Der Hedgefonds-Manager Paul Singer bei einem Wirtschaftsforum 2013 in Davos.

US-Hedgefonds Elliott Deutsche Manager zittern vor Paul Singer

Stand: 13.08.2019 06:45 Uhr

Vor dem Manager des Hedgefonds Elliott zittern nicht nur Firmenchefs, sondern ganze Staaten. Jetzt nimmt Paul Singer die Deutschland AG ins Visier. Seine Strategie ist dabei ebenso raffiniert wie furchteinflößend.

Von Angela Göpfert, boerse.ARD.de

In London laufen die Fäden zusammen. Unter der Führung von Paul Singers Sohn Gordon erörtert ein Team von der britischen Hauptstadt aus Anlagechancen in Europa. Rund 100 Leute soll der Hedgefonds Elliott in London stationiert haben.

Und diese finden offenbar immer mehr lohnende Anlageobjekte in Deutschland. 2016 kaufte sich Singers Hedgefonds beim 3D-Druckspezialisten SLM Solutions ein. 2017 folgten der Arzneimittelhersteller Stada, der Maschinenbauer Gea und der Energiekonzern Uniper. 2018 erwarb Singer ein größeres Aktienpaket am Industriekonzern Thyssenkrupp.

2019 verschärfte Singer das Tempo: Im April 2019 erfolgte der Einstieg beim Softwarekonzern SAP, im Juni beim Chemiekonzern Bayer und Anfang August schließlich beim Kleinanzeigenportal Scout24 (Immobilienscout24, Autoscout24).

Deutsche Konzerne besonders anfällig

Keine Frage, die Einschläge kommen näher. Doch was macht deutsche Konzerne für einen amerikanischen Hedgefonds so attraktiv? Es ist wohl in erster Linie die zersplitterte Eigentümerstruktur, die deutsche Konzerne so anfällig macht. In der obersten deutschen Börsenliga, dem Dax, gibt es nur wenige Unternehmen mit starken deutschen Großaktionären wie Henkel, Beiersdorf oder BMW.

Kommen dann noch strategische Verfehlungen, sinkende Gewinne und fallende Aktienkurse hinzu, dann leuchten die Augen eines jeden aktivistischen Investors. Deutschland gilt in der Szene als ein Markt, auf dem es viel zu holen gilt.

Der personifizierte aktivistische Investor

Das will sich ein Mann wie Paul Singer natürlich nicht entgehen lassen. Denn Paul Singer ist ein aktivistischer Investor, wie er im Buche steht.

Die immer gleiche Masche

Singers Masche ist dabei immer dieselbe. Er kauft sich in ein Unternehmen ein, bleibt dabei aber zunächst unter der Schwelle von drei Prozent, ab der er ein Engagement öffentlich melden müsste. Dann treten Singer und seine Mannen mit konkreten Forderungen an das Management heran. Zunächst hinter verschlossenen Türen.

Ignorieren die Firmenlenker jedoch die "wohlgemeinten Ratschläge", erhöht der Hedgefonds den Druck: Es folgt ein öffentlicher Brief an den Vorstand oder Aufsichtsrat mit einem konkreten Maßnahmenkatalog.

"Elliott-Effekt" an der Börse

Erst zu diesem Zeitpunkt erfährt die Öffentlichkeit, dass Elliott zu den Anteilseignern gehört. Darauf folgt an der Börse unweigerlich der "Elliott-Effekt": Zahlreiche andere Anleger steigen bei dem Unternehmen ein und treiben so den Aktienkurs in die Höhe.

Hintergrund ist die positive Historie von Paul Singers Fonds: Dieser zeigt mit einer durchschnittlichen jährlichen Nettorendite von rund 13 Prozent seit der Gründung eine deutliche Outperformance gegenüber dem Aktienindex S&P 500. Das zieht renditehungrige Investoren geradezu magisch an.

Managerposten in Gefahr

Denn sie wissen: Singer und seine Mannen geben niemals auf. Gnadenlos decken sie Mängel in der Unternehmensführung auf und halten den Konzernlenkern den Spiegel vor. Es ist diese bedingungslose Konsequenz, welche die Firmenchefs fürchten. Denn oftmals steht ihr – gutbezahlter – Posten auf dem Spiel.

Tatsache ist aber auch: In der Regel trifft es keine Unschuldigen, sondern Manager, die mit ihren strategischen Fehlentscheidungen ihre Unternehmen in die Bredouille gebracht haben. Siehe Bayer mit seinem Monsanto-Kauf.

Aktivismus als Chance

Insofern haben die Konzernchefs wahrlich allen Grund, Paul Singer zu fürchten. Bayer-Chef Werner Baumann tut gut daran, sich langsam nach Alternativen umzusehen.

Werner Baumann

Ob er seinen Job behält? Bayer-Chef Werner Baumann

Für Arbeitnehmer und Aktionäre hingegen ist das Eingreifen Singers nicht selten auch eine Chance auf eine Wende zum Besseren. Denn nur ein langfristig gut aufgestelltes Unternehmen hat die Chance zu überleben, kann Arbeitsplätze sichern, seinen Aktienkurs steigern, Gewinne und Dividenden erhöhen. Das ist vielleicht der wahre "Elliott-Effekt".