Das Zifferblatt des Uhrenmodells Nomos Tangente Update liegt in der Uhrenmanufaktur Nomos in der Produktion.

Uhrentradition aus Glashütte Die tickende Geldanlage

Stand: 24.01.2023 14:19 Uhr

Lockdowns und der Einbruch des Shopping-Tourismus haben die Luxusuhrenbranche hart getroffen. Auch die feinste Uhrenmanufaktur Deutschlands, A. Lange & Söhne leidet unter Corona. Als Geldanlage aber bleiben die Zeitmesser made in Glashütte gefragt.

Von Notker Blechner, boerse.ARD.de

Kriege, Währungsreformen, Nazi-Diktatur, real existierender Sozialismus, Enteignung und Besitzerwechsel - die Uhrenmacher in Glashütte im sächsischen Erzgebirge haben schon viele historische Umbrüche erlebt. Am Tag genau vor 175 Jahren wurde in Glashütte die Uhrenmanufaktur A. Lange & Söhne gegründet. Bis heute werden dort edelste Uhrwerke hergestellt. Die Zeitmesser von Glashütte bestehen zu 95 Prozent aus in der Manufaktur gefertigten Bauteilen.

Nach der Wende schaffte das Traditionsunternehmen sein Comeback. Die Lange Uhren GmbH wurde 1990 von Walter Lange als eine der ersten Glashütter Uhrenmanufakturen neu gegründet und im Jahr 2000 als florierendes Unternehmen von Richemont übernommen. Die Marke Glashütte Original wurde im selben Jahr Teil des Swatch-Imperiums.

Bill Clinton und Bruce Springsteen tragen die Marke

Bekannt sind Marken wie A. Lange & Söhne, Nomos und Glashütte. Heute tragen Stars wie Bruce Springsteen oder Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Ex-US-Präsident Bill Clinton eine Uhr aus Glashütte am Handgelenk. Die ostdeutsche Traditionsfirma ist Mitglied der feinen Fondation de la Haute Horlogerie in Genf, in der so prominente Marken wie Rolex, Patek Philippe oder Audemars Piguet versammelt sind.

Doch der Corona-Krise konnte sich auch A. Lange & Söhne nicht entziehen. Weil viele Luxusgeschäfte wochenlang geschlossen waren und chinesische Touristen nicht mehr nach Europa reisen durften, brach die Nachfrage ein. Die Schweizer Uhrenexporte schrumpften in den ersten zehn Monaten um fast 26 Prozent. Das ist der größte Einbruch seit 80 Jahren, erklärte der Lobbyverband. Weltmarktführer Swatch erlitt im ersten Halbjahr den ersten Firmenverlust seiner Geschichte.

30 Prozent weniger Umsatz im Corona-Jahr

Inzwischen hat sich die Lage etwas entspannt – vor allem dank China. Im Reich der Mitte konsumieren die jungen Reichen derzeit, als gäbe es kein Morgen mehr - und holen das nach, was sie monatelang während des totalen Lockdowns im Land nicht konnten. Für das Gesamtjahr rechnen die Unternehmensberatung Bain & Company und der italienische Luxusbranchen-Verband Altagamma mit einem Umsatzrückgang von 30 Prozent.

Da der stationäre Handel in Corona-Zeiten an Bedeutung verloren hat, expandieren viele Uhrenhersteller im Online-Geschäft. Die Uhrenverkäufe übers Internet haben massiv zugenommen, berichtete unlängst Junghans-Chef Matthias Stotz. Präsentationen neuer Uhren würden zunehmend im virtuellen Rahmen stattfinden. Und auch die Vernetzung mit Händlern werde immer mehr über digitale Kanäle organisiert. Junghans hat es so als einer der wenigen deutschen Uhrenhersteller geschafft, das Corona-Jahr ohne große Umsatzeinbußen überstanden zu haben.

Expansion ins Online- und Smartwatch-Geschäft

Auch die Großen der Branche wie Swatch, Tag Heuer und Richemont setzen verstärkt auf das Internet. Richemont beispielsweise hat die Mehrheit am Online-Händler Yoox-Net-A-Porter übernommen. Nur absolute Top-Marken wie Rolex ignorieren (noch) den Online-Trend.

Die zunehmende Konkurrenz von sogenannten Smartwatches, insbesondere von Apple, sehen die Manager der klassischen Uhrenkonzerne gelassen. Zumindest tun sie in der Öffentlichkeit so. Hinter vorgehaltener Hand ist der eine oder andere durchaus beunruhigt über die massenhafte Verbreitung der Apple Watch, die inzwischen die meistverkaufte Uhr der Welt sein dürfte.

Swatch-Chef Nick Hayek sieht Apple nicht als Gefahr für für die Schweizer Uhrenindustrie. Im Gegenteil. "Apple hat dafür gesorgt, dass die Uhren-Muffel wieder etwas am Handgelenk tragen", sagt er. Das sei eine gute Gelegenheit für die klassischen Uhrenhersteller, sie als künftige Kunden zu gewinnen. Inzwischen verschließt sich aber auch der Swatch-Chef dem Smartwatch-Trend nicht mehr und hat ein eigenes Betriebssystem, den Tissot-T-Touch-Connect entwickeln lassen. Mehrere Hersteller wie Tissot, Tag Heuer und selbst Patek Philippe haben Smartwatches auf den Markt gebracht.

Begehrtes Sammel- und Geldanlageobjekt

Trotz Smartwatch-Trends bleiben hochwertige Uhren ein begehrtes Sammelobjekt. Auf Ebay oder anderen Plattformen werden sie teils deutlich über den Listenpreisen gehandelt. Mitunter werden die Chronographen gar als Geldanlage genutzt. Laut der Beratungsagentur Knight Frank ist der Wert von Luxusuhren binnen zehn Jahren um über 60 Prozent gestiegen.

Auf Plattformen wie Chrono24 oder Chronext werden eine Rolex Daytona für über 20.000 Euro oder eine Patek Philippe für 52.000 Euro angeboten. "Zehn bis 20 Prozent Rendite lassen sich mit einer gut erhaltenen Uhr erreichen", sagt Markus Baumgartner vom ältesten Schweizer Uhren- und Schmuckgeschäft Beyer. Besonders begehrt sind seltene Uhren. So wurde die legendäre Rennfahrer-Uhr Rolex Cosmograph Daytona, die Schauspieler Paul Newman im Rennfahrer-Film "Winning" trug, 2017 für mehr als 17,7 Millionen Dollar versteigert.

Ob eine Uhr als tickende Geldanlage taugt, hängt von der Marke und ihrem Zustand ab. Eine getragene Uhr ist weniger wert. Nur 20 bis 30 Prozent der Zeitmesser seien als Kapitalanlage geeignet, meint Uhrenexperte Michael Brückner. Wer Uhren als Geldanlage nutzen wolle, brauche gute Fachkenntnisse und mitunter auch einen langen Atem.