Hintergrund

Das Bundeskartellamt Seit 50 Jahren für den Wettbewerb

Stand: 17.12.2021 15:46 Uhr

Seit 50 Jahren wacht das Bundeskartellamt darüber, dass der Wettbewerb auf dem Markt nicht beschränkt wird. Ob es Preisabsprachen sind, Unternehmensfusionen oder Monopolstellungen - die Wettbewerbshüter schreiten ein, wenn auf dem freien Markt die Bedingungen für die Beteiligten unfair werden. In jüngster Vergangenheit war das zum Beispiel bei den Energieversorgern der Fall, den Pharmahändlern oder Medi

Grundlage für die Arbeit des Kartellamtes ist das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Seine erste Version stammt aus dem Jahr 1958 und löste die so genannten Dekartellierungsgesetze und –verordnungen der Westalliierten von 1947 ab. Deren Ziel war es, die deutsche Wirtschaftsmacht und Rüstungskapazität zu beschränken und das Prinzip der Wettbewerbsfreiheit nach US-Vorbild in der Bundesrepublik durchzusetzen. Denn bis dahin galt Deutschland als das klassische Land der Kartelle und Monopole, vor allem in der Stahl-, Rüstungs- und Chemieindustrie.

Ringen um das Kartellrecht

Der Weg zum Kartellrecht war nicht einfach. Denn vor allem die Unternehmen wehrten sich in den 50er Jahren gegen den Plan zum "Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen" (GWB). Der Bundesverband der Deutschen Industrie wollte das retten, was jahrzehntelang in Deutschland gang und gäbe war: wirtschaftliche Macht durch Kartelle. Doch die Lobby war nicht mehr stark genug. Anfang 1958 trat das GWB in Kraft und im April desselben Jahres zog der erste Präsident des Bundeskartellamtes, Eberhard Günther, mit ein paar Beamten aus dem Bundeswirtschaftsministerium in Bonn nach Berlin.

Der Entwurf zum GWB geht auf den damaligen Wirtschaftsminister Ludwig Erhard und seine "Soziale Marktwirtschaft" zurück. Dahinter stand die Vorstellung, dass ein freier und wirksamer Wettbewerb den größten Nutzen für die Gesamtwirtschaft hat und – so Erhard – "auch tatsächlich dem Verbraucher zugute kommen muss". Seither wurde das Gesetz sieben Mal novelliert, und das Bundeskartellamt wacht - seit 1999 wieder von Bonn aus - darüber, dass der Wettbewerb auf dem Markt funktioniert.

Im Visier: Missbrauch, Absprachen und Fusionen

Zu den Aufgaben gehören heute die Aufdeckung und Untersagung von Missbrauch wie Absprachen von Preisen, Lieferquoten oder Marktaufteilung, die Fusionskontrolle und das Vergaberecht von öffentlichen Aufträgen. Seit Mai 2004 muss das Bundeskartellamt zudem auch Missbräuche beim Handel zwischen den EU-Mitgliedstaaten stoppen. Denn neben dem nationalen Kartellrecht gelten nun auch die entsprechenden EU-Bestimmungen. Auf europäischer Ebene ist die EU-Kommission in Brüssel Kartellbehörde. Bekanntester Fall: der Streit mit dem US-Softwarekonzern Microsoft um die Transparenz von Programm-Informationen.

Um solche Absprachen zu verhindern - wie jüngst unter Pharmahändlern geschehen - und Kartellverstöße nachzuweisen, darf das Bundeskartellamt Geschäftsunterlagen der Unternehmen einsehen und diese nach richterlicher Anordnung sogar durchsuchen und Beweismittel beschlagnahmen. Wird ein verbotenes Kartell aufgedeckt, so drohen Geldbußen bis zehn Prozent der Gesamtumsätze des Vorjahres.

Auch über die Vergabe öffentlicher Aufträge wacht die Kartellbehörde, zum Beispiel im Bau- und Dienstleistungssektor. Sinn und Zweck ist es auch hier, das Gleichbehandlungsgebot zu gewährleisten und den Wettbewerb transparent zu gestalten.

Ministererlaubnis: Hürde für die Fusionskontrolle

Ein wichtiges Instrument, das erst 1973 in das GWB aufgenommen wurde, ist die Fusionskontrolle. Das heißt: Abhängig vom Umsatz und Marktanteil der beteiligten Unternehmen sind manche Unternehmensfusionen kontrollpflichtig. Ziel dabei ist es, marktbeherrschende Stellungen von Unternehmen zu verhindern. So stoppte das Kartellamt zum Beispiel die geplante Übernahme der TV-Sendergruppe Pro Sieben Sat 1 durch den Springer-Konzern. Springer hätte durch die Fusion eine zu große Medienmacht in Deutschland bekommen.

Anders dagegen verlief im Jahr 2002 das kartellamtliche Verbot der Übernahme des Ruhrgas-Konzerns durch den Energieversorger Eon. Auch hier wollten die Wettbewerbshüter die Entstehung eines Energieriesen mit Monopolstellung verhindern. Doch sie scheiterten an der damaligen rot-grünen Regierung und ihrem Wirtschaftsminister Werner Müller. Denn Müller genehmigte den Zusammenschluss mit der so genannten Ministererlaubnis, einem Instrument, das den Einfluss des Kartellamtes gründlich beschränkt. Das Ergebnis: Der Strom- Gaskonzern kontrolliert heute fast 60 Prozent des Gasimportgeschäfts.

Zwei Jahre nach der Fusion entstand im Juli 2005 die Bundesnetzagentur. Sie soll über dem Wettbewerb in den Bereichen Gas, Elektrizität, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen wachen – und versucht seither die Konzentration auf dem Energiemarkt zu entflechten. Bisher jedoch ohne nennenswerten Erfolg.