Zerrissene Stasi-Akten liegen auf einem Haufen.

Rechnungshof zu Stasi-Akten Digitale Rekonstruktion "vollständig gescheitert"

Stand: 21.04.2023 15:34 Uhr

Ein vernichtendes Urteil des Bundesrechnungshofs: Das 17 Millionen Euro teure Projekt, zerrissene Stasi-Akten digital wieder zusammenzufügen, sei gescheitert. Nur 0,1 Prozent des Bestands hätten rekonstruiert werden können.

Der Versuch, zerrissene Stasi-Schriftstücke digital wieder zusammenzusetzen, ist nach Ansicht des Bundesrechnungshofs "vollständig gescheitert". 28 Jahre nach Beginn der Rekonstruktion seien bisher insgesamt nur 3,2 Prozent der Papierfetzen wieder zusammengesetzt worden, heißt es in einem Prüfbericht. Digital rekonstruiert worden seien vom Gesamtbestand lediglich 0,1 Prozent. Das 17 Millionen Euro teure Projekt habe somit keinen Erfolg gehabt.

15.000 Säcke mit Schnipseln gesichert

Während der friedlichen Revolution in der DDR 1989 und 1990 hatten Beschäftigte des Ministeriums für Staatssicherheit in großem Stil versucht, Akten des Geheimdienstes zu vernichten. Unterlagen wurden geschreddert, verbrannt oder mit Wasser versetzt. Viele Dokumente wurden zur weiteren Zerstörung vorab per Hand zerrissen und in Säcke gestopft. 

Später wurden rund 15.500 Säcke mit Schnipseln gesichert - in der Hoffnung, die zeitgeschichtlich wichtigen Dokumente wieder zusammenzusetzen. Es wird angenommen, dass darin wichtige Informationen zur Stasi-Überwachung aus den 40 Jahren DDR-Geschichte stecken.

Ein Mitarbeiter des Fraunhofer Instituts gibt zerrissene Stasi-Unterlagen in einen Scanner ein.

Ein Mitarbeiter des Fraunhofer Instituts gibt zerrissene Stasi-Unterlagen in einen Scanner ein.

Technische Hürden beim "e-Puzzler"

Das Fraunhofer Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (IPK) prüfte seit 2007, wie die Rekonstruktion mit Hilfe von Computertechnik zu bewerkstelligen wäre. In einem Test sollten zunächst Schnipsel aus 400 Säcken virtuell wieder lesbar gemacht werden. Obwohl die dafür entwickelte Software, der "e-Puzzler", dem Institut zufolge grundsätzlich funktionierte, erwies sie sich nicht als massentauglich. Es gab so viele technische Hürden, dass zunächst nur 23 Säcke mit 91.000 Seiten bearbeitet wurden.

Die Rechnungsprüfer kritisierten die Staatsminister für Kultur und Medien der vergangenen zehn Jahre. Sie seien trotz wiederholter Hinweise untätig geblieben. Es sei nicht nachvollziehbar, warum an der Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut festgehalten werde. "Bei diesem Arbeitstempo wären die Unterlagen erst in rund 847 Jahren wiederhergestellt", kritisierten die Prüfer. Betroffene könnten sich somit keinen Zugang zu den über sie gesammelten Daten mehr beschaffen.

Laut Bundesarchiv konnten in der manuellen Rekonstruktion unter anderem Dokumente der Bespitzelung und Verfolgung prominenter DDR-Oppositioneller wiederhergestellt werden. Auch Einblicke in die Dopingpraxis des DDR-Sportes oder die Grenzabsicherung 1961 wurden demnach möglich. Bei den virtuell rekonstruierten Seiten seien bislang Inhalte aus den späten 1980er-Jahren zusammengesetzt worden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk in den Nachrichten am 21. April 2023 um 13:00 Uhr.