Gesetzentwurf zur Eindämmung von Finanzspekulationen Bundestag stimmt für Verbot ungedeckter Leerverkäufe

Stand: 02.07.2010 19:29 Uhr

Spekulanten haben in Deutschland künftig weniger Spielraum. Der Bundestag billigte mit den Stimmen von Union und FDP das Verbot für alle so genannten ungedeckten Leerverkäufe. Damit sollen riskante Wetten auf Kursschwankungen verhindert werden. Experten kritisierten das Verbot als wirkungslos.

Der Bundestag hat einem Verbot von so genannten ungedeckten Leerverkäufen zugestimmt. Das Parlament billigte mit den Stimmen von Union und FDP einen entsprechenden Gesetzentwurf. Die SPD stimmte dagegen, Grüne und Linkspartei enthielten sich.

Das Gesetz ist eine Reaktion auf die Turbulenzen an den Finanzmärkten und die Euro-Krise, für die nicht zuletzt Spekulanten verantwortlich gemacht werden. Die Regierung will damit hoch spekulativen Wetten von Investoren auf fallende Kurse einen weiteren Riegel vorschieben. Finanzakteure dürfen demnach künftig nur noch mit Aktien, Staatsanleihen und Kreditversicherungen handeln, die sie selbst besitzen oder sich geliehen haben. Mit dem Gesetz werden die Börsenaufsicht BaFin und das Finanzministerium zudem ermächtigt, bei Bedarf weitere Finanzgeschäfte zu untersagen.

Aktienmarkt

Bei Leerverkäufen oder "short sellings" verkaufen Händler Aktien, die sie nur ausgeliehen haben. Wenn der Kurs des Papiers unter den eigenen Verkaufspreis gefallen ist, kaufen sie die Aktien zurück und verdienen an der Differenz abzüglich einer Leihgebühr.

Ungedeckte Leerverkäufe sind eine verschärfte Form der "short sellings". Anders als bei einem normalen Leerverkauf sind bei dieser englisch "naked short selling" genannten Spekulationsform die verkauften Wertpapiere noch nicht einmal geliehen. Damit kann theoretisch ein Vielfaches der aktuell verfügbaren Papiere verkauft werden, was starke Kursverwerfungen nach sich ziehen kann. Der Short Seller hat bei dieser Form dann in der Regel mehrere Tage Zeit, sich die Papiere, die er bereits verkauft hat, nachträglich zu beschaffen.

Kritik an "gravierenden Geburtsfehlern"

Finanzexperten und Oppositionspolitiker kritisierten das Gesetz dagegen als "wirkungslos", da die schwarz-gelbe Koalition mit dem Entwurf isoliert dasteht. Dieser unabgestimmte Alleingang sei ein "gravierender Geburtsfehler des Vorhabens", sagte der SPD-Finanzpolitiker Manfred Zöllmer. Auch aus dem Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) gab es kritische Töne. Frankreichs Zentralbankpräsident Christian Noyer warnte, Einzellösungen könnten weniger effektiv sein und Schwankungen an den Märkten erhöhen.

Bereits seit dem 19. Mai sind bestimmte Leerverkäufe in Deutschland untersagt. Mit dem jetzt beschlossenen Gesetz wurde dieses Verbot ausgeweitet. Der Bundesrat entscheidet am Freitag nächster Woche. Eine Zustimmung gilt als wahrscheinlich, nachdem Interessen der Länder berücksichtigt und die Gesetzespläne entschärft wurden. Eine ursprünglich geplante Ermächtigung für das Bundesfinanzministerium, bestimmte schädliche Finanzinstrumente per Verordnung verbieten zu können, wurde aus dem Gesetz gestrichen.

Schäuble für europäische Finanzmarktsteuer

Derweil kündigte Bundesfinanzminister Schäuble an, sich bei der EU-Kommission für eine europaweite Finanztransaktionssteuer stark zu machen. "Ich werde in diesen Tagen gemeinsam mit meiner französischen Kollegin die Kommission auffordern, Vorschläge für eine europäische Regelung zu machen", sagte er in Berlin. Gleichzeitig räumte er ein, dass dies kein leichtes Vorhaben sei.

Sollte auf europäischer Ebene keine einheitliche Regelung gefunden werden, so müsse man überlegen, ob das notfalls auch nur im Rahmen der Europäischen Währungsunion Sinn mache, so Schäuble weiter. Ein Vorstoß für eine globale Finanzmarktsteuer war am vergangenen Wochenende beim G-20-Gipfel in Toronto gescheitert.

Das Treffen der Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer sei aber dennoch ein Erfolg gewesen, so Schäuble. Erreicht worden sei ein klares Bekenntnis zu einer Reduzierung der hohen Staatsdefizite. Die Europäer seien dafür mit einer "selten einmütigen Position" nach Kanada gekommen und hätten sich letztlich auch durchgesetzt.