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Stand: 13.04.2005 00:00 Uhr

Bundeskanzler Gerhard Schröder, der die Familienpolitik einst als "Gedöns" bezeichnet hat, sieht in ihr nun "eine strategische Aufgabe ersten Ranges". In einer Grundsatzrede mahnte Schröder die versammelten Wirtschaftsvertreter, es sei nicht nur eine "persönliche Ungerechtigkeit", wenn Mütter im Berufsleben benachteiligt würden, sondern auch "volkswirtschaftliche Verschwendung." Christian Gräff berichtet: Der Kanzler begrüßt seine Familienministerin mit Respekt. Vor Jahren hat er Familienpolitik noch als Gedöns bezeichnet, Renate Schmidt erst hat ihm beigebracht, dass es hier um harte Politik geht. Nicht ohne Selbstironie beschreibt er also auch eigene Versäumnisse der vergangenen Jahre. Gerhard Schröder, SPD, Bundeskanzler: „Familienpolitik – soviel steht fest – war in der Vergangenheit häufig ein Thema, das nur Fachzirkel berührte und die Fachleute in den Fraktionen, in den politischen Parteien. Heute wissen wir, sollten wir jedenfalls wissen, dass eine gute Familienpolitik und eine gute nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes wirklich untrennbar zusammengehören.“ Familienfreundlichkeit, sagt inzwischen auch der Kanzler, sei ein gutes Geschäft. Von zufriedenen Arbeitnehmern profitierten die Unternehmen, und mehr Menschen, die Familie und Beruf vereinbaren könnten, zahlten auch mehr Steuern und Sozialabgaben. Auch der Arbeitsgeberpräsident sieht Familienpolitik positiv als Wirtschaftsfaktor, doch die geltende dreijährige Jobgarantie für erziehende Frauen hält er für übertrieben. Dieter Hundt, Präsident Arbeitgeberverbände: „Aus Sicht der Arbeitgeber müssen wir über eine Verkürzung der Elternzeit und eine Konzentration der Transferleistungen diskutieren. Nur dann, meine Damen und Herren, wird es gelingen, junge Eltern schnell wieder ins Arbeitsleben zu integrieren und die Motivation für mehr Kinder zu erhöhen.“ Hundt trifft einen wunden Punkt rot-grüner Familienpolitik. Die etwa 150 Milliarden Euro, die aus verschiedensten Töpfen in die Familienförderung fließen, versanden. Deutschland steckt europaweit am meisten Geld in die Familien, liegt aber auf dem letzten Platz der Geburtenstatistik. Die Ministerin will die Mittel künftig konzentrierter einsetzen. Renate Schmidt, SPD, Bundesministerin für Familie: „Erstens Ausbau der Kinderbetreuung, zweitens familienfreundliche Arbeitszeiten und drittens, als Schlusspunkt der ganzen Geschichte, auch ein lohnabhängiges Elterngeld.“ Der Kanzler will dieses Elterngeld, bei den Genossen aber ist es umstritten, daher will die Ministerin in dieser Legislaturperiode keinen Gesetzentwurf mehr präsentieren, bei Wiederwahl Wiedervorlage. Bis dahin will man gemeinsam mit der Wirtschaft in lokalen Bündnissen die Betreuungsangebote verbessern. Aber im Jahr 2010, dem Lieblingsdatum des Kanzlers, soll Deutschland in der Spitzengruppe sein, was Kinderfreundlichkeit angeht. Das ist kein Gedöns.

Sendungsbild der tagesthemen
tagesthemen, 22:30 Uhr, tagesthemen, 13.04.2005 22:30 Uhr