85. Geburtstag Wayne, der unsichtbare Apple-Mitbegründer

Stand: 17.05.2019 07:32 Uhr

Ronald Wayne könnte unermesslich reich sein: Er ist der dritte Mitbegründer von Apple und gilt als der vielleicht größte Pechvogel der IT-Geschichte. Er verkaufte seinen Anteil bereits nach nicht einmal zwei Wochen und vergab damit die Chance, heute im Geld zu schwimmen.

Von Claudia Wiggenbröker und Thomas Spinnler, boerse.ARD.de

"Vielleicht habe ich Millionen von Dollar verloren. Aber offen gestanden war es persönlichkeitsbildend", teilte Ronald Wayne via Facebook einmal der Welt mit, die bis heute über seine Lebensgeschichte staunt. Wayne hatte den Lottoschein mit einem Gewinn in der Hand, der das Vorstellungsvermögen weit übersteigt - und er hat ihn praktisch verschenkt.

Denn Wayne ist einer der Mitbegründer von Apple, der dritte Mann neben Steve Jobs und Steve Wozniak. Er hielt einen Anteil von zehn Prozent an dem Unternehmen, das heute an der Börse fast 900 Milliarden Dollar wert ist. Millionär ist also weit untertrieben: Wenn er seinen Apple-Anteil heute noch hielte, wäre er hinter Bill Gates und vor Warren Buffett der drittreichste Mann der Welt.

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Aber wie das Leben eben manchmal so spielt, gab der damals 41-Jährige bereits elf Tage nach der Gründung des Elektronik-Imperiums im Jahr 1976 seinen Anteil an die treibenden Kräfte Steve Jobs und Steve Wozniak zurück - für einen Preis von 800 Dollar.

Der dritte Mann scheut das Risiko

Wayne kannte die beiden etwa halb so alten Kollegen von der gemeinsamen Arbeit bei der PC-Schmiede Atari. Doch Steve Jobs wollte sein eigenes Unternehmen aus dem Boden stampfen. Den Kern dafür hatte er bereits gefunden: Ein von seinem Freund Wozniak entwickelter Personal-Computer. Allerdings gab es ein Problem. Wozniak wollte seine Erfindung auch anderen Firmen zugänglich machen. Das hingegen wollte Jobs verhindern.

Hier kam Ronald Wayne ins Spiel: Der 21 Jahre ältere Kollege sollte Wozniak davon überzeugen, seine Technologie nur der gemeinsamen Ideen-Schmiede zur Verfügung zu stellen. Wayne erklärte Wozniak daraufhin, "wie ein Unternehmen funktioniert". Danach seien "alle Schwierigkeiten aus der Welt" gewesen. Wenig später wurde der Vertrag über die Apple-Gründung in Waynes Wohnung aufgesetzt.

Jobs verkaufte direkt 100 Computer an einen Zwischenhändler. Dafür brauchte er allerdings Material, und für Material braucht man Geld. Er belastete die junge Firma mit einem Kredit über 15.000 Dollar.

"Ich bin zu alt für sowas"

Ronald Wayne trieb diese Summe den Schweiß auf die Stirn. Nicht, dass er grundsätzlich nicht bereit gewesen wäre, ein geschäftliches Risiko einzugehen, im Gegenteil. Eine eigene Geschäftsidee, der Verkauf von Slot Machines, war bereits gescheitert. Wäre der Deal mit dem Zwischenhändler aber geplatzt, hätte es ihn teuer zu stehen kommen können, denn die drei Gründer hafteten persönlich für ihre Geschäfte. "Ich hatte das Gefühl, dass ich zu alt war für so was. Die beiden waren wie Wirbelstürme, es war, als würde man einen Tiger am Schwanz spazieren führen", erinnerte sich Wayne. Also entschloss er sich, auf seinen Anteil an Apple zu verzichten.

"Jeder wäre gerne reich, aber ich konnte das Tempo einfach nicht mitgehen", sagte Wayne dazu in einem Interview mit dem "Daily Telegraph". Er sei zufrieden mit seiner Entscheidung, wenn man den Stress betrachte, der ihm erspart geblieben ist: "Ich wäre reich geworden, aber wenn ich bei Apple geblieben wäre, wäre ich der reichste Mann auf dem Friedhof." Vor dem Friedhof gibt es natürlich noch so etwas wie ein Leben. Und mit ein paar Milliarden auf dem Konto wäre es gewiss anders verlaufen -  aber besser? Wer weiß.

Ingenieur, Autor, Illustrator, Universalgenie

Wayne wurde am 17. Mai 1934, also vor 85 Jahren, geboren. Auf seiner Webseite bezeichnet er sich als "Renaissance-Mensch". Damit spielt er vermutlich darauf an, als Mensch mit vielen Talenten und einem breiten Wissen gesegnet, also ein "Universalgenie" zu sein. Er sei Ingenieur, Autor und Illustrator, heißt es dort, der sich mit Themen wie der Natur des Geldes, Währungen, Regierungsformen, ökonomischen und sozialen Themen befasst. Und knapp ein Dutzend Erfindungen ließ Wayne auch noch patentieren.

Zeitweise schien den Hobby-Glücksspieler das Glück zu jagen, aber er war meistens schneller. Selbst den gemeinsam unterzeichneten Vertrag - gewissermaßen ein historisches Dokument - verkaufte Wayne später zum Schleuderpreis von "mehreren tausend Dollar". Als das dreiseitige Dokument 2011 über das Auktionshaus Sotheby's versteigert wurde, brachte es 1,2 Millionen Euro ein.

Heute lebt er in Pahrump, Nevada, rund 50 Kilometer von der Zockerhauptstadt Las Vegas entfernt. Auch das Death Valley und das Silicon Valley sind nicht allzu weit. In Pahrump betrieb er einen kleinen Münz- und Briefmarkenhandel.

Ob man sich lieber das Märchen vom Pechvogel oder das Märchen von der Persönlichkeitsbildung erzählen lässt, sagt vermutlich mehr über uns selbst aus als über Wayne. Wie es sich anfühlt, wenn man so eine Geschichte erlebt hat, weiß nur er selbst. Und immerhin kann Wayne mit 85 Jahren noch in seinem Liegestuhl in der Sonne Nevadas sitzen und davon erzählen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Radio Bremen am 17. Mai 2019 um 08:08 Uhr.