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Marktbericht

Verluste verringert Wall Street robuster als der DAX

Stand: 14.07.2022 22:23 Uhr

Die US-Börsen haben nach schwachem Beginn ihre Verluste eingegrenzt. Davon konnte beim DAX keine Rede sein, der deutsche Leitindex musste kräftig Federn lassen. Rezessionsängste sorgten für viel Nervosität.

Enttäuschend aufgenommene Quartalsberichte der beiden Großbanken JP Morgan und Morgan Stanley zum Beginn der neuen Berichtssaison lasteten heute besonders auf den Standardwerten. Insgesamt aber konnten sich die großen US-Aktienindizes im Verlauf von anfänglich deutlicheren Verlusten erholen. Unter den Techaktien drehte der Auswahlindex Nasdaq 100 am Ende sogar noch 0,34 Prozent ins Plus, der Composite-Index schloss ebenfalls ganz leicht im Plus.

Der Leitindex Dow Jones schaffte dies aber nicht mehr und ging bei 30.630 Punkten um 0,46 Prozent leichter aus dem Handel. Er behauptete damit aber die Marke von 30.000 Punkten, die beim Tagestief von 30.143 Zählern schon bedrohlich wackelte. Der marktbreite S&P-500-Index endete bei 3790 Punkten um 0,3 Prozent moderat im Minus.

Deutlich wurde heute, dass die US-Banken dem drohenden Abschwung der Weltwirtschaft Tribut zollen müssen. Milliarden-Rückstellungen für drohende Kreditverluste und maue Geschäfte mit Fusionen und Übernahmen haben die Gewinne deutlich schrumpfen lassen.

Der US-Branchenprimus JP Morgan erzielte im zweiten Quartal einen Überschuss von 8,6 Milliarden Dollar - ein Rückgang von 28 Prozent, wie der Finanzkonzern heute mitteilte. Die Bank setzte zudem geplante Aktienrückkäufe aus.

Bankchef Jamie Dimon betonte in seinem Ausblick mehrere Risikofaktoren, wie die geopolitischen Spannungen, hohe Inflation, schwindendes Verbrauchervertrauen und eine "nie zuvor gesehene" quantitative geldpolitische Straffung als Bedrohung für das globale Wirtschaftswachstum.

Auch beim Rivalen Morgan Stanley fielen die Gewinne kräftig. Der Ergebnisrückgang bei beiden Instituten war zudem größer als von Analysten erwartet. Bei Investoren kam das nicht gut an. Beide Papiere gaben zunächst deutlich nach, konnten ihre Verluste aber im Verlauf reduzieren.

Für Aufregung sorgte auch die Regierungskrise in Italien, die in einer Rücktrittsankündigung von Ministerpräsident Mario Draghi am frühen Abend in Europa gipfelte. Danach beschleunigte sich der Ausverkauf bei Staatsanleihen des Landes noch einmal. Im Gegenzug stieg die Rendite der zehnjährigen Papiere auf 3,549 Prozent nach 3,407 am Vortag an.

Der Renditeabstand zu den zehnjährigen Bundespapieren vergrößerte sich auf 224 nach 208 Basispunkten gestern. Um unterschiedliche Renditeentwicklungen zwischen den Euro-Mitgliedstaaten abzufedern, will die EZB alsbald ein neues Instrument vorstellen.

Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella lehnte den Rücktritt von Draghi dann aber ab. Mattarella forderte ihn auf, dem Parlament Bericht zu erstatten und die Lage zu bewerten, hieß es in einer Mitteilung seines Amtssitzes.

Der heimische Aktienmarkt wiederum bleibt weiter fest im Griff von Zins- und Rezessionsängsten. Auch aus New York kam heute Gegenwind, sodass der Leitindex DAX erneut Boden verlor.

Er fiel am Ende auf 12.519 Punkte, ein Tagesverlust von 1,86 Prozent. Der Index weitete dabei am Nachmittag seine Verluste aus und markierte bei 12.434 Punkten sein Tagestief, ein Minus von deutlich über zwei Prozent. Zwar gibt es, so wie heute auch, immer wieder Investoren, die auf niedrigerem Niveau zugreifen. Meist kann der Markt davon aber nur kurzzeitig profitieren und rutscht danach wieder ab. Das Tageshoch lag heute bei 12.788 Zählern - rund 350 Punkte höher. Der Handel verläuft also, wie von vielen Fachleuten erwartet, weiterhin volatil.

Unter den Einzelwerten im DAX gab es kaum Gewinner. Die roten Pfeile dominierten das Geschehen, wobei auch das Papier der Telekom für seine Verhältnisse stärker unter Druck geriet. Die Bonner kündigten heute an, die Mehrheit ihrer Funkturm-Sparte zu verkaufen. Die Aktie hatte sich im unsteten Umfeld zuletzt besser behauptet, nun nahmen die Investoren auch dort Gewinne mit. Auch die Allianz gab nach. Beide Aktien gehören zu den Schwergewichten im deutschen Leitindex. Ebenso zählten Continental und Adidas zu den stärksten Verlierern. Lediglich das Papier des Onlinehändlers Zalando lag gegen den Trend moderat im Plus.

Hauptthema am Aktienmarkt bleiben die hohe Inflation und die mit einer Anhebung der Zinsen verbundenen Rezessionssorgen. Die Stimmung unter den Marktteilnehmern schwanke zwischen Inflations- und Zinsangst sowie den Sorgen vor einer Rezession, schreiben die Marktbeobachter der Helaba in ihrem Tageskommentar. In den USA waren die Verbraucherpreise im Juni um 9,1 Prozent gestiegen und hatten den höchsten Wert seit über 40 Jahren erreicht.

An dieser Zahl hat der Markt weiterhin schwer zu tragen. Denn damit steht die US-Notenbank Fed unter Druck, ihre Geldpolitik deutlich zu straffen. Der Markt rechnet mit einem Zinsschritt von 75 Basispunkten auf der Sitzung Ende Juli, vereinzelt werden sogar Forderungen nach einem ganzen Punkt laut. "Der erschreckende Teil des gestrigen Inflationsberichts ist, dass auch die über neun Prozent Teuerung laut Meinung vieler Ökonomen noch nicht den Hochpunkt darstellen könnten", erläuterte Marktanalyst Jochen Stanzl von CMC Markets.

Des Weiteren schwebt hierzulande der ungewisse Ausgang der Gaskrise wie ein Damokles-Schwert über den Märkten. Vor allem wenn Russland den Gashahn komplett abdrehen sollte, drohen der deutschen und europäischen Wirtschaft schwere Zeiten.

Auch innerhalb der Eurozone wird der Inflationsdruck größer: Angesichts der hohen Energiepreise rechnet die EU-Kommission im Jahresdurchschnitt mit einer Teuerung von 7,6 Prozent. Bei ihrer Frühlingsprognose im Mai war die Kommission noch von 6,1 Prozent Inflation für die Euro-Länder ausgegangen.

Beim Wirtschaftswachstum geht die EU-Kommission nach wie vor davon aus, dass die EU-Wirtschaft 2022 um 2,7 Prozent wachsen wird. Im Euro-Raum werden 2,6 Prozent Wachstum erwartet, eine leichte Anpassung verglichen mit den im Mai vorhergesagten 2,7 Prozent.

Update Wirtschaft vom 14.07.2022

Klaus-Rainer Jackisch, HR, tagesschau24

Der Kurs des Euro ringt im US-Handel mit der Parität zum US-Dollar und lag zwischenzeitlich im Tagesverlauf bei 0,9952 Dollar schon deutlich darunter. Aktuell hat sich die Gemeinschaftswährung wieder etwas erholt. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0005 (Mittwoch: 1,0067) Dollar fest..

"Dem Euro droht dennoch weiteres Ungemach, denn die technischen Indikatoren stehen auf Verkauf und richten sich trotz der über-verkauften Marktlage weiter gen Süden", so die Devisenexperten der Helaba.

Am Mittwoch war der Euro erstmals seit 2002 zeitweise weniger als einen Dollar wert gewesen, nachdem in den USA eine überraschend hohe Inflation für den Juni gemeldet worden war. Dies hatte Spekulationen bezüglich eines entschiedenen Zinsschrittes der US-Notenbank Fed zur Bekämpfung der starken Teuerung geweckt. Im Vergleich dazu geht die EZB nur sehr zögerlich gegen die hohe Teuerung vor. Der bereits angekündigte Zinsschritt von lediglich 25 Basispunkten am 21. Juli wird am Markt als nicht ausreichend erachtet. Zudem lastet die drohende Energiekrise in Europa auf dem Euro.

Mit dem erneuten Fall unter die Paritätsgrenze notiert der Euro so schwach wie seit fast 20 Jahren nicht mehr. "Derzeit scheint nahezu alles gegen den Euro zu sprechen", kommentierte Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. "Der Euro verliert, und die Inflationsprobleme werden dadurch noch größer."

Die Ölpreise fielen indes zurück. Sowohl ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent als auch der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) geben über 1,3 Prozent nach. Brent kostet damit gut 98 Dollar je Fass.

Die beiden Ölsorten kosten damit deutlich weniger als noch Mitte Juni, als ein Fass der Sorte Brent noch rund 125 Dollar gekostet hatte. Alleine am Dienstag hatten die Ölpreise bis zu acht Prozent nachgegeben. Ausschlaggebend war die Furcht vor einem Konjunktureinbruch infolge einer drohenden Energiekrise in Europa.

Der Goldpreis steht an den Finanzmärkten weiter unter Druck. Heute fiel der Preis für das Edelmetall unter die Marke von 1700 US-Dollar. Edelmetallen setzen derzeit vor allem zwei Entwicklungen zu. Zum einen steigt der US-Dollar in der Gunst der Anleger immer weiter. Das verteuert den rechnerischen Einkaufspreis von Gold und Silber für Interessenten, die sich außerhalb des Dollarraums befinden.

Zum anderen werden Edelmetalle durch die vielerorts steigenden Leitzinsen belastet. Da Gold und Silber keine laufenden Erträge wie Zinsen abwerfen, verlieren sie gegenüber festverzinslichen Wertpapieren wie Staatsanleihen an Glanz. Das dämpft die Nachfrage, die Preise fallen. Diese Effekte überlagern derzeit die Funktion des Edelmetalls als sicherer Hafen in Krisenzeiten.

Nach dem krisenbedingt starken Abrutschen der Produktion sieht der neue VW-Kernmarkenchef Thomas Schäfer Chancen für eine höhere Auslastung des Stammwerks Wolfsburg. "Wir sind vorsichtig optimistisch, weil alles getan wird, um das zweite Halbjahr spürbar stabiler fahren zu können", sagte der Manager der Firmenzeitschrift "Mitbestimmen" zur Frage, ob ein Aufholen gelingen könne. "Trotz der schwierigen Situation für die Menschen können die Zulieferer aus der Ukraine derzeit wieder verlässlicher Kabelstränge liefern, und auch bei den Halbleitern sieht es besser aus."

Im Ringen um die Zukunft des größten deutschen Gas-Importeurs Uniper gibt es noch keinen Durchbruch. "Bislang wurden noch keine Entscheidungen getroffen", teilte der Uniper-Mehrheitseigner Fortum am Donnerstagabend mit, an dem auch der finnische Staat beteiligt ist. Die finnische Europaministerin Tytti Tuppurainen hatte zuvor mit deutschen Regierungsvertretern in Berlin gesprochen, auch Fortum verhandelt. Tuppurainen dringt dabei ebenso wie Fortum auf eine rasche Lösung. Uniper hat die Bundesregierung in der Gas-Krise um Hilfe gebeten. Offen ist, wie die finnische Regierung und Fortum in die Pflicht genommen werden.

Der Medizin- und Sicherheitstechnikkonzern Drägerwerk hält trotz eines bisher enttäuschenden Jahresverlaufs an seiner Prognose für 2022 fest. Umsatz und Ergebnis hatten sowohl im ersten Halbjahr als auch im zweiten Quartal deutlich unter den Vorjahreswerten gelegen, wie das SDAX-Unternehmen am Abend nach Börsenschluss bekannt gab.

Zum einen hätten die Erlöse aufgrund der eingeschränkten Verfügbarkeit von Produkten nicht so schnell realisiert werden können, hieß es zur Begründung. Zum anderen sei das Geschäft durch einen Lockdown-bedingten Umsatzrückgang in China belastet worden. Zumindest beim ersten Problem rechnet Drägerwerk aber im zweiten Halbjahr mit einer Entspannung. Dies und der hohe Auftragsbestand lasse das Unternehmen von einer deutlichen Erholung der Geschäftsentwicklung ausgehen.

Im zweiten Quartal war der Umsatz um 24,7 Prozent auf 653 Millionen Euro gesunken. Das Ebit lag bei minus 77 Millionen Euro (VJ: +80,3). Der Auftragseingang war hingegen währungsbereinigt um 7,6 Prozent auf 822 Millionen Euro gestiegen.

Der Streamingdienst Netflix arbeitet für ein künftiges Geschäftsmodell mit Werbung auf seiner Plattform mit dem Microsoft-Konzern zusammen. Microsoft verfüge über das nötige Know-how, "um uns ein neues Abonnement-Angebot mit Werbung aufzubauen", erklärte Netflix-Geschäftsführer Greg Peters. Werbung auf der Plattform soll günstigere Abonnements ermöglichen, wie das Unternehmen im April mitgeteilt hatte.

Laut der US-Fachpresse hatte Netflix dafür auch andere Partner in Betracht gezogen. Microsoft hat den Vorteil, dass es selbst kein mit Netflix konkurrierendes Streaming-Angebot im Portfolio hat.

Italiens Wettbewerbshüter haben den Internetgiganten Google ins Visier genommen. Die Behörde AGCM untersuche den mutmaßlichen Missbrauch der beherrschenden Stellung des US-Konzerns bei der Datenübertragung, teilte AGCM mit. Es werde dem Verdacht nachgegangen, dass Google den Zugang zu anderen Internet-Plattformen behindere. Die Behörde habe am Mittwoch zusammen mit der italienischen Finanzpolizei Räumlichkeiten von Google durchsucht. Google wies die Vorwürfe zurück. Nach italienischem Recht droht Google eine Geldstrafe von bis zu zehn Prozent seines weltweiten Jahresumsatzes, wenn der Konzern für schuldig. befunden wird.

Beim schwedischen Netzwerkausrüster Ericsson stieg das um Umbaukosten bereinigte operative Ergebnis (Ebit) im Vergleich zum Vorjahr um gut ein Viertel auf 7,4 Milliarden schwedische Kronen (697 Millionen Euro). Allerdings hatten sich Analysten mehr erhofft. Die starke Nachfrage nach 5G-Produkten in Nordamerika konnte die höheren Kosten und niedrigeren Lizenzeinnahmen nicht ausgleichen. Der Quartalsumsatz kletterte um 14 Prozent auf 62,5 Milliarden Kronen. Hierbei belastete der Rückzug aus dem Russland-Geschäft infolge des Ukraine-Krieges mit rund 1,2 Milliarden Kronen. Unter dem Strich stieg der Gewinn um fast ein Fünftel auf 4,7 Milliarden Kronen.

Die US-Lebensmittel- und Arzneimittelbehörde FDA hat den Corona-Impfstoff Novavax für Erwachsene freigegeben. Empfehlungen für die Verabreichung der Impfung werden nächste Woche erwartet. Die US-Regierung kaufte bereits 3,2 Millionen Dosen des Impfstoffs. Laut Novavax-Chef Stanley Erck könne noch im Juli mit den Impfungen begonnen werden. Novavax gehört zu den eher traditionellen, auf Protein basierenden Impfstoffen und ist bereits in Europa und anderen Ländern zugelassen.

Tesla-Zulieferer Panasonic Energy baut im US-Bundesstaat Kansas angesichts der hohen Nachfrage für Elektroautos ein neues Batteriewerk. Nach Angaben des Bundesstaates werden am neuen Standort De Soto durch die Investition von rund vier Milliarden Dollar bis zu 4000 Arbeitsplätze entstehen. Panasonic Energy will durch eine höhere Energiedichte die Reichweite der Batterien steigern und damit für Elektroautos effizienter machen. Die Tochter des japanischen Elektronikkonzerns betreibt bereits eine Fabrik in Nevada, die Tesla beliefert.

Nach kräftigen Zuwächsen im zweiten Quartal sieht sich der Modekonzern Hugo Boss auf Rekordkurs. Hugo Boss prognostiziert nunmehr, den Konzernumsatz zwischen 20 und 25 Prozent auf ein Rekordniveau von 3,3 bis 3,5 Milliarden Euro steigern zu können. Die bisherige Prognose sah einen Anstieg zwischen zehn und 15 Prozent auf ein Niveau von 3,1 bis 3,2 Milliarden Euro vor. Für das operative Ergebnis (Ebit) wird ein Anstieg zwischen 25 und 35 Prozent auf 285 bis 310 Millionen Euro erwartet (bisherige Prognose: Anstieg zwischen zehn und 25 Prozent auf 250 bis 285 Millionen Euro).

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 14. Juli 2022 um 09:00 Uhr.