefste Stand seit drei Wochen.

Die Aussicht auf eine weiterhin straffe Geldpolitik in den USA belastet zunehmend Digitalwährungen wie den Bitcoin. Der Kurs der ältesten Kryptoanlage sackte heute auf den tiefsten Stand seit Ende Juli ab.

Der Fresenius-Manager Michael Sen wird zum 1. Oktober Vorstandsvorsitzender des Gesundheitskonzerns Fresenius. Der Aufsichtsrat habe ihn einstimmig dazu berufen, teilte das in Bad Homburg ansässige Unternehmen am Freitag nach Börsenschluss mit. Sen folgt auf Stephan Sturm, der den Konzern "im guten Einvernehmen" verlasse.

Sen werde zudem kommissarisch die Aufgabe als Vorstandsvorsitzender der Infusionssparte Fresenius Kabi weiterführen, bis seine Nachfolge dort geregelt sei, hieß es in einer Mitteilung. Sen ist seit April 2021 im Vorstand von Fresenius für den Unternehmensbereich Kabi verantwortlich. Der 59-jährige Sturm gehört dem Vorstand von Fresenius seit Anfang 2005 an und ist seit Juli 2016 Vorstandsvorsitzender. Fresenius hatte wegen Problemen bei seiner Dialysetochter FMC die Jahresziele senken müssen.

Die Aktien von SAF-Holland setzten unterdessen ihre starke Aufwärtsbewegung fort. Als Kursstütze erwies sich auch eine Studie der Privatbank Berenberg. Analyst Philippe Lorrain hob das Kursziel von 18 auf 20 Euro an und bekräftigte seine Kaufempfehlung. Er verwies auf die verbesserten kurzfristigen Gewinnaussichten sowie die erfolgreiche Übernahme des schwedischen Bremsenherstellers Haldex.

Eine Verkaufsempfehlung des Bankhauses Metzler belastete dagegen die Aktien von Hypoport, die um über 15 Prozent einbrachen. Analyst Jochen Schmitt meint, der Kredit-Marktplatz des Unternehmens habe seinen Marktanteil nur wenig gesteigert. Darüber hinaus seien die kurzfristigeren Aussichten mit Hypotheken wegen der weiteren Zinsentwicklung ungewiss. Außerdem überzeuge ihn vorerst auch die Versicherungsplattform von des SDAX-Unternehmens nicht.

Der Verkauf der Beteiligung am brasilianischen Essenslieferdienst iFood für bis zu 1,8 Milliarden Euro beflügelt die Aktien der Lieferando-Mutter Just Eat Takeaway. Zur fest vereinbarten Summe von 1,5 Milliarden Euro kann eine leistungsabhängige Komponente von bis zu 300 Millionen hinzukommen. Mit dem Geld will Just Eat Takeaway die Bilanz stärken und sich für anstehende Darlehensrückzahlungen wappnen. Im Schlepptau ziehen auch die Papiere der deutschen Konkurrenten HelloFresh und Delivery Hero an.

Nach einer zweiten kompletten Spielzeit in der Pandemie hat Borussia Dortmund einen Verlust von 35 Millionen Euro verbucht. Im Vorjahr lag das Minus noch bei 72 Millionen Euro. Diese vorläufigen Zahlen für das Geschäftsjahr 2021/2022 (zum 30. Juni) nannte der Verein heute.

Ein Grund: Der einzige börsennotierte Fußball-Bundesligist konnte nur 40 Prozent der Eintrittskarten anbieten und hatte wegen des frühen Ausscheidens aus der Champions League weniger Einnahmen aus der TV-Vermarktung. Statt knapp 187 Millionen Euro nahm der BVB hier 145 Millionen ein. Beim Spielbetrieb kletterten die Einnahmen von nahezu null auf 22,6 Millionen Euro. In der Vorsaison waren in der Bundesliga wegen der Pandemie keine Zuschauer zugelassen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 19. August 2022 um 12:11 Uhr.