Harry Belafonte

Künstler und Bürgerrechtler US-Sänger Harry Belafonte wird 95

Stand: 01.03.2022 09:16 Uhr

Als US-Soldat kämpft er im Zweiten Weltkrieg, danach feiert er seinen Durchbruch als Sänger. Schließlich wird er Bürgerrechtler und macht sich gegen Rassismus stark. Heute wird Belafonte 95 Jahre alt.

Von Peter Mücke, ARD-Studio New York

Mit seinem "Banana Boat Song" brachte Harry Belafonte in den 1950er Jahren karibische Leichtigkeit in den musikalischen Mainstream der USA. Doch als seichter Entertainer hat sich der Sänger und Schauspieler nie verstanden, ganz im Gegenteil: "Alle Songs sind politisch. Alle Songs."

Sogar der "Banana Boat Song", bei dem man - wenn man will - das Ächzen der schlecht bezahlten Hafenarbeiter heraushören kann, die faire Löhne fordern. Der Ohrwurm hatte trotzdem enormen Erfolg. Das dazugehörige Album "Calypso" wurde die erste Platte eines Solokünstlers, die sich mehr als eine Million Mal verkaufte.

Vielseitiger Künstler

Dabei wollte Belafonte eigentlich nie ein Sänger werden:

"Als Kind habe ich die ganzen großen Sänger gehört. Ich habe das geliebt, ich habe sie verehrt. Aber ich selbst habe mich nie zum Sänger berufen gefühlt. Ich wusste gar nicht, wie ich klingen wollte."

Bekannt wurde er vor allem durch seine "Calypso"-Hits. Er sang aber auch Blues und Folk, verkaufte insgesamt mehr als 100 Millionen Schallplatten und machte auch als Schauspieler in mehr als 40 Hollywood-Filmen Karriere. Gereicht hat ihm das nicht:

"Ich wusste auch, ich muss noch etwas anderes im Leben machen. Ich hatte so viel Glück und Erfolg - da habe ich mir die Frage gestellt. Was mache ich mit so viel Macht, so viel Kraft?"

Belafonte mit Joe Adams und Dorothy Dandridge in dem Film "Carmen Jones" (1954)

Belafonte mit Joe Adams und Dorothy Dandridge in dem Film "Carmen Jones" (1954)

Bürgerrechtler, Aktivist, UNICEF-Botschafter

Die Antwort fand Belafonte in einer Begegnung mit Martin Luther King:

"Er kam nach New York, um hier in der Kirche zu predigen und er wollte mich treffen. Danach habe ich zu ihm gesagt: 'Sie haben mich gefangen mit Ihren Ideen. Ich bewundere, was Sie machen. Und ich fühle mich geehrt, dass Sie mich fragen, ob ich ihnen helfen kann.'"

Harry Belafonte

Harry Belafonte mit Martin Luther King und Sammy Davis Junior in New York am 4. April 1965. Mit einem Benefizkonzert wurde Geld für die Bürgerrechtsbewegung gesammelt.

Gemeinsam organisierten sie den Marsch in Washington und die Proteste in Alabama - Meilensteine in der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. Später kämpfte er mit Nelson Mandela gegen die Apartheid in Südafrika, sprach sich gegen den US-Imperialismus in Lateinamerika aus und engagierte sich als UNICEF-Botschafter für Kinder in Haiti und im Sudan.

Aus ärmlichen Verhältnissen

Seine Herkunft aus ärmlichen Verhältnissen hat er dabei nie vergessen:

"Was kannst Du alles mit einer Kartoffel machen? Das ist der Schöpfergeist der Armut. Meine Mutter hat aus diesem einzigen Lebensmittel, das wir uns leisten konnten, jedes Mal ein kleines Festmahl gemacht. Es war immer eine Lust."

Belafonte wuchs im New Yorker Stadtteil Harlem auf. Sein Vater war ein Schiffskoch aus Martinique, seine Mutter Hilfsarbeiterin aus Jamaika, die ihren Sohn alleine großziehen musste. Als sie es nicht schaffte, ihn durchzubringen, schickte sie ihn zu Verwandten in ihre Heimat.

Tickets, die sein Leben veränderten

Zurück in den USA meldete er sich mit 16 zum Militär. Danach arbeitete er als Hausmeister-Gehilfe in New York:

"Eines Tages gibt mir ein Mieter als Trinkgeld für irgendwas zwei Eintrittskarten für das Theater. Ich war erst ziemlich genervt, dass er mir nicht einfach zwei Dollar gibt, die ich eigentlich erwartet hatte, sondern zwei Tickets."

Aber es waren Tickets, die sein Leben verändern sollten. Belafonte war derart fasziniert von seinem ersten Theaterbesuch, dass er an der Schauspielschule von Erwin Piscator studierte - mit Kollegen wie Tony Curtis, Marlon Brando und Walter Matthau. Gerne wäre er der erste "Schwarze Hamlet" geworden, erzählt er. Und entschied sich am Ende doch für die Musik:

"Ich glaube, Musik ist eines der besten Mittel für Veränderung. Eine der besten Waffen im Arsenal des Guten."

Peter Mücke, Peter Mücke, ARD New York, 01.03.2022 08:32 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 01. März 2022 um 09:55 Uhr.