Video

BND: Geheimpapiere Umzug

Stand: 09.03.2006 00:00 Uhr

Die rot-grüne Bundesregierung hat vor drei Jahren beschlossen, der Bundesnachrichtendienst solle nach Berlin umziehen. Und dann hat sie für viel Geld ein Grundstück in Berlin erworben, wo eine neue ganz besonders moderne und sichere Geheimdienstzentrale gebaut werden soll. Aber nun ist die Union an der Macht. Und da möchte der Bayerische Ministerpräsident Stoiber noch einmal das Ruder rumwerfen. Es sei viel besser und billiger, wenn der BND in Pullach bliebe. Also in Bayern. Das führt nun zum Streit zwischen dem Kanzleramt und der eigenen Unions-Fraktion. Christian Nitsche berichtet: Kanzleramt und Unionsfraktion schicken sich zur Zeit gegenseitig Geheimpapiere. Das Kanzleramt will den Umzug des BND nach Berlin, alle greifbaren Argumente werden zusammengetragen: nur in Berlin könne beim BND eine „corporate identity“, ein echtes Gemeinschaftsgefühl entstehen, außerdem sei das Angebot an potentiellen Agenten auf dem dortigen Arbeitsmarkt deutlich größer. Einfach alles sei in Berlin besser als in Pullach. Fritz-Rudolf Körper, stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender: „Ich glaube, dass der Bundesnachrichtendienst sehr eng am Sitz der Bundesregierung zu lokalisieren ist. Das ist notwendig.“ Dieter Wiefelspütz, SPD-Fraktion: „Wir brauchen die Beratungskapazität hier in Berlin, wie brauchen die Auswertung hier in Berlin und nicht im schönen Pullach.“ Das lässt die CSU nicht auf sich sitzen, kontert gegenüber SPD und Kanzleramt ebenfalls mit einem internen Papier. Drohkulisse dort: Viele BND-Mitarbeiter könnten sich einem Umzug verweigern. Außerdem würden ja andere Geheimdienste zum Schutz vor Terroranschlägen mit ihren Zentralen gerade die Stadtzentren verlassen. Georg Fahrenschon, CDU/CSU-Fraktion: „Der CIA ist schon draußen, Langley liegt acht Meilen vor Washington. Der NSA wir die Hauptstadt verlassen und der Anschlag in London vor wenigen Monaten, galt gegebenenfalls dem MI6, nur 200 Meter davon entfernt wurde ein Anschlag auf einen Bus durchgeführt. Und deshalb prüfen auch unsere britischen Freunde sehr schnell, die Hauptstadt zu verlassen.“ Beim BND-Umzug geht es um das Prestige der Bayern, den BND zu beheimaten, das Ansehen der SPD, am Umzugsplan festzuhalten, das Kalkül der Kanzlerin, eine Bundesbehörde nach Ostdeutschland zu verlagern. Jeder schätzt die Umzugskosten unterschiedlich ein: 1, 2 Milliarden meint das Kanzleramt über 1,7 der Bundesrechnungshof und zwei Milliarden der Personalrat des BND. Ohne Umzug müsste der BND laut Kanzleramt für 402 Millionen modernisiert und saniert werden. Wolfgang Bosbach, stellvertretender CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender: „Selbstverständlich muss der Bundesnachrichtendienst am Regierungssitz präsent sein und das ist er schon heute mit fast 1300 Beschäftigten. Es gibt keine Notwendigkeit den gesamten Bundesnachrichtendienst in Berlin zu konzentrieren, das ist fachlich nicht notwendig und die enorm hohen Kosten des Umzugs stehen in keinem Verhältnis zu dem erhofften Nutzen.“ Während Angela Merkel Staatsgäste empfängt, arbeiten Abgeordnete aus ihrer eigenen Fraktion fleißig daran, den BND-Umzug während der Haushaltsberatungen zu kippen. Wer hat das bessere Geheimdossier, heißt es im Papierkrieg, bei dem die Boten gerne auch mal bei Journalisten vorbeischauen.

Sendungsbild der tagesthemen
tagesthemen, 22:15 Uhr, tagesthemen, 09.03.2006 22:15 Uhr