John D. Rockefeller

150 Jahre Standard Oil Company Rockefeller und die Macht des Öls

Stand: 10.01.2020 06:45 Uhr

Am 10. Januar 1870 gründete der Großindustrielle John D. Rockefeller die Standard Oil Company, aus der später der US-Ölkonzern ExxonMobil entstand. Rockefeller gilt als einer der reichsten Männer der Geschichte, er verfolgte seine geschäftlichen Ziele skrupellos.

Von Thomas Spinnler, boerse.ARD.de

Heute vor 150 Jahren wurde in Cleveland/Ohio die Standard Oil Company gegründet. Es ist unmöglich, die Geschichte von Standard Oil zu erzählen, ohne die Geschichte des Mannes zu erwähnen, der den Konzern in seinem Geiste erschaffen hat: John D. Rockefeller. Noch immer gilt Rockefeller als Beispiel für Unternehmergeist, Initiative, Individualität, die Grundpfeiler des Kapitalismus amerikanischer Prägung.

Denn buchstäblich aus dem Nichts erschuf Rockefeller eines der größten wirtschaftlichen Imperien der Geschichte und brachte es selbst zu sagenhaften Reichtum.

Raue Zeiten

Wer in unserer Zeit superreich werden möchte, darf bei der Wahl der Methoden nicht wählerisch sein - schon gar nicht im Geschäft mit Rohstoffen. Aber als 1859 mit einem Ölfund in Pennsylvania das Ölzeitalter in den USA begann und ein durch technischen Fortschritt befeuerter wirtschaftlicher Aufschwung seinen Anfang nahm, ging es noch deutlich rauer zu.

"All unsere Gewohnheiten, Anschauungen und Freundschaften werden in der wilden Jagd auf Reichtum auf den Kopf gestellt", beschreibt ein zeitgenössischer Journalist die Lage. Arme würden reich, Reiche noch reicher, andere Arme und Reiche verlören alles. Ein Spielfilm wie "There will be Blood" von Paul Thomas Anderson vermittelt vermutlich einen Eindruck über die Zustände, die damals herrschten.

Der Ölrausch beginnt

Zeiten des Umbruchs sind immer gute Zeiten für mutige Unternehmer. Gemeinsam mit einem Partner war Rockefeller in den 60er Jahren in das frische Raffinerie-Geschäft eingestiegen und investierte in Verarbeitung und Transport des schwarzen Goldes, in Fässer, Pipelines, Schiffe. Sein Geschäft profitierte vom gewaltigen Boom in den USA. 1870 gründete er die Standard Oil Company. Rockefeller schuf in den folgenden Jahren ein kaum zu entwirrendes Geflecht von Firmen und Scheinfirmen.

Mit rabiaten Methoden und gnadenlosen Preiskämpfen drängte er Konkurrenten ohne Rücksicht aus dem Markt. Sie mussten aufgeben und verkauften die Reste ihrer Geschäfte billig an Rockefeller oder an eines der von ihm kontrollierten Unternehmen. Selbst vor Sabotage von Konkurrenten schreckte er nicht zurück.

Mit Eisenbahnunternehmen handelte er, unterstützt durch seine Marktmacht, günstige Konditionen aus, um Wettbewerbern zu schaden. Politiker erhielten großzügige Spenden, damit sie in der US-Demokratie seine Interessen vertraten. 

Das vergoldete Zeitalter der Räuberbarone

Es war das "Gilded Age" des US-Kapitalismus, wie der US-Schriftsteller Mark Twain es einmal nannte - vergoldet, weil sich hinter der Fassade gigantischen Reichtums einzelner Tycoone eine Welt von Korruption, Gewalt und riesiger Armut verbarg. Man erfand den Begriff "Räuberbarone" für Männer wie den Stahlunternehmer Andrew Carnegie, den Transportunternehmer Cornelius Vanderbilt, den Finanzmann John Pierpont Morgan - und John D. Rockefeller.

Mit seinem Imperium kontrollierte Rockefeller zeitweise rund 90 Prozent des US-Ölmarkts. Und um 1890 herum waren es sogar etwa zwei Drittel des globalen Ölmarkts.

Aber Rockefeller hatte den Bogen überspannt. Die öffentliche Meinung kippte, Zeitungen enthüllten die Methoden Standard Oils und die Politik erinnerte sich daran, dass der Wettbewerb eine wichtige Säule des Kapitalismus sein sollte. Das Monopol Rockefellers gefährdete das System.

Roosevelt gegen Rockefeller

Im Jahr 1890 wurde der "Sherman Antitrust Act" vom US-Kongress verabschiedet. Das Gesetz verbot Monopole und unzulässige Eingriffe in den Handel. 1901 war Theodore Roosevelt US-Präsident geworden. Er wurde zu Rockefellers mächtigstem Gegenspieler. Die Direktoren von Standard Oil seien die größten Kriminellen des Landes, schimpfte Roosevelt.

1906 eröffnete Roosevelts Regierung ein Verfahren gegen Standard Oil wegen Verstoßes gegen das Kartellrecht. Im Jahr 1911 wurde der Konzern nach jahrelangem Rechtsstreit schließlich zerschlagen und in 34 Einzelgesellschaften zerlegt. Aus einem Unternehmensteil, der Standard Oil of New Jersey, wurde später der Ölgigant ExxonMobil.

Im Grunde hat die Zerschlagung Rockefeller kaum geschadet. Er kaufte billig Aktienpakete der einzelnen Gesellschaften auf, deren Preis anschließend kräftig stieg. Der Lohn: Im Jahr 1916 wurde er der erste Dollarmilliardär in der Geschichte.

Der Vergleich mit heutigen Maßstäben ist schwer. Ärmer als der derzeit reichste Mensch der Welt, Amazon-Boss Jeff Bezos, der laut Forbes über ein Vermögen von mehr als 100 Milliarden Dollar verfügt, war er ziemlich sicher nicht.      

Askese, Reichtum und Philanthropie

Was trieb Rockefeller an, der im Jahr 1937 mit 97 Jahren starb? Die Gabe, Geld zu verdienen sei eine Gabe Gottes, glaubte der Öl-Tycoon. Sie zu nutzen, sei deshalb Teil seiner christlichen Pflichten. Der Soziologe Max Weber sah in der protestantischen Arbeitsethik den kapitalistischen Geist am Werk, für den die Anhäufung von Reichtum, Askese und Wohltätigkeit zusammengehören.    

Und auch als Wohltäter ist Rockefeller berühmt geworden. Er zählt zu den bedeutendsten Philanthropen der USA. Er finanzierte unter anderem die Gründung der Universität von Chicago, unterstützte viele andere berühmte Universitäten wie Harvard oder Yale, engagierte sich im Bereich Gesundheit und gründete 1913 die Rockefeller Foundation, die sich zum Ziel gesetzt hat, das das "Wohl der Menschheit auf der ganzen Welt" zu fördern.

Ob sich das hehre Ziel auch erreichen lässt, wenn man sich an Gesetze hält und dafür sorgt, dass Menschen nicht von der Gnade der Erfolgreichsten abhängen, darüber lohnt es sich allerdings nachzudenken.

Weitere Kursinformationen zu ExxonMobil

Standard Oils Nachfolgekonzern ExxonMobil ist bis heute eine Dollar-Druckmaschine. Seit 2008 erzielte der Ölgigant mehr als 300 Milliarden Dollar Reingewinn. Fast 300 Milliarden Dollar beträgt der aktuelle Börsenwert. ExxonMobil ist noch immer eines der größten Unternehmen auf dem Globus. Rockefellers Erben sind - soweit bekannt - nicht mehr signifikant beteiligt.

Nach mittlerweile allerdings schon etwas älteren "Forbes"-Zahlen soll die Familie Rockefeller über ein Vermögen von elf Milliarden Dollar verfügen. Das sollte reichen, um auch den nächsten Generationen ein entspanntes Leben zu garantieren.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 10. Januar 2020 um 10:05 Uhr.