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Stand: 13.04.2008 12:39 Uhr

Hans Eichel bleibt Das Bundesfinanzministerium hat einen neuerlichen Pressebericht über angebliche Rücktrittsdrohungen von Minister Hans Eichel (SPD) als falsch zurückgewiesen. Die Zeitung "Welt" hatte geschrieben, dass Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) Eichel am Wochenende vom Rücktritt abgehalten habe. In einem Gespräch mit Schröder und Außenminister Joschka Fischer (Grüne) soll Eichel nach dieser Darstellung während der Kabinettsklausur zur Rente am Sonntag deutlich gemacht haben, dass er für einen Kurs immer weiterer Verschuldung nicht unbegrenzt zur Verfügung stehe. Christina Böker berichtet. Gute Miene zu schlechten Zahlen. Das gehört irgendwie dazu zum Job des Finanzministers, so ist das auch heute. Hans Eichel, SPD, Bundesfinanzminister: "Der Finanzminister ist das Ekelpaket der Regierung, das ist in Ordnung so und dafür werde ich auch bezahlt." Vielleicht hat er sich das aber mal anders vorgestellt. Das Strahlen ist fröhlich – der frisch gekürte Minister beim Amtsantritt 1999. Die Wahl in Hessen verloren, nun Aufstieg und vom Kanzler gibt es sogar Vorschuss. Lafontaine weg, der Star im Kabinett heißt Eichel – volles Vertrauen vom Chef. Es scheint, als sei ihm die Rolle des Sparkommissars auf den Leib geschrieben. Karges Büro noch in Bonn das der Mann keine Schulden machen will nimmt man ihm ab und genau das ist sein Ziel. Hans Eichel, SPD, Bundesfinanzminister: "Diese Bundesregierung wird noch im Ende der nächsten Wahlperiode des deutschen Bundestages als erste seit Jahrzehnten einen ausgeglichenen Haushalt in diesem deutschen Bundestag vorlegen und darauf sind wir dann stolz." Heute ist er davon meilenweit entfernt. 43,4 Milliarden Rekord bei der Neuverschuldung. Zurück zu den besseren Zeiten. Steuern senken, auch damit macht der Minister sich einen guten Ruf. Der Bundesrat stimmt überraschend seiner Steuerreform zu. Gelungener Coup, 2000 war das. Doch irgendwann wird das Regieren und das Sparen schwieriger. Blauer Brief aus Brüssel, die Wirtschaft springt nicht an und im Sommer 2002 auch noch die Flut, das kostet. Im zweiten Kabinett Schröder ist Eichel nicht mehr der Star, ein starker Wirtschaftsminister kommt dazu. Hans‘ lange Sparlisten, sein Steuervergünstigungsabbaugesetz können einige Kollegen bald nicht mehr sehen. Und dann zitiert ihn die Union auch noch vor den Wahllügen-Untersuchungsausschuss. Hat der brave Kassenwart die Wähler über die Finanzlage getäuscht? Eichel kommt zwar glimpflich raus, doch sein Amt wird nicht leichter. Kurze Hoffnung auf der Kabinettsklausur im sommerlichen Schloss Neuhardenberg. Schön inszeniert das Vorziehen der Steuerreform, doch den Ruf des Sparers und Steuersenkers rettet das nicht. Das meiste will Eichel mit Schulden finanzieren. Und dann noch Streit mit Ulla Schmidt. Erst um die Tabaksteuer, Eichel muss nachgeben, dann um den Zuschuss zur Rente, Eichel muss das Geld anderswo zusammenkratzen. Immer häufiger Rücktrittsgerüchte. Hans Eichel, SPD, Bundesfinanzminister: "Entweder geht man jetzt voran, macht die Sachen die gemacht werden müssen, oder man geht. So einfach ist das." Eisern ist er bis heute, macht weiter diese Sachen. Lieber würde er sparen, das glaubt man ihm immer noch. Aber einer muss ja die schlechten Nachrichten verkünden, auch dazu braucht ihn der Kanzler noch.   Haushaltskasse ist leer Weil sich die Konjunktur in Deutschland deutlich schlechter entwickelt hat als von der Regierung ursprünglich erwartet, klafft im diesjährigen Bundeshaushalt das größte Loch in der Geschichte der Bundesrepublik. Finanzminister Hans Eichel (SPD) musste am Donnerstag nicht nur die Rekordneuverschuldung von 43,4 Milliarden Euro für 2003 einräumen, sondern auch ein erneutes Verfehlen der EU-Defizitmarke im kommenden Jahr. Andreas Clarysse berichtet. Die Aufmunterung konnte der Kassenwart gut gebrauchen, denn vergnügungssteuerpflichtig war der Arbeitstage des Finanzministers nun wahrlich nicht. Hans Eichel hatte dem staunenden Volk zu verkünden, dass die Bundesregierung in diesem Jahr 43,4 Milliarden Euro neue Schulden machen muss. Dabei waren nur 18,9 Milliarden geplant. Kein Wachstum in diesem Jahr hat aber Steuerausfälle von 12,5 Milliarden Euro zur Folge und die Kosten für die Arbeitslosigkeit liegen zwölf Milliarden über der Planung. Macht zusammen stolze 43,4 Milliarden Euro. Als Grund nannte der Finanzminister drei Jahre Stagnation. Die Union lastet Eichel hingegen die nicht zutreffenden Prognosen an. Friedrich Merz, stellv. CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender: "Eine solche Fehleinschätzung hat es vermutlich im Amt des Bundesfinanzministers bis heute noch nie gegeben. Es ist das Ergebnis einer ganzen Serie von Fehleinschätzungen, Fehlbewertungen." Im nächsten Jahr, so der Wirtschaftsminister, könnte es aber besser werden. Das Wachstum, seit Jahren ungeahnte Höhen von 1,5 bis zwei Prozent erringen. Aber nur, wenn die rot-grünen Reformen umgesetzt werden. Wolfgang Clement, SPD, Bundeswirtschaftsminister: "Negativ gesagt, wenn die Reformmaßnahmen verhindert würden, könnte das Wirtschaftswachstum auch am unteren Rand der Spanne, also bei 1,5 Prozent, oder sogar noch niedriger liegen." Am Nachmittag hatte der Finanzminister eine weitere harte Nuss zu knacken. Er musste dem Haushaltsausschuss den Nachtragsetat 2003 und die Folgen für 2004 erläutern. Fast 31 Milliarden Euro Schulden muss Eichel auch im nächsten Jahr aufnehmen. CDU und FDP befürchten, dass der Finanzminister sogar die 50 Euro Milliardengrenze überschreiten könnte. Dietrich Austermann, CDU/CSU-Fraktion: "Wenn man sich heute die Situation ansieht, haben wir etwa Risiken für das kommende Jahr in der Größenordnung von über 20 Milliarden Euro, die Herr Eichel nicht berücksichtigt hat." Die Opposition hat hier nur die schlechtesten Werte angesetzt. Den Supergau glaubt der Finanzminister auch vermeiden zu können. Er will 2004 Bundesbeteiligungen in Milliardenhöhe, z.B. Telekom-Aktien, verkaufen und mit den Erlösen die Konjunktur anschieben. Antje Hermenau, B.90/Grünen-Fraktion: "Ich glaube, dass Hans Eichel trotzdem richtig entschieden hat, weil er folgt damit eigentlich sehr getreu und sehr genau den Vorgaben aus Brüssel und d. h., zumindest innerhalb Europas ist offensichtlich keiner klüger als wir." Sollte trotz Reformen, Vorziehen der Steuerreform und Privatisierungserlösen die Konjunktur nicht anspringen, dann... Nein, darüber sollte man heute lieber nicht spekulieren. Ulrich Wickert im Gespräch mit Hans Eichel.

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tagesthemen, 22.30 Uhr, tagesthemen, 23.10.2003 22:30 Uhr