Wegen anhaltender Streitigkeiten Ein zweiter Gipfel soll die Lösung bringen

Stand: 20.10.2011 20:50 Uhr

Bei den Verhandlungen zur Stärkung des Euro-Rettungsschirms EFSF ist keine Einigung in Sicht. Umfassende Schritte zur Eindämmung der Probleme sollen nun nicht wie geplant auf dem Gipfel am Sonntag fallen, sondern bei einem zweiten Treffen am Mittwoch. Kanzlerin Merkel vertagte die geplante Regierungserklärung zur Schuldenkrise.

Schon im Vorfeld des für Sonntag geplanten EU-Gipfels zur Schuldenkrise zeichnet sich ein Scheitern der Verhandlungen um eine Stärkung des Euro-Rettungsschirms EFSF ab. Umfassende Schritte zur Eindämmung der Probleme sollen nun nicht wie geplant auf dem Gipfel am Sonntag fallen, sondern erst kommende Woche. Spätestens am Mittwoch sollen die Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone das Paket bei einem weiteren Treffen beschließen, wie die Regierungen in Berlin und Paris ankündigten.

Bei einem Treffen am Mittwoch konnten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französischene Präsidenten Nicolas Sarkozy offenbar nicht über die Ausgestaltung des Euro-Rettungsfonds einigen. Am Samstag wollen sie deswegen erneut zusammen kommen und ihre Differenzen bei einem weiteren Treffen in Brüssel aus dem Weg räumen. Angesichts des deutsch-französischen Streits sagte Merkel ihre für Freitag geplante Regierungserklärung zum EU-Gipfel ab und erntete dafür heftige Kritik von der Opposition.

Sondersitzungen von Union und FDP

Die Fraktionen von Union und FDP beraten in Sondersitzungen über mögliche Risiken bei einer Hebelung des erweiterten europäischen Rettungsschirms EFSF. Merkel informierte die Abgeordneten der schwarz-gelben Koalition über den Stand der Verhandlungen in der europäischen Finanzkrise. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte vor der Sitzung, es sei wichtig, dass sich das deutsche Parlament mit den Inhalten beschäftige, "bevor auf europäischer Ebene Entscheidungen fallen".

Ohne parlamentarische Zustimmung

Angesichts der bislang ungelösten Fragen wird Kanzlerin Merkel vermutlich ohne die notwendige parlamentarische Zustimmung zu den Reformplänen nach Brüssel reisen müssen. Das hätte zur Folge, dass Merkel diesbezüglich keine endgültigen Entscheidungen in den Verhandlungen treffen könnte. Über die Frage, wie die Mittel des Rettungsschirms am wirkungsvollsten genutzt werden können, müsste dann ein späterer Gipfel entscheiden. Die Europäische Arbeitsgruppe der Staatssekretäre soll angesichts der ungelösten Probleme am Abend in Brüssel zusammenkommen, um den EU-Gipfel vorzubereiten. Von morgen an ist ein zweitägiges Treffen der Finanzminister geplant.

Im Mittelpunkt des Streits steht die Frage eines sogenannten Kredithebels. Dieser soll dazu dienen, die vorhandenen Mittel des EFSF zur Unterstützung hoch verschuldeter Euro-Staaten zu vervielfachen. In welcher Form das geschehen soll, ist allerdings vor allem zwischen Deutschland und Frankreich umstritten.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble räumte ein, dass es innerhalb der Eurozone noch keine gemeinsame Haltung in der Frage gebe, wie die Mittel des EFSF gehebelt werden sollen. Er lehnte den französischen Vorschlag kategorisch ab, wonach der EFSF eine Banklizenz erhalten soll. Damit könnte der Rettungsschirm Staatsanleihen von Schuldenstaaten aufkaufen, diese bei der Europäischen Zentralbank als Sicherheit hinterlegen und im Gegenzug weitere Kredite von der Notenbank erhalten. "Das steht nicht zur Diskussion", sagte Schäuble. Eine Hebelung der EFSF-Mittel über eine Form von Versicherung beim Kauf von Staatsanleihen durch Investoren sei dagegen ein gangbarer Weg.

Opposition drängt auf Mitsprache des Bundestages

Aufgrund dieses ungelösten Problems enthält der Entwurf für die neuen EFSF-Leitlinien auch noch keine Festlegung auf einen Kredithebel. Die vom Bundesfinanzministerium an Bundestagsabgeordnete verschickte Fassung der Leitlinien stieß vor diesem Hintergrund auf scharfe Kritik. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin forderte, die Bundesregierung müsse die Regelung zur geplanten Hebelwirkung umgehend dem Bundestag vorlegen. Dieser müsse im Plenum - und nicht nur im Haushaltsausschuss - über die Regelungen entscheiden. Falls dies bis zum Wochenende nicht geschehe, dürfe Merkel auf dem EU-Gipfel keinerlei Zusagen zum Kredithebel machen.

Die Koalitionsfraktionen gehen davon aus, dass die Kanzlerin nur die Zustimmung des Haushaltsausschusses für einen Kredithebel benötige. Denn die Höhe der deutschen Garantien ändere sich dadurch nicht und damit sei auch keine Entscheidung des Bundestagsplenums notwendig. Die Opposition sieht das anders. Diese Frage berühre die "Gesamtverantwortung des Bundestags", erklärte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Schäuble erklärte lediglich, die Bundesregierung respektiere das Zustimmungsrecht des Bundestages.