Der CEO und Mehrheitseigner von United Internet, Ralph Dommermuth
interview

Telekom-Konkurrent 1&1 "Über 50 Jahre Vorsprung nicht so schnell aufzuholen"

Stand: 14.02.2024 08:08 Uhr

Der Mobilfunkbetreiber 1&1 will ein viertes deutsches Handynetz aufbauen - doch bislang senden nur wenige Masten. Ralph Dommermuth, Chef und Mehrheitsaktionär, über seine Ausbauziele und den Wettbewerb mit den großen Rivalen.

tagesschau.de: Vor fünf Jahren haben Sie Frequenzen gekauft mit einer Verpflichtung, ein eigenes Mobilfunknetz aufzubauen. Die Ausbauversprechen sind eins nach dem anderen gefloppt.

Ralph Dommermuth: Jetzt mal langsam! Mit der Frequenzvergabe waren zwei Ausbauverpflichtungen verbunden: 25 Prozent der Haushalte bis Ende 2025 zu erreichen und 50 Prozent bis 2030.

Und dann gibt es Zwischenziele wie zum Beispiel "1.000 5G-Antennen bis Ende 2022" oder den Netzstart bis Ende vergangenen Jahres. Bei den 1.000 Antennenstandorten muss man fairnesshalber berücksichtigen, dass unser wichtigster Ausbaupartner Vantage Towers uns sitzen gelassen hat.

Vantage Towers gehört zu Vodafone und hat seine vertraglichen Lieferzusagen nicht eingehalten. Das Kartellamt ermittelt in der Sache. Vor allem deswegen haben wir die "1.000 5G-Antennen" zunächst nicht erreicht, aber unser Netz ist seit 8. Dezember 2023 voll funktionsfähig. Also: bisher zwei Zwischenziele, von denen wir eins geschafft haben und eins nicht.

tagesschau.de: Auch mit einem Jahr Verspätung nicht.

Dommermuth: Ja, richtig. Da beißt die Maus keinen Faden ab.

tagesschau.de: Wie viele Masten senden denn nun?

Dommermuth: Wir hatten trotz des Ausfalls von Vantage Towers Ende letzten Jahres 1.063 Masten als passive Infrastruktur. Davon sind jetzt rund 100 Standorte in Betrieb.

"Das ist Fleißarbeit"

tagesschau.de: Ihre Konkurrenten - Telekom, Vodafone, O2 - haben Zehntausende Masten. Wie wollen Sie das jemals aufholen?

Dommermuth: Wie lange macht die Telekom schon Mobilfunk? Über 50 Jahre! Dass wir diesen Vorsprung nicht schnell aufholen können, ist doch klar. Wie gesagt, hatten wir mit unserem Hauptlieferanten 2022 große Probleme. 2023 haben wir gut aufgeholt.

Der Flaschenhals sind die Standorte. Die müssen möglichst in der Mitte einer Funkzelle liegen, die Mastkonstruktion muss statisch passen und von den Funkstrahlen her genehmigt werden. Da haben wir jetzt wie gesagt 1.063. Davon konnten wir allein im letzten Quartal 550 übernehmen. Die Standorte an Glasfaserleitungen anzuschließen und die Antennen anzuschrauben, ist nur eine Frage der Zeit. Das ist Fleißarbeit.

tagesschau.de: Da sind Sie aber immer noch Meilen von der Konkurrenz entfernt.

Dommermuth: Unser Argument als Neueinsteiger ist nicht: "Wir haben mehr Antennen als die anderen'. Unser Argument ist: "Wir haben die modernste Technologie". Unser "Open RAN" arbeitet mit Standardrechnern und standardisierten Schnittstellen. Das macht man überall in der IT. Nur im Mobilfunk wurden bisher spezielle Anlagen gebaut. Hardware, Software und Antennen kommen beim bisherigen Mobilfunk von nur einem Hersteller. Da guckt man nicht rein, da bekommt man nichts dazwischen.

Wir bauen dagegen flexibel mit handelsüblichen Komponenten verschiedenster Ausrüster und planen über 500 regionale Rechenzentren. Hier steuern wir die Antennen per Software. Unsere Konzerngesellschaft 1&1 Versatel betreibt ein Netz mit mehr als 50.000 Kilometern Glasfaserleitungen. Von da aus schließen wir die Rechenzentren und von dort die Antennen an.

"Angetreten, um den Wettbewerb zu beleben"

tagesschau.de: Was haben Ihre Kunden davon?

Dommermuth: Als vierter Netzbetreiber sind wir angetreten, um den Wettbewerb zu beleben und Innovationen zu schaffen. Unsere neuartige Technologie wurde bisher nur in Japan und den USA eingesetzt. Sie macht uns nicht nur unabhängig von Herstellern wie Huawei, sondern erlaubt Anwendungen in Echtzeit. Denn Daten werden unmittelbar in den regionalen Rechenzentren vor Ort verarbeitet und müssen nicht erst durchs Internet transportiert werden. Das ist die Zukunft.

tagesschau.de: Was kostet Sie ein Antennenstandort?

Dommermuth: Wenn man von reinen Neubauten spricht - beispielsweise auf einem Dach - kostet ein Funkmast Pi mal Daumen 100.000 Euro. Wenn Sie einen Turm bauen, sind es schnell mal 500.000 Euro. Es kommt auf dessen Höhe an. Dann kommen noch die Antennen dazu mit rund 100.000 Euro. Und beim Anschluss geht es um jeden Meter Glasfaser, der verlegt werden muss. Das ist also abhängig von der Entfernung zum jeweiligen Rechenzentrum - da kann ich Ihnen keinen Preis nennen.

tagesschau.de: Sie haben noch keine Bilanz für 2023 vorgelegt. Aus vorliegenden Zahlen kann man grob auf Investitionen von 700 Millionen Euro ins Mobilfunknetz schließen. Haut das hin?

Dommermuth: Wir veröffentlichen diese Zahl nicht separat. Aber die Investitionen ins Mobilfunknetz und in Glasfaser liegen in der Tat in diesem Bereich. Insgesamt planen wir für den Bau des vierten deutschen Mobilfunknetzes im ersten Schritt bis 2030 mit Investitionen von rund sieben Milliarden Euro. Es ist eine der größten privaten Investitionen in die Infrastruktur.

Das Interview führte Ingo Nathusius, hr, für tagesschau.de.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 08. Dezember 2023 um 13:42 Uhr.