Nach Desaster für Lehman-Kunden Regierung will mehr Schutz vor Falschberatung

Stand: 18.02.2009 17:51 Uhr

"Den Anleger aus seiner Beweisnot befreien", darauf zielt ein neues Gesetz, das Kunden künftig besser vor falscher Bankberatung schützen soll. Der Entwurf, den das Kabinett billigte, verpflichtet Anlageberater, Kundengespräche zu protokollieren.

Bankkunden sollen besser vor Falschberatung geschützt werden. Das Kabinett verabschiedete einen Gesetzentwurf, wonach Anlageberater Kundengespräche künftig beweissicher dokumentieren müssen. Die Verjährungsfrist für Schadenersatzansprüche soll von drei Jahren ab Kauf eines Finanzprodukts auf zehn Jahre verlängert werden.

Die starke Renditeausrichtung vieler Banken habe offensichtlich zu einem solchen Vertriebsdruck geführt, dass sich manche Berater mehr an den Provisionen als am Kundeninteresse orientiert hätten, erklärte Justizministerin Brigitte Zypries. Das geplante Gesetz solle verhindern, dass Verbrauchern Risikopapiere - wie zum Beispiel im Fall der US-Investmentbank Lehman Brothers - als sichere Anlagen verkauft werden. Viele Schadenersatzansprüche seien bislang daran gescheitert, dass Anleger ihre Vorwürfe wegen Falschberatung nicht gerichtsfest hätten beweisen können, erklärte Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner. "Wir befreien den Anleger aus seiner Beweisnot."

Protokolle der Anlagewünsche

Dem Gesetzentwurf zufolge müssen Banken und Finanzvermittler künftig den Anlass und die Dauer der Beratung dokumentieren. In dem Protokoll müssen sie zudem die persönliche Situation und die Anlagewünsche des Kunden festhalten. Ihre Anlageempfehlung müssen sie in dem Schriftstück begründen. Der Kunde bekommt ein Exemplar. Bei telefonischen Beratungen sollen Kunden das Recht auf einen Mitschnitt haben.

Die neue Verjährungsfrist von zehn Jahren soll ab Vertragsschluss gelten. Die zusätzliche Zeit sei notwendig, da Anleger oft erst nach langer Zeit von ihren Ansprüchen erfahren würden, erklärte Aigner.

Verbraucherschützer loben Fortschritt

Verbraucherschützer begrüßten den Gesetzentwurf als Fortschritt für den Anlegerschutz, forderten aber Nachbesserungen. Klare Standards für die Beratungsprotokolle fehlten, monierte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv): Angaben wie der Anlass der Beratung oder die persönliche Situation des Kunden seien nur abstrakt beschrieben. Einheitliche Standards ermöglichten es dem Kunden zudem zu erkennen, wann ein Protokoll unvollständig ist.

Kritik äußerten die Verbraucherschützer auch an den geplanten Sanktionen. Wenn ein Protokoll unvollständig ist oder gar nicht erst erstellt wurde, ist laut vzbv ein Bußgeld von 50.000 Euro vorgesehen. Der vzbv hatte eine Umkehr der Beweislast gefordert: Dann hätte ein Berater in strittigen Fällen beweisen müssen, den Kunden wunschgerecht beraten zu haben.

Neue Regeln künftig auch für Versicherungen

Das Gesetz soll bis Sommer verabschiedet werden. Eine Zustimmung des Bundesrates ist nicht erforderlich, wie Zypries erklärte. Aigner will die Regelungen des Gesetzes auch auf die Vermittlung von Versicherungen und Krediten ausdehnen.