Verlaufskurve auf einer Anzeigetafel
Hintergrund

Ein besonderer Börsentag Am Hexensabbat tanzen die Kurse

Stand: 18.12.2015 09:15 Uhr

Viermal im Jahr, jeweils freitags, sorgt der so genannte Hexensabbat für scheinbar unerklärliche Ausschläge an den Börsen. Wenn der DAX dann nervös zuckt, hat dies einen besonderen Grund.

Von Andreas Braun, tagesschau.de

An vier Tagen im Jahr gehorchen die Kurse auf dem Börsenparkett eigentümlichen Gesetzen. Der dritte Freitag in den Monaten März, Juni, September und Dezember sorgt um die Mittagszeit und am Ende des Börsenhandels auf dem Computersystem XETRA für ein kurzes, aber oft wildes Auf und Ab.

Die Ausschläge betreffen sowohl einzelne Aktien wie etwa die der großen DAX-Konzerne wie Siemens, Eon oder die Deutsche Telekom. Aber auch der Verlauf des Deutschen Aktienindex DAX weicht dann von seinem normalen ruhigen Pfad ab und zuckt scheinbar unerklärlich.

Finanzprofis sichern sich am Terminmarkt ab

Am Hexensabbat, wie die vier Tage im Jahr von den Finanzprofis genannt werden, laufen so genannte Kontrakte an den Terminbörsen aus. Solche Finanzinstrumente werden von großen Investoren wie Fondsgesellschaften oder Handelshäusern genutzt, um von Kursbewegungen von Aktien, einzelnen Indizes oder auch Rohstoffen wie Öl zu profitieren oder sich dagegen abzusichern. Fluggesellschaften wie die Lufthansa nutzen dabei so genannte Futures etwa um sich gegen Preissteigerungen von Kerosin zu wappnen. Gehandelt werden diese Kontrakte an eigenen Terminbörsen, etwa der EUREX, einer Tochter der Deutschen Börse.

Diese Instrumente sind stets mit einem Verfalldatum ausgestattet, laufen also zu einem bestimmten Termin aus. Und ihr großer "Verfallstag" findet an den vier Tagen im Jahr statt. Dann sind die Kurse der Aktien oder Indizes, auf die die Terminkontrakte lauten, kurzfristig ein Spielball der Profis, der Schwanz wedelt dann gewissermaßen mit dem Hund. Denn Profi-Händler, die Positionen an Futures oder einem weiteren Terminmarktinstrument, den Optionen halten, versuchen nun durch Kauf oder Verkauf des Basiswertes, in der Regel einer Aktie, deren Kurs zu beeinflussen. Die Händler und Investmentbanken wollen so ihre Gewinne mit den Futures oder Optionen im letzten Moment maximieren oder Verluste begrenzen.

Aktienkurse werden "manipuliert"

Mit dem Settlement, also der Preisfeststellung am Ende der Laufzeit, entscheidet sich für Investoren in Futures oder Optionen, ob ihr Engagement erfolgreich war. Wer etwa eine DAX-Option mit dem Basispreis 13.500 Punkte erworben hat, ist natürlich daran interessiert, dass der DAX zum Settlement oberhalb dieses Standes schließt. Entsprechend kann er versuchen, Aktien mit hoher Gewichtung im DAX zu kaufen, um den Index als Ganzes nach oben zu hieven. Dafür eignen sich naturgemäß Schwergewichte wie Siemens, Deutsche Telekom oder Daimler am besten.

Umgekehrt können Leerverkäufe in Aktien für Investoren sinnvoll sein, die den Index gen Süden befördern wollen, um aus ihren Termingeschäften möglichst viel Kapital zu schlagen. Diese Investoren haben zuvor über so genannte "Puts" auf fallende Indexstände gesetzt.

Risiken für Privatanleger

Der Verfall findet an der Eurex zu drei Zeitpunkten statt: Um 12 Uhr verfallen die Futures und Optionen auf die europäischen Stoxx-Indizes, also etwa den Auswahlindex EuroStoxx 50. Eine Stunde später enden die Futures und Optionen auf den DAX und TECDAX. Um 13:05 Uhr sind dann auch auch die Futures und Optionen auf den MDAX fällig. Zum Schluss des elektronischen XETRA-Handels um 17:30 Uhr werden schließlich die Optionen auf einzelne Aktien abgerechnet.

Für Privatanleger sind Engagements an diesen Handelstagen mit besonderen Risiken verbunden. Weniger "normale" Nachrichten oder charttechnische Trends bestimmen das Geschehen. Im Vordergrund steht die Anzahl offener Positionen, "open interest" genannt, die noch schnell vor dem Auslaufen der Derivate geschlossen werden sollen. Schnelle Kursbewegungen bei Aktien unter hohen Umsätzen sind also oft nicht, was sie scheinen - etwa der Beginn eines neuen Trends. Wer sich auf das gefährliche Spiel mit den Profis am Hexensabbat einlässt, sollte sich also der Risiken und Nebenwirkungen bewusst sein.

Verfallstermine

12:00 Uhr
Futures und Optionen auf europäische Stoxx-Indizes

13:00 Uhr
Futures und Optionen auf Dax und TecDax

13:05 Uhr
Futures und Optionen auf den MDax

17:30 Uhr
Optionen auf Einzelaktien