Anne Spiegel ( Bündnis 90/die Grünen), Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat bei einem kurzfristig einberufenen Statement.

Spiegel zu Urlaubsvorwürfen "Ich bitte um Entschuldigung"

Stand: 10.04.2022 22:37 Uhr

Es war ein bemerkenswerter Auftritt: Familienministerin Spiegel hat für ihren Urlaub nach der Flutkatastrophe von Ahrweiler um Entschuldigung gebeten. Sie erklärte ihre Entscheidung mit persönlichen Gründen und hoher Belastung.

Von Mit Informationen von Kai Clement, ARD-Hauptstadtstudio

Bundesfamilienministerin Anne Spiegel hat für ihr Verhalten nach der Flutkatastrophe von Ahrweiler um Entschuldigung gebeten. "Es war ein Fehler, dass wir so lange in Urlaub gefahren sind", sagte sie in einer kurzfristig einberaumten Pressekonferenz. "Ich bitte für diesen Fehler um Entschuldigung."

Spiegel war im Sommer 2021 als rheinland-pfälzische Umweltministerin rund zehn Tage nach der Flutkatastrophe zu einem vierwöchigen Familienurlaub nach Frankreich aufgebrochen und war dafür zuletzt massiv kritisiert worden.

Anne Spiegel, Familienministerin: "Ich möchte mich für die Fehler ausdrücklich entschuldigen"

tagesschau24 21:00 Uhr

"Es war zuviel"

Die Ministerin rechtfertigte ihre Entscheidung nun mit der hohen Belastung als Spitzenkandidatin für die Landtagswahl sowie der gleichzeitigen Arbeit als Landesministerin für Familie. Spiegel hatte zusätzlich zu ihrem Ressort 2021 das Umweltministerium geschäftsführend übernommen. "Das war im nachhinein ein Fehler. Es war zuviel", sagte Spiegel, die sichtlich angeschlagen wirkte. Während des Statements stockte ihr mehrfach die Stimme. "Es hat uns als Familie über die Grenze gebracht", sagte sie.

Die vierfache Mutter führte auch die Krankheit ihres Mannes an, der 2019 einen Schlaganfall erlitten hatte. "Mein Mann war sehr stark belastet", sagte sie. "Es war an einem Punkt, wo wir Urlaub gebraucht haben."

Spiegel räumte noch einen weiteren Fehler ein: Sie habe anders als zunächst angegeben von Frankreich aus nicht per Video an den rheinland-pfälzischen Kabinettssitzungen teilgenommen. Das habe sich jetzt bei einer nochmaligen Überprüfung gezeigt. Richtig sei aber, dass sie die ganze Zeit erreichbar gewesen sei und mit der Ministerpräsidentin und ihren Staatssekretären telefoniert habe.

Auch habe sie ihren Urlaub für einen Tag im Ahrtal unterbrochen. Am Morgen nach der schrecklichen Flutnacht habe sie außerdem sofort einen Krisenstab einberufen, unter anderem um die Trinkwasserversorgung wieder aufzubauen und Müll und Schutt zu beseitigen.

Kristin Becker, ARD Berlin, zu den Reaktionen auf die Entschuldigung von Ministerin Spiegel

tagesschau 12:00 Uhr

Merz fordert Entlassung

Politiker von CDU und CSU hatten zuvor den Rücktritt Spiegels gefordert. CDU-Chef Friedrich Merz appellierte im Bericht aus Berlin an Bundeskanzler Olaf Scholz, die Ministerin zu entlassen. Scholz könne Spiegel nicht in seinem Kabinett lassen, "wenn hier noch die Maßstäbe in der Politik gleichermaßen angewendet werden".

"Vor der Verantwortung geflüchtet"

CDU-Generalsekretär Mario Czaja hatte das Verhalten Spiegels zuvor als "unwürdig" bezeichnet. "Frau Spiegel erweist sich immer mehr als Fehlbesetzung für das Ressort, das ihr anvertraut wurde. Es scheint unerheblich, ob sie im Urlaub ist oder nicht. Aktiv wird sie nie." Auch der Generalsekretär der CSU, Stephan Mayer, forderte Spiegels Rücktritt: Sie "sollte sich ein Beispiel an Heinen-Esser nehmen und ihr Amt zur Verfügung stellen."

Auch die rheinland-pfälzische Oppositionsparteien hatten den Rücktritt der Grünen-Politikerin gefordert. Sie sei als Ministerin untragbar, sagte der CDU-Landesvorsitzende Christian Baldauf.

Spiegel bereits wegen SMS unter Druck

Spiegel hatte im März im Untersuchungsausschuss des Landtags Rheinland-Pfalz zur Flutkatastrophe aussagen müssen. Ihr war wegen eines SMS-Wechsels mit Mitarbeitern außerdem vorgeworfen worden, in der Flutnacht im Juli 2021 vor allem auf ihr politisches Image bedacht gewesen zu sein. Das wies sie zurück: Die Hilfe für die Betroffenen sei für sie von höchster Bedeutung gewesen. Die Staatsanwaltschaft hatte rund sieben Monate ermittelt, letztlich aber keine strafrechtlichen Versäumnisse der Landesregierung gesehen.

Kai Clement, Kai Clement, ARD Berlin, 11.04.2022 06:17 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 10. April 2022 um 21:00 Uhr.