Anne Spiegel

Nach Flutkatastrophe im Ahrtal CDU fordert Entlassung von Ministerin Spiegel

Stand: 10.04.2022 20:31 Uhr

Spiegel war einige Tage nach dem verheerenden Hochwasser an der Ahr in den Urlaub gefahren - ihre Gegner fordern nun den Rücktritt der damaligen Umweltministerin von Rheinland-Pfalz. Die Landesregierung weist die Kritik zurück.

Die heutige Bundesfamilienministerin Anne Spiegel steht im Zusammenhang mit der Flutkatastrophe an der Ahr im Juli 2021 weiter in der Kritik. Zehn Tage nach der Flut hatte sie - damals noch rheinland-pfälzische Umweltministerin - einen vierwöchigen Familienurlaub in Frankreich angetreten. Einen entsprechenden Bericht der "Bild am Sonntag" bestätigte der stellvertretende Sprecher der Landesregierung, Sebastian Kusche, der Nachrichtenagentur dpa in Mainz unter Verweis auf eine Stellungnahme des Umweltministeriums.

Spiegel sei aber ständig erreichbar gewesen, habe auch per Video an Kabinettssitzungen teilgenommen und die täglichen Krisenlagen ihres Ministeriums geleitet, heißt es in dem Schreiben. Spiegel habe ihren Urlaub einmal unterbrochen, um sich am 10. August ein Bild der Lage zu machen, heißt es in der Stellungnahme des Umweltministeriums. Die 41-Jährige, die wegen ihrer vier Kinder auf die Sommerferien angewiesen sei, sei zudem erst in den Urlaub gefahren, nachdem ein Krisenstab im Ministerium für die Trinkwasser- und Abwasserversorgung sowie die Energie- und Müllentsorgung eingerichtet worden sei.

Merz fordert Rauswurf

Am Donnerstag war NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser zurückgetreten, nachdem bekannt wurde, dass sie wenige Tage nach dem Hochwasser mit 135 Toten mit anderen Regierungsmitgliedern auf Mallorca einen Geburtstag gefeiert hatte.

Nun fordern hochrangige Politiker von CDU und CSU den Rücktritt Spiegels. CDU-Chef Friedrich Merz forderte Bundeskanzler Olaf Scholz im Bericht aus Berlin auf, Spiegel zu entlassen. "Bei uns ist die zuständige Ministerin zurückgetreten, weil sie die Verantwortung für einen mehrtägigen Urlaub übernommen hat, der zur Unzeit genommen wurde. Das waren neun Tage. Wenn neun Tage für einen Rücktritt reichen, dann sollten es vier Wochen allemal tun." Scholz könne Spiegel nicht in seinem Kabinett lassen, "wenn hier noch die Maßstäbe in der Politik gleichermaßen angewendet werden".

Zum Verhalten der CDU-Ministerinnen und -Minister in NRW sagte Merz: "Natürlich ist das auch nicht besonders instinktvoll. Aber vier Wochen Urlaub in einer solchen Katastrophe, wo Menschen sterben - das hat eine andere Dimension."

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Bericht aus Berlin

"Vor der Verantwortung geflüchtet"

CDU-Generalsekretär Mario Czaja nannte das Verhalten Spiegels der Zeitung zufolge "unwürdig". "Frau Spiegel erweist sich immer mehr als Fehlbesetzung für das Ressort, das ihr anvertraut wurde. Es scheint unerheblich, ob sie im Urlaub ist oder nicht. Aktiv wird sie nie." Auch der Generalsekretär der CSU, Stephan Mayer, forderte Spiegels Rücktritt: Sie "sollte sich ein Beispiel an Heinen-Esser nehmen und ihr Amt zur Verfügung stellen."

Auch die rheinland-pfälzische Oppositionsparteien forderten erneut den Rücktritt der Grünen-Politikerin. Sie sei als Ministerin untragbar, sagte der CDU-Landesvorsitzende Christian Baldauf. "Eine Landesministerin, die während dieser schweren Katastrophe vier Wochen Urlaub macht, setzt die falschen Prioritäten." Der Parlamentarische Geschäftsführer und Obmann der Freien Wähler im Landtags-Untersuchungsausschuss Flutkatastrophe, Stephan Wefelscheid, sagte: "Frau Spiegel ist vor der Verantwortung geflüchtet. Wann zeigt sie endlich Charakterstärke, zieht die Konsequenzen und tritt zurück?"

Spiegel bereits wegen SMS unter Druck

Spiegel hatte im März im Untersuchungsausschuss des Landtags Rheinland-Pfalz zur Flutkatastrophe aussagen müssen. Ihr war wegen eines SMS-Wechsels mit Mitarbeitern vorgeworfen worden, in der Flutnacht im Juli 2021 vor allem auf ihr politisches Image bedacht gewesen zu sein. Das wies sie zurück: Die Hilfe für die Betroffenen sei für sie von höchster Bedeutung gewesen. Die Staatsanwaltschaft hatte rund sieben Monate ermittelt, letztlich aber keine strafrechtlichen Versäumnisse der Landesregierung gesehen.

Anne Spiegel

Hilfe für die Betroffenen sei für sie von höchster Bedeutung gewesen, sagte Spiegel im U-Ausschuss. swr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 10. April 2022 um 16:00 Uhr.